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Reisen

Schwule Boote in Amsterdam

Petrus ist wohl nicht schwul. Und sollte er doch schwul sein und die ganze Sache mit Sonne und Regen vergangene Woche aus anderen Gründen nicht auf die Reihe bekommen haben, so hatte er einiges zu gucken. Wie ich.

Zu wummernden Techno-Beats schipperte die schwul-lesbische Gemeinde durch die malerischen Wasserstraßen der Amsterdamer Innenstadt und feierte die 15. Edition des „Gay Pride“, mit dem der holländische „place to be“ Jahr für Jahr das gleichgeschlechtlich liebende Volk aus aller Welt anlockt. Was andere Städte auf der Straße austragen, verfrachtet Amsterdam ins Wasser – Boot auf Gracht statt Truck auf Asphalt. Vom Ufer aus bestaunte das Fußvolk die bunt geschmückten und trotz April-Wetters im August ziemlich textillosen Kähne, auf denen eifrig präsentiert wurde, wofür der Schwule von Welt tagtäglich ins Fitness-Studio pilgert: Die Muskel-Titten zuckten und für gestählte Gay-Ärsche war keine Jeans zu eng.

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Nicht anders als auf jeder herkömmlichen CSD-Parade auch, wurde exzessiv und nackt für Gleichberechtigung „gekämpft“ - doch präsentierte sich Amsterdam weniger lederlastig als Berlin und wesentlich faltenfreier als Köln – eine jungendlich-freundliche Angelegenheit, bei der ich endlich mal in großer Anzahl die geilen Anfang-Zwanziger zu Gesicht bekam, die sonst perfekt durchtrainiert in heißen Amateur-Porno-Clips ihr Unwesen treiben. Normalerweise schwenken in diesem Alter nur schlaksige Mager-Gays mit eingefallenen Wangen die Pride-Fahne.

Auffallend selbstbewusst und voll dabei präsentierte sich die lesbische Szene. Weil die Lesben es nie so recht geschafft haben, ihre eigene Lesben-Kultur aufzubauen und sich deshalb immer an unsere Schwulen-Kultur dranhängen, vergisst man ja oft, dass „gay“ auch gleichgeschlechtliche Liebe unter Frauen miteinbezieht. Oder fällt jemanden auf Anhieb eine Ikone der lesbischen Bewegung ein? Anne Will? Zu meiner Verwunderung gab es gleich mehrere von Steuerbord bis Backbord gut gefüllte Lesben-Kähne von denen der mein liebster war, auf dem sich geschätzte 150 Frauen zwei nackte und objektiv ziemlich geile Samba-Brasilianerinnen gemietet hatten, die auf einer Empore mit Stange ihre prallen, südamerikanischen Hintern zum Beben brachten. Das nenn' ich „gay pride“!

Am Abend steppte der „bear“ im Paradiso. Ha, Wortwitz! In dem Club, der mal eine Kirche war, fanden bis in die frühen Morgenstunden viele Töpfe ihren Deckel. Eine Homo-Party im Gotteshaus – Mensch, diese Niederländer. Sowas von liberal! Zwar sind die Transen in Berlin um einiges schöner als die in Amsterdam, aber die „Canal Parade“ werd' ich mir trotzdem auch nächstes Jahr nicht entgehen lassen.

Mehr Bilder der Amsterdamer Gay Pride findet ihr hier.