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Politik

Wir haben Nico Semsrott gefragt, warum er nicht mit Sahra Wagenknecht aufstehen möchte

Der EU-Wahl-Kandidat von Die PARTEI erzählt auch, warum er den Chemnitzer Neonazis MDMA schenken würde.
Foto: Nico Semsrott

Aufstehen oder liegenbleiben? Die Frage, die dich schon ganz privat jeden Morgen existenziell verunsichert, wühlt jetzt auch die deutsche Linke durcheinander. Schuld an dem Zerwürfnis ist Sahra Wagenknecht, die am Dienstag offiziell ihre neue linke Sammelbewegung "Aufstehen" vorgestellt hat. Aber während jeder (oder jede) vierte Deutsche sich vorstellen kann, die neue Bewegung zu wählen, wäre sie eine Partei, hagelt es aus dem linken Lager auch heftige Kritik. Das Ganze, heißt es, sei nicht viel mehr als ein querfront-getriebenes Vehikel, um Sahra Wagenknecht zu mehr Macht zu verhelfen.

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Einer der Kritiker ist Nico Semsrott, Kabarettist, AfD-Schreck und "Demotivationstrainer". Semsrott hat sich schon für seinen Wahlkampf 2017 als Spitzenkandidat für die Partei DIE PARTEI demonstrativ hingelegt, und für Wagenknechts Bewegung will er jetzt erst recht nicht aufstehen, wie er vor Kurzem erst auf Twitter bekräftigt hat. Wir haben ihm dazu mal ein paar Fragen gestellt.

VICE: Nico, liegst du gerade?
Nico Semsrott: Ja, in meinem Bett. Das ist mein Hauptaufenthaltsort. Manchmal muss ich aufstehen, um zu Auftritten zu fahren. Da sitze ich dann erstmal eine Weile, dann stehe ich anderthalb Stunden, und dann leg ich mich wieder hin. Meistens steht im Backstage ein Sofa, auf dem liege ich dann auch.


Im Video: Der Hass in Chemnitz


Das ist für dich ja nicht nur eine Körper-, sondern auch eine politische Haltung. Warum willst du nicht mit Sahra Wagenknecht aufstehen?
Weil ich mich ja grundsätzlich schon jeden Morgen frage, wozu ich jetzt aufstehen soll. Die Frage ist umso dringender, wenn sie mit ihrer Aufstehen-Forderung kommt. Ich habe mir das nochmal durchgelesen und weiß da auch nicht so recht, wozu ich aufstehen soll. Ich bin immer gegen Bewegungen, wenn es darum geht, Nationalismus zu bedienen. Ich bin immer dafür, wenn es Sinn macht, konkrete Ziele für Menschen zu unterstützen – wie die Seebrücke oder #wirsindmehr in Chemnitz.

Jakob Augstein hat kürzlich gesagt, Kritiker von Aufstehen seien "entweder böswillig oder doof". Was bist du?
Ich bin gerne beides, nur um nicht auf der gleichen Seite wie Augstein zu stehen. Ich nehme den als politischen Kommentator nicht ernst.

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Was wurde in der Geschichte je durch Liegenbleiben bewirkt?
Man kann das umdrehen und fragen: Was wurde nicht alles Schlimmes durch Streber bewirkt? Wenn die Befehlshaber in einem Krieg auf beiden Seiten faul sind und sagen, "Wollt ihr den totalen Krieg? Nee? Wir auch nicht.", dann ist das doch das Friedlichste überhaupt.

Wenn wir dir in Chemnitz ein Bett vor die rechte Demo stellen, würdest du dich reinlegen?
Klar! Ich würde auch viele Leute einladen, mit mir zu kuscheln.

Auch die Rechten?
Nee, soweit geht meine Menschenliebe nicht. Ich würde denen aber MDMA kaufen – ich glaube, das ist in Chemnitz auch einigermaßen gut zu bekommen – und dann sollen die in ihre eigenen Betten gehen und miteinander kuscheln.

Du hast dich ja jetzt mit Martin Sonneborn für Die PARTEI zur Europawahl aufstellen lassen. Rechnest du dir da gute Chancen aus?
Ja, ich gehe davon aus, dass ich Kommissionspräsident werde. Das ist ja auch realistisch: Wenn "Aufstehen" seine 100.000 Newsletter-Abonnenten als Unterstützer melden kann, dann können wir jetzt vermelden, dass Die PARTEI mit über 300.000 Facebook-Fans die zweitgrößte Partei Deutschlands ist! Das wäre meine Bitte, dass ihr das publik macht.

Machen wir. Was wirst du tun, wenn du Chef der EU-Exekutive bist?
Mein Plan wäre, die Demokratie in Europa einzuführen. In drei Punkten: Ich würde Deutschland zerschlagen, in 16 Teile. Dann hätte man 42 Länder, das würde es viel spannender machen. Als nächstes kämen Austrittsverhandlungen mit den beiden Ländern Österreich-Ungarn und Polen. Und das Dritte wäre, eine echte europäische Gerichtsbarkeit einzuführen, die zum Beispiel einen europaweiten Mindestlohn durchsetzt. Da hätte man gleich viel mehr gewonnen als jetzt Sahra Wagenknecht mit ihrem Nationalismus.

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