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Quantenforschern gelingt Teleportation über hunderte Kilometer – aber was heißt das überhaupt?

Zwei Zutaten für die unknackbare Verschlüsselung von morgen: Laser und Quantensatelliten im Weltraum.
Dieses Foto zeigt die Satellitenverbindung zwischen Quantensatellit Micius und der Station Xinglong. Bild: imago

Einer Gruppe chinesischer Quantenforscher ist es zum ersten Mal gelungen, ein Photon über 1400 km zu "teleportieren". Noch besser: Das Partikel wurde von der Erde in den Weltraum geschickt. Als Empfänger diente der Quantensatellit Micius. Diese Leistung könnte für neue Entwicklungen in der Kryptographie und der Entwicklung des Quanten-Internets sehr wichtig werden.

Aber was ist da eigentlich passiert?

Auch wenn die Forscher in ihrem wissenschaftlichen Artikel selbst von "Teleportation" sprechen, ist der Begriff leicht missverständlich. Mit dem Teleporter aus Star Trek hat dieser Durchbruch der Quantenphysik leider nichts zu tun, denn es wird tatsächlich keine Masse hin und hergeschickt, sondern nur eine Information über den Zustand eines Partikels.

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Worum es eigentlich geht, ist die sogenannte "Verschränkung" (engl. Entanglement) von Photonen-Partikeln. Wenn zwei Partikel miteinander verschränkt werden, so ist ihr Zustand – bei den chinesischen Forschern ging es um die Frage: polarisiert oder nicht polarisiert? – voneinander abhängig, auch über weite Distanzen.

Sehr stark vereinfacht: Dank dieser Verschränkung und ziemlich viel komplexer Physik, lässt sich der Zustand eines Partikels auf ein anderes Partikel übertragen, oder eben: "teleportieren", ohne dass das Partikel selbst irgendwohin geschickt wird. Diese Zustände können nur von zwei Personen eingesehen werden – auf praktische Anwendungen übertragen, wäre so ein Verfahren ein Fest für jeden Liebhaber bombensicherer Verschlüsselungen. Das Magazin Science beschreibt die Quantenverschränkung in einem Erklärtext, als würden zwei Uhren ihre Uhrzeit synchronisieren.

Und warum ist das eine große Sache?

Uhrzeiten von Uhren zu übertragen klingt nun wirklich nicht nach einer gewaltigen Leistung, tatsächlich ist es aber auch hier etwas komplizierter. Denn ohne Verschränkung ist es nicht möglich zu sagen, welche der beiden Partikel welchen Zustand haben, nur dass zwei Zustände vorhanden sind. Im Falle der Uhren hieße das: Man könnte sagen, dass eine Uhr 13:37 zeigt und die andere 14:41 – aber auf welcher Uhr ist es wie spät? Die Verschränkung erlaubt es, diese Unsicherheit aufzulösen, ohne dass die Uhren irgendwohin bewegt werden. Nur, dass es eben bei den Photonen, deren Zustände übertragen werden, nicht um Uhrzeiten geht, sondern um binäre Zustände, die für Berechnungen benutzt werden können.

"Aber dieser Verschränktest ist recht anfällig für Störungen", erklärt der Physiker Dr. Michael Ruggenthaler vom Max-Planck-Institut gegenüber Motherboard. "Daher ist es technologisch nicht so einfach, die Teilchen von Störungen fernzuhalten." Deswegen wurden in bisherigen Experimenten oft optische Kabel benutzt, um Photonen über lange Strecken zu "teleportieren".

Die chinesischen Forscher benutzten dagegen Laser und den Quantensatelliten Micius, der im August 2016 in den Orbit geschickt wurde. "Wissenschaftlich" sei das also "nicht so neu", so Ruggenthaler, doch Photonen über immer weitere Distanzen zu verschränken, findet Ruggenthaler schon "technologisch beeindruckend". Spannend ist dabei vor allem der Umstand, dass diese Übertragung nicht nur verschlüsselt stattfindet, sondern nach heutigem Forschungsstand quasi unhackbar ist.

Die chinesischen Forscher schreiben, dass der "erste Erde-zu-Satellit-Uplink für die Quantenteleportation über ultralange Distanzen" einen "essentiellen Schritt zu globalem Quanten-Internet" darstellt. Für die Zukunft des Internets könnte das lebenswichtig sein, denn wie Motherboards Daniel Oberhaus vor einiger Zeit schrieb, könnten immer fortschrittlichere Quanten-Computer schon bald alle bisherigen Verschlüsselungsmethoden obsolet machen.