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Der ‚Pizza Rave‘ ist genauso geil, wie es sich anhört

In Philadelphia steht Samstagnacht für Pizza und Dosenbier.

Foto: © Lucas Alarado / Far Fetched

Stell dir vor, du betrittst deine Stammpizzeria auf der Suche nach einer krossgebackenen Köstlichkeit und findest dich plötzlich inmitten aufgebrachter Twentiesomethings wieder, die zwischen zwei Boxentürmen zu Disclosure abgehen. Wie genau dieses Szenario einigen verwirrten Einwohnern von Nordphiladelphia widerfährt, konnte Marissa Oswald Anfang April im Allessandro's auf der Broad Street beobachten—es war zum Totlachen.

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Die Szenerie war genau wie die Party zu deinem zehnten Geburtstag, wenn man mal von den Ravern im Hipsterlook absieht, die eine Bierdose nach der anderen in Rekordzeit leerten. Wenn du also schon immer den Duft frischer Pizza in der Nase haben wolltest, während du zu Kaytranada durch die Gegend hüpfst und von einer gigantischen Projektion von In einem Land vor unserer Zeit angestrahlt wirst, solltest du deinen Hintern schleunigst nach Philly bewegen.

Hinter Pizza Party steckt DJ SYLO alias Brady Ettinger, einer jener Philadelphianer, die sowohl in HipHop- als auch in Elektrokreisen unterwegs sind. Seitdem er sich zuerst mit seinen beliebten Kellerpartys an der Temple University einen Namen machte, hat er den universitären Dunstkreis durchbrochen, um auch wirklich alle liebenswerten Menschen mit guten Partys zu versorgen. Wenn du ihn danach fragst, wer er ist und was er macht, wird er dich zuerst berichtigen, in dem er „wir" sagt, statt „ich"—und du wirst ihn auch niemals groß über Geld sprechen hören. „Wir haben die Feier für die Crew geschmissen," sagt mir Ettinger. „Mit der letzten Pizza Party habe ich genau einen Dollar verdient."

THUMP Pizza Rave Foto Lucas Alarado Far Fetched

DJ Sylo (Bild mitte) in seinem Element | Foto: © Lucas Alarado / Far Fetched

Die Pizza Party ist auch nur ein Nebenprojekt: Ettinger hat die Party seit Mai letzten Jahres ganz im Stillen an verschieden Orten in Nordphiladelphia stattfinden lassen. Für die erste Ausgabe ging SYLO einfach rüber zum Haus eines Freundes, baute dort eine clubgerechte Anlage und ein Lichtsystem auf, hüllte eine Wand in Papier, damit die Gäste darauf rumkritzeln konnten, ließ den Disneyklassiker Fantasia über einen Beamer projizieren, bestellte eine riesige Menge Pizza und kündigte die Party dann in letzter Minute an. Frei nach dem Motto: Wenn es Pizza gibt, werden sie schon kommen.

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Befeuert von einer SMS-Lawine war die Party bald in aller Munde—genau wie ein leckeres Stück Margherita—und in kürzester Zeit war die Veranstaltung ihren bescheidenen Anfängen entwachsen. Ettinger und seine Crew entschieden also, eine neue Location zu suchen, an der es nie zu einem Pizzaengpass kommen sollte: eine richtige Pizzeria. Die Idee kam ihm, als er eines Nachmittages auf seinem Skateboard die Broad Street runterrollte und über mögliche Venues nachdachte, ihn das Schicksal dann in Allesandro's Pizzagrill einkehren lies. Die Betreiber willigten noch an Ort und Stelle ein, die Party dort zu veranstalten. Und obwohl er sie gewarnt hatte, dass es ein bisschen aus den Fugen geraten könnte, „hatten sie überhaupt keine Idee, was da auf sie zukam" muss SYLO einwenden.

Pizza Party TONIGHT. Me + @therealjansen @ the pizza parlor. $1 PBR Pounders. Free pizza early. Hit me for details. pic.twitter.com/acjim56x9d

— DJ SYLO (@DeeJaySYLO)

April 5, 2014

Der neue Ort ermöglichte es ihnen, doppelt so viele Pizza Partygänger reinzulassen—und trotzdem hatte Ettinger die Veranstaltung nicht öffentlich angekündigt. „Die Hälfte der Leute war noch nicht mal persönlich eingeladen worden." Im Alessandro's fand sich dann ein Publikumsmix aus Studenten, Künstlern, DJs, Jungunternehmern, Rappern und Models ein. So in etwa stelle ich mir auch eine coole Rollerdisco in den 70ern vor. Nach ein paar Drinks zu viel konntest du immer aus dem schlecht beleuchteten Hinterzimmer abhauen, dich in das Lokal setzen und ein Stück Pizza essen, eine Limo trinken oder dich schnell darüber austauschen, wer die coolsten Moves auf dem Floor zu bieten hat.

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THUMP Pizza Rave Foto Lucas Alarado Far Fetched

„Hannah Montana! Hannah Montana!" | Foto: © Lucas Alarado / Far Fetched

„Es gibt hier nichts Vergleichbares zu dem, was SYLO und seine Freunde machen," erzählt mir Joe Pitts von der Philly-Streetwear-Marke Cult Classic, während er seine letzten Bissen Pizza mit einem Bier runterspült. Zusammen mit MC Matt Ford als Host und dem House-DJ Jansen an den Decks wurde Pizza Party zu dem Ort, an dem SYLO sich in seiner Sammlung ausgefallener Tracks verlieren kann—die sonst wahrscheinlich nicht so gut an einer Freitagnacht in einem Club ankommen würden. Er lässt die ganze 08/15 House-, Funk- und Clubmusik hinter sich und haut am liebsten etwas Chicago Juke, eine Prise karibischer Zouk-Rhythmen und ein paar Klassiker wie „Shorty Swing My Way" von K.P. & Envyi oder „Suga Suga" von Baby Bash raus. Die Leute in Philadelphia lieben den Kram einfach.

Während die Party voranschreitet und sich die Crowd nach und nach im Alessandro's einfindet, sind die unvorbereiteten Inhaber bei der Getränkeausgabe sichtlich überfordert. Nichtsdestotrotz können auch sie nicht aufhören zu grinsen. „Dieses Mal hat jeder Geld gemacht. Alle waren zufrieden," sagt Ettinger, während ihm noch der Erfolg der Party ins Gesicht geschrieben steht.

THUMP Pizza Rave Foto Lucas Alarado Far Fetched

Foto: © Lucas Alarado / Far Fetched

Am Ende der Nacht erzählte mir der Bartender: „Das hat sich echt gut angefühlt. Ich habe in den letzten fünf Jahren nicht so viel hinter der Theke zu tun gehabt." Danach lud er uns ein, wiederzukommen—allerdings unter einer Bedingung: Sie brauchen doppelt so viel Personal für den Getränkeverkauf. „Ich bin wirklich offen für alles," sagt mir SYLO. „Ich bin total aufgeregt, dass Pizza Party immer weiter wächst. Das wird ein guter Sommer." Was gibt es letztendlich auch für einen besseren Ort, um eine Party zu veranstalten, als die Pizzeria, in der du eh betrunken auf dem Heimweg aufschlagen wirst?

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