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Hundertausende Fans sehen Beerdigung von YouTube-Star live auf Periscope

Nachdem ihr 13-jähriger Sohn unerwartet verstorben war, entschied sich die YouTube-Familie Bratayley, die Trauerfeier öffentlich zu übertragen.
Mit diesem Facebook-Post hatten die Bratayleys den Livestream von Calebs Trauerfeier angekündigt. Foto: Facebook Bratayleys

Caleb Bratayley wuchs auf YouTube auf. Als Mitglied der bekanntesten YouTube-Familie der USA, den Bratayleys—deren bürgerlicher Name ein anderer ist—war er in den vergangenen fünf Jahren regelmäßig auf allen bekannten Social-Media-Kanälen zu sehen: Facebook, Twitter, YouTube, Instagram.

Vorgestern wurde Caleb beerdigt. Er war am 1. Oktober im Alter von 13 Jahren aufgrund eines nicht näher bekannten gesundheitlichen Zwischenfalls verstorben. An der Trauerfeier nahmen über 100.000 Fans der Bratayleys teil, denn die Zeremonie wurde fast vollständig live auf Periscope übertragen. Einzig zum Abschluss der Trauerfeier ging die Kamera aus, damit sich Calebs Familie in Ruhe verabschieden konnte.

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Wie schon zu Lebzeiten blieb Caleb also auch nach seinem Tod eine öffentliche Figur—genauso wie seine beiden jüngeren Schwestern. Die Bratayleys posten fast täglich neue Videos aus ihrem Familienalltag. Sie sind echte Kinder der Generation Z, denen die Smartphones buchstäblich in die Wiege gelegt werden.

Für Calebs Fans war die Übertragung der Trauerfeier ein wichtiger Teil der Trauerbewältigung

Dass die permanente digitale Vernetzung und selbstverständliche Vertrautheit mit Technologie unter der ersten Generation von Kindern der ersten Digital Natives, die noch ein Leben ohne Smartphone kannten, längst Realität ist, zeigt die Art und Weise, wie Fans der Bratayleys auf Calebs Tod reagierten. Im Sekundentakt kamen Beileidsbekundungen auf Periscope, Instagram wurde von #RipCaleb-Bildern überschwemmt und einige Fans filmten sich sogar dabei, wie sie online den Gerüchten von Calebs Tod auf den Grund gingen:

Auch Calebs Eltern, die den Wohnort der Familie stets verheimlicht haben, ließen nach Calebs Tod keine 48 Stunden vergehen, bis sie eine Art Abschiedsvideo posteten. Zu sehen ist der 13-Jährige, wie er einen Tag vor seinem Tod in gewohnt guter Laune Fragen an sein zukünftiges Ich stellt. Das YouTube-Video wird mit folgenden Worten eingeleitet:

„Es erfüllt uns mit tiefster Trauer, zu verkünden, dass unsere Mitteilung auf Instagram tatsächlich wahr ist. Wir möchten der Internetcommunity eine Chance geben, den Trauerprozess zu beginnen und gleichzeitig dieses Video eines gesunden und glücklichen Caleb zeigen, der das macht, was er am liebsten tut."

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Dieses letzte Video von Caleb wurde zwei Tage nach seinem Tod als eine Art Abschiedsclip gepostet.

Die Social-Media-Präsenz gehörte nicht nur für Caleb, sondern auch für seine 1,3 Millionen Instagram-Fans und die 1,7 Millionen YouTube-Abonnenten der Bratayleys längst zum Alltag. Ein Alltag als Netzberühmtheit, der die Grenzen von Privatsphäre und Öffentlichkeit so verschiebt, dass auch das Livestreaming des tragischen Todes nur konsequent erscheint.

Die Übertragung der Beerdigung auf Periscope und Facebook war aus zwei Gründen die richtige Entscheidung: Zum einen endete der Lebenszyklus des Social-Media-Phänomens Caleb an dem Ort, an dem er begonnen hatte, nämlich in den sozialen Medien. Nicht zufällig beschrieb Calebs Mutter ihren Sohn im Instagram-Post, der den Tod ihres Sohnes verkündet hatte, in folgender Reihenfolge: „His incredibly funny, loving and wonderful spirit made us all fall in love with him as a YouTuber, friend, brother and son". Wenn wir online über Caleb reden, ist er eben in erster Linie ein YouTuber.

Und das führt uns zum zweiten Grund, warum die Periscope-Übertragung der Trauerfeier wichtig war. Für Calebs Fans hat sie als Ritual der Trauerbewältigung eine große Bedeutung. Für einige seiner jüngeren Follower war der Tod ihres Idols nicht nur ein Schock, sondern möglicherweise ihre erste Berührung mit dem Tod eines geliebten Menschen.

Das gemeinsame Abschiednehmen von einer geliebten Person zählt zum festen kulturellen Bestandteil nahezu aller Gesellschaften. Da bildet eine Instagram-, Facebook- oder YouTube-Community keine Ausnahme. Dass sich hinter YouTuber Caleb noch ein Sohn, Bruder und analoger Mensch verbirgt ist klar. Deswegen ging die Kamera ja auch gegen Ende der Trauerfeier aus.