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Das Goldzahnphänomen

Es gibt Menschen, die trauen den Banken nicht und bewahren ihr Gold lieber an einem sicheren Ort auf, nämlich im eigenen Körper

Es gibt Menschen, die trauen den Banken nicht und bewahren ihr Gold lieber an einem sicheren Ort auf, nämlich im eigenen Körper. Ich meine natürlich Goldzähne, die sich bekanntlich im Mund befinden. Um herauszufinden, was es mit dem Goldzahnphänomen auf sich hat, habe ich einen kleinen Ausflug in fremde Länder unternommen und habe dort einigen Menschen auf den Zahn gefühlt.

Die Russische Regierung hat ihren Bürgern eine neue Freizeit, -und Einkommensquelle nahegelegt, nämlich das Goldschürfen. Dadurch soll nicht nur ein Schritt gegen die vorherrschende Arbeitslosigkeit und Finanzkrise unternommen werden, sondern auch die ein Trend wiederbelebt werden: der Goldzahn. In der ehemaligen Sowjetunion ließen sich Kriegsveteranen, Kommunisten und Helden der Arbeit mit großer Vorliebe die Frontreihen vergolden und konnten so dem ungemütlichen sozialistischen Lebensabend ein sonniges Lächeln schenken.

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Heute ist es uns dank Globalisierung und der aktuellen russischen Gesetzeslage möglich, nicht nur alten, sondern auch jungen Menschen mit einer vergoldeten Kauleiste zu begegnen. Erst gestern traf ich einen Russen in der Straßenbahn und habe sein unwiderstehliches Lächeln für euch fotografisch festgehalten. Wo er sein Gold her hat, wollte er mir nicht verraten.

Turkmenistan gehört zwar zu den ehemaligen Satellitenstaaten der Sowjetunion, was die Goldzähne anbetrifft, herrschen dort aber ganz andere Sitten. Im Jahre 2004 hat der turkmenische Präsident Nijasov beschlossen, dass Goldzähne out sind. Und das, was der „Vater der Turkmenen“ beschließt, sollen seine Landeskinder auch einhalten. Er hasst übrigens auch lange Haare und Bärte bei jungen Männern, sowie Kino- und Ballett-Aufführungen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Es ist übrigens nicht so, dass Nijasov kein Gold mag, er möchte bloß eine sinnvolle Verwendung dafür finden. Wie zum Beispiel der Verschönerung der turkmenischen Hauptstadt Aschgabad mit vergoldeten Denkmälern für ihn selbst.

Andere Länder, gleiche Sitten. Denn auch in Mexiko lässt sich die eine oder andere Goldzahnreihe entdecken. Ob es die Reste des Aztekengoldes sind, von dem unsere spanischen Mitbürger dachten, dass es aus „Eldorado“ kommt und es deshalb fleißig nach Spanien verschifften, werden wird nie erfahren.

Sicher ist aber, dass goldene Zähnchen in Mexiko und seinen Nachbarländern wie Guatemala für besondere Attraktivität stehen. Und wer über die kindliche Frühentwicklung hier zu Lande jammert und sich über die Obszönität der Großstadt- Schulmädchen beschwert, der soll Folgendes ganz genau lesen: In Mexiko bekommen Erstklässler für gutes Benehmen und entsprechende Schulnoten goldene Zahnkronen. Wenn das kein Eldorado ist?

Die Mongolei ist eine Welt, die von Eldorado so weit entfernt ist, wie ich von der stinkenden Kaschmirziege, die auf einer mongolischen Weide Flechten frisst. Jedoch verhält es sich in der Mongolei mit den Ziegen so ähnlich wie mit den Goldzähnen: je mehr man davon hat, umso besser ist es.

Wer kennt ihn nicht? Flavor Flav, den legendären amerikanischen Public Enemy Rapper. Anfang der achtziger Jahre war er einer der ersten, der einen Satz dekorativer "gold fronts" eingesetzt bekam. Zu diesem Zweck mussten Teile seiner gesunden Zähne abgefeilt werden. Sein "semi-permanentes" Dentalschätzchen kann nur von einem Zahnarzt eingesetzt und rausgenommen werden.

Dafür hat er alle um unzählige Goldzahn-Dimensionen übertrumpft. Denn wer trägt schon auf seinem Gebiss in 22-karätigen Gold den eigenen Namen mit sich herum?