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Popkultur

Du kannst James Corden irgendwie nicht leiden? Ein Brite erklärt dir warum

Selbst wenn Carpool Karaoke ganz nett ist – wir hätten dich schon vor Jahren vor dem Comedian warnen können.
Foto: Mike Egerton | EMPICS Sport

Hollywood erlebt seit Tagen einen Schock nach dem anderen. Nach allen erschreckenden Enthüllungen um Harvey Weinstein kommt nun als Neustes die reichlich späte Erkenntnis, dass James Corden gar kein so sympathischer Kerl ist. Vergangenes Wochenende nutzte der Comedian bei einer Wohltätigkeitsgala die äußerst ernste Situation, um ein paar der schlimmsten pseudo-provokativen Scherze zu machen, seit Ricky Gervais das letzte Mal die Golden Globes moderiert hat. Hätte er mal lieber ein paar weitere Runden mit Michelle Obama um den Block gedreht.

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Sieh selbst und schau dir das Video hier unten an. OK, Witze kann man das eigentlich nicht nennen. Vielmehr steht da ein Typ auf der Bühne und wiederholt Vorwürfe sexueller Gewalt, um dann zu sagen: "Hahaha, wie ist der denn drauf?"

Corden, der anscheinend mit dem beschuldigten Filmproduzenten Harvey Weinstein befreundet ist, hat sich seitdem via Twitter entschuldigt und angegeben, er habe "den Täter" bloßstellen wollen – nicht seine Opfer. Manche sehen in der amerikanischen Schreibweise des Wortes "behavior" allerdings auch einen Hinweis darauf, dass die Entschuldigung von einer PR-Person verfasst wurde. Corden ist Brite.

Wie dem auch sei, das Kind ist in den Brunnen gefallen. Durch diese Aktion – und durch seine etwas zu freundliche Begegnung mit Sean Spicer, dem ehemaligen Pressesprecher des Weißen Hauses unter Trump: Auf der Emmy-Afterparty gab Corden ihm einen Kuss. Jetzt scheint es US-Amerikanern und dem Rest der Welt langsam zu dämmern: James Corden ist ziemlich … schlimm?

Tja, das hätten wir euch auch schon vor Jahren sagen können, hättet ihr uns bloß gefragt. Stattdessen hat ihm Hollywood seine Schwiegersöhnchen-Masche abgekauft und ihm sogar eine eigene Late-Show und Rollen in Blockbuster-Filmen gegeben. Die Grammys durfte er auch schon moderieren. Nicht, dass wir das irgendjemandem wirklich übelnehmen können. Corden ist schon gut in dem, was er tut. Er stellt sich vor die Kamera und grinst sich schüchtern ins Herz deiner Mutter – er erklärt dermaßen ausführlich, wie dankbar er doch ist, hier sein zu dürfen, wie sehr er seinen Vater liebt, wie toll Adeles Musik ist und wie sehr er sich seines Übergewichts bewusst ist, dass es einem schlichtweg den Magen umdreht. Und ehe du dich versehen hast, wird er in seiner Heimat auch schon mit einem Ritterorden ausgezeichnet.

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Aber auch wenn er seine Witze vorträgt wie ein Schuljunge, der vor der Klasse die Erlöse der letzten Tombola bekanntgibt, darfst du nicht vergessen, dass das alles nur gespielt ist. Es ist eine zynische Performance, die er seit etwa 2008 aufführt, nachdem Rob Brydon ihm den Rat gab, sich in der Öffentlichkeit nicht mehr wie ein blödes Arschloch aufzuführen. Seitdem ist seine Karriere von Stimmrollen in putzigen Animationsfilmen und rührenden Interviews mit Gary Barlow geprägt. Liebst du Corden nicht einfach auch? Willst du ihm nicht in die Wange kneifen und ihn knuddeln, bis er platzt? Nein. James Corden ist kein guter Junge. James Corden ist ein professioneller Wichser, der sein Geld damit verdient, liebenswert zu tun.

Du glaubst uns immer noch nicht? Wir haben Beweise ­– Videobeweise, um genau zu sein. Hier ist jeder Moment, in dem James Corden einfach nur unerträglich war.

'Horne and Corden'

Kurz nach Gavin and Stacey – der Sitcom, die Corden zu der faden und unansprechenden Figur gemacht hat, die er heute ist – galten James und sein Co-Star Mat Horne als das heißeste Gespann der britischen Comedyszene. Leider aber gab sich niemand große Mühe, ihnen echte Witze zu schreiben, worauf es zu einer andauernden Durststrecke furchtbarer Fernsehauftritte kam, die mit der unterirdischen Sketch-Show Horne and Corden schließlich ihren traurigen Höhepunkt fand. Sie war so mies, dass einer der besten Running-Gags der Serie darin bestand, dass der voluminöse Mann sein T-Shirt hochzog, um seinen – richtig geraten – voluminösen Bauch zu präsentieren. Daneben gab es dann noch diesen großartigen Sketch, in dem Superman und Spiderman … rumknutschen! Komischerweise wurde das Ganze nach nur einer Staffel abgesetzt.

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"Shout" mit Dizzee Rascal

Das hier ist der Grund, warum die Wiederauferstehung von Grime als ernstzunehmender Kulturform nicht weniger als ein Wunder war: James Corden hatte der Szene eigentlich den Todesstoß verpasst. Ja, ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass dieser Song selbst den britischen Fußball auf dem Gewissen hat. Es war der passende Soundtrack für eine Weltmeisterschaft, bei der die englische Nationalmannschaft ganze drei Tore erzielte. Noch schlimmer als der Song selbst ist vielleicht nur der Umstand, dass der durch und durch mittelschichtsgeprägte Corden sich hier als liebenswürdiger Arbeiterklassen-Held präsentiert.

Corden rappt "Gold Digger" für Chris Moyles

Corden und Moyles, das sind zwei Säulen des zeitgenössischen britischen Humors – und hier sind sie endlich vereint. 2011 gehörte noch zu dieser wundervollen Ära, in der pseudo-selbstironische Bemerkungen von de facto Prolls als Gipfel der leichten Unterhaltung galten – einer Zeit, in der "weißer Mann rappt" zum Standard-Repertoire eines britischen Comedians gehörte. Nein, wir weinen dieser Zeit keine Träne nach.

Der große Patrick-Stewart-Beef von 2010

Ich weiß, dass Patrick Stewart hier technisch gesehen das Nachsehen hat. Dass dann aber trotzdem meine ganzen Sympathien in diesem bizarren Clash an den unbeholfenen Stewart gehen, bestätigt wiederum nur, wie unausstehlich Corden eigentlich ist. Während sich Stewart hier etwas übernimmt und nicht wirklich die richtigen Pointen parat hat, um sich mit auch nur irgendjemandem anzulegen, offenbart die hämische Schadenfreude, mit der Corden in dessen Erniedrigung aufgeht, einen düsteren Abgrund seines Charakters. Außerdem: "Wenn du die Jonas Brothers magst, dann bedeck deinen Bauch", ist meiner Meinung nach ein erstklassiger Diss.

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'Lesbian Vampire Killers'

Nach Horne and Cordon kam Lesbian Vampire Killers – ein ernsthaft humorloser Film, den selbst die britische Boulevardzeitung Daily Express als "schlecht geschrieben" bezeichnete.

Die frechen Keira-Knightley-Gags

Hier ist unser fröhlicher Spitzbube, wie er 2008 eine Reihe zunehmend detaillierter Anspielungen über "brutalen" Sex mit Keira Knightley macht, um ein paar Lacher abzugreifen. Zum Glück hat sich seitdem einiges geändert.

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Das Großartige an James Corden ist, wie breit sich seine Jedermann-Routine einsetzen lässt. Vor einem Jahr hieß es noch "We Buy Any Car", jetzt ist es der Versicherer Confused.com, der sein zartes Gemüt für die total witzige und bestimmt bald viral gehende #SheepWhisperer-Kampagne verpflichtet hat. Mal schauen, was als Nächstes kommt. Wir sind gespannt!

One Chance – Einmal im Leben

Ja, James Corden hat in einem Paul-Potts-Biopic mitgespielt. Der Film über den Arien-Underdog, der 2007 Britain's Got Talent gewann, stellt vielleicht die perfekte Synthese von Cordens zynischem Spiel auf der Klaviatur britischer Sentimentalitäten dar. Die Biografie des liebenswürdigen Außenseiters, der allen Widrigkeiten zum Trotz seinen verdienten Ruhm erlangt, ist genau der Mythos, den Corden der Welt über sich erzählt hat – wieder und immer wieder. Und wer hat den Streifen produziert? Natürlich Harvey Weinstein.

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