FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

17-Jähriger entwickelt biometrisch gesicherte Smart Gun

Ein Schüler aus Colorado hat eine Waffe entwickelt, die nur durch einen Fingerabdruck-Scan entsichert werden kann.
Die von Kai Kloepfer entwickelte Smart Gun. Alle Bilder: Mit freundlicher Genehmigung Aegentech

Die Vereinigten Staaten sind ein hartes Pflaster. Auf 100 Menschen kommen 88 Schusswaffen. Damit weisen die USA die höchste Quote an Waffenbesitz pro Einwohner weltweit auf—noch vor Jemen oder der Schweiz, wo immerhin der Großteil aller Armeewaffen zu Hause bei Reservisten aufbewahrt wird.

Der 17-jährige Kai Kloepfer hat nun eine Smart Gun entwickelt, die zumindest die Nutzung der Waffen sicherer machen könnte. Die Waffe wird nur entsichert und freigeben, wenn sich vorher registrierte Nutzer über einen Fingerabdruck identifiziert haben. Sollte sich die Technik entgegen bisheriger Bedenken beispielsweise von Seiten der US-Waffenlobby durchsetzen, könnte der Schüler aus Boulder, Colorado, der selbst noch zu jung ist, um eine Waffe zu besitzen, einen entscheidenden Schritt in der Reglementierung bei den Schusswaffen der Zukunft gemacht haben.

Anzeige

Haben zum Beispiel Eltern eine Waffe zu Hause, können sie diese unbesorgt dort liegen lassen, wo sie ihrer Meinung nach hingehört: Auf dem Küchentisch zum Beispiel. Denn der biometrische Sensor gleicht den Fingerabdruck vom dem, der sie aufhebt, mit einer Datenbank registrierter Benutzer ab und lässt sich nur abfeuern, wenn der Abgleich positiv ist. Nicht berechtigte Personen dagegen können mit der Waffe nicht schießen, der Abzug ist blockiert.

Kai Kloepfer beim Basteln. Alle Bilder: Mit freundlicher Genehmigung Aegentech

So könnte diese Technik dazu beitragen, dass Waffen nicht in unbefugte Hände geraten oder von Kindern benutzt werden. Der Fingerabdruck-Sensor funktioniert mit 99,99%iger Sicherheit und ist mit einer Datenbank verbunden, in der bis zu 999 Personen zur Benutzung registriert werden können. Damit könnten die Waffen auch von mehreren Personen genutzt werden, wie zum Beispiel in der Waffenkammer eines Armeebataillons. Sollten diese Waffen gestohlen werden, wären sie für fremde Hände unbrauchbar (zumindest bis zum ersten Hack, der die Grenzen biometrischer Sicherheit aufzeigen würde).

Mit einem minimalem Materialbudget von rund 2400 Euro gestaltete und baute Kloepfer einen Prototypen, den er im nationalen Wettbewerb für Nachwuchswissenschaftler vorstellte und damit die Jury auf ganzer Linie überzeugte:

„Seit ich denken kann, interessiere ich mich für Technik. Nach dem Amoklauf im Aurora-Kino habe ich darüber nachgedacht, wie Technologie Unfälle und Tragödien verhindern könnte."

Anzeige

Zuspruch erhielt Kloepfer auch von denen, die Waffen beruflich benutzen: 17% der getöteten US-Polizisten wurden 2012 entwaffnet und mit ihrer Dienstwaffe erschossen.

Der Fingerabdruck wird beim Halten der Waffe ausgelesen.

Nicht nur der Besitz der Waffen ist ein Problem, sondern auch ihr übereifriger oder unkontrollierter Einsatz. Durch Schusswaffen starben 2009 beispielsweise mehr als doppelt soviele Vorschüler als Polizisten im Dienst. Tod durch Schusswaffen ist einer der drei häufigsten Todesursachen unter US-Jugendlichen.

Und während andere geniale Erfinder in Kloepfers Alter Plastikmüll aus Meeren filtern oder stromerzeugende Geräte zur Wasserreinigung entwickeln, nimmt sich der junge Erfinder eben dem Problem der mangelnden Sicherheit dank laxer US-Waffengesetze an.

Kloepfer hat nun ein Stipendium über knapp 40.000 Euro von der Smart Tech Challenges Foundation gewonnen, die die Ideen zur Weiterentwicklung der Smart Guns fördert. Die Entwicklungen intelligenter und biometrisch gesicherter Waffen stoßen jedoch in den USA nicht nur auf Gegenliebe. Im Gegenteil ist er der erste Gewinner, der sich überhaupt traut, seine Innovation öffentlich zu bewerben.

Andere Gewinner der Ausschreibung hatten so große Angst vor der Waffenlobby, dass sie die Veranstalter zunächst gebeten haben, ihre Namen geheim zu halten—schließlich will bei einem politisch derart aufgeladenen Thema niemand Ärger bekommen, geht es doch für viele Amerikaner beim Waffenrecht um nichts anderes als die Verteidigung ihres Freiheitsrechts auf Rumballern.

Bisher ist keine biometrisch gesicherte Smart Gun verkauft worden—wegen der US-Waffenlobby.

Wie dieser Ärger aussehen kann, davon durfte sich zuvor auch schon Andy Raymond vom Engage Armamant-Waffenladen in Maryland überzeugen. Denn Smart Guns existieren, verbaut in andere Systemen, schon länger in den USA, aber sie wurden aufgrund des massiven Drucks von Waffenlobbyverbänden wie der NRA bisher nicht verkauft. Keine einzige biometrisch gesicherte Waffe ist bisher über den Ladentisch gegangen.

Raymond hatte die smarten Waffen in seinem Laden anbieten wollen und daraufhin tagelang massive Todesdrohungen erhalten. Bis er schließlich resigniert aufgab und sich, leicht angetrunken und mit Kippe in der Hand, per Video für seine Idee entschuldigte.

Der Kriminologe Christian Pfeiffer attestierte den USA kurz und knapp ein „gesellschaftliches Problem, das nur am Rande etwas mit dem Waffenrecht zu tun hat." Waffenhändler Raymond jedenfalls verstehe die Welt nicht mehr angesichts des Ärgers um die Smart Guns: „Wie kann die NRA sich dafür einsetzen, eine Waffe zu verbieten? Wir sollten doch sagen, jede Waffe ist gut… in den richtigen Händen."