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gegen den trend

Alle kaufen, nur Arsenal nicht

Arsenal London hatte diesen Sommer 200 Millionen Euro zur Verfügung. Doch Coach Arsène Wenger hat nur Torwart Petr Cech verpflichtet. Die Fans sind sauer. Was hat es mit dieser mysteriösen Transfer-Lethargie von Wenger auf sich?
Foto: Imago

Arsène Wenger ist nicht nur ein Trainerfuchs, sondern auch diplomierter Wirtschaftswissenschaftler. Die vielen prominenten Namen zeigen wie clever der französische Trainer schon seit 1996 Arsenals Geschicke auf dem Transfermarkt lenkt. Er holte alleine Robin van Persie, Cesc Fabregas und Nicolas Anelka für die lächerliche Summe von zusammen 8,46 Millionen Euro und verkaufte sie nach erfolgreichen Jahren für Arsenal für insgesamt 99 Millionen. Die drei spielten nie wieder so gut wie unter ihm bei den Gunners.

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Es werden aber auch andere Namen mit Wenger in Verbindung gebracht: Gonzalo Higuaín, Edison Cavani, Lars Bender oder Karim Benzema. Sie alle eint das vergebliche Werben um ihre Dienste seitens Arsenal Londons. Während in der abgelaufenen Transferperiode die englischen Klubs mit ihren TV-Millionen nur so um sich schmissen, konnte Arsenal weder einen ihrer Wunschstürmer, noch einen Mann fürs defensive Mittelfeld verpflichten. Wenger kaufte nur einen Spieler: Torwart Petr Cech kam für 14 Millionen Euro vom FC Chelsea. Damit ist Arsenal das einzige Team der Top 5-Ligen Europas, das keinen einzigen Feldspieler verpflichtete.

The transfer window has now closed… pic.twitter.com/Hs4WQCvFV9
— ArsenalFanTV (@arsenalfantv) 1. September 2015

Die Arsenal-Fans sind über die fehlenden neuen Stars ziemlich sauer. Vor allem im Sturm drückt es. Die Gunners gehen lediglich mit zwei Mittelstürmern in die Saison—Danny Wellbeck, einer von ihnen, fällt bis mindestens Montasende verletzt aus. Im defensiven Mittelfeld gehören Flimini und Arteta nicht zur internationalen Spitzenklasse und sind beide schon über 30. Francis Coquelin spielt solide, aber ist international noch zu unerfahren.

When Arsenal fans ask Wenger if he's buying a striker: https://t.co/NpDMb3lUlP
— Footy Accumulators (@FootyAccums) 1. September 2015

Dabei sind die Fans der Gunners sind erfolgshungeriger denn je. Nach den FA-Cup-Siegen in den letzten zwei Spielzeiten soll endlich will man wieder zu den Top-Klubs Europas aufschließen und nach 2004 endlich wieder die englische Meisterschaft gewinnen. Schon im Jahr 2011 rumorte es zwischen Wenger und den Arsenals-Fans, als Fabregas damals zum FC Barcelona wechselte und Wenger den Fans keinen Topstar präsentieren konnte. "Spend some fucking money!", gib zum Teufel ein bisschen Geld aus, skandierten die Arsenal-Fans lautstark und hielten Plakate im Stadion hoch. Doch Wenger hielt an seinen fundamentalistischen Jugendstil fest.

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Seit Jahren wird die immer noch im Umbruch stehende Arsenal-Mannschaft nur punktuell verstärkt. Die ganz großen Summen werden lediglich für ausgewählte Stars wie Mesut Özil, der 2013 für 50 Millionen Euro kam, oder Alexis Sanchez, der im letzten Jahr für 42,5 Millionen Euro wechselte, ausgegeben. Dabei sitzt Wenger nicht erst seit dem Millionen-TV-Deal der Premier League auf einem beachtlichen Berg voll Geld. Arsenal hat weltweit immer noch das Standing eines Top-Klubs und Trikots wie Tickets verkaufen sich trotz überhöhter Preise wie von selbst. Immer wieder wird berichtet, dass Wenger mittlerweile weit über 200 Millionen Euro für Transfers zur Verfügung haben könnte.

COME ON WENGER !! @Arsenal pic.twitter.com/XbiPRV1uhE
— Rosano Azis (@RosanoRocha) 1. September 2015

Aber warum holte Wenger keine neuen Spieler? Will er, wie die Fans es ihm vorwerfen, gar keine neuen Spieler holen? Das Internet quillt vor Verzweiflung der Arsenal-Fans und vor Hohn und Spott der anderen Anhänger über Wengers Transferverhalten über. Arsenals ehemaliger Superstar und Fanliebling Thierry Henry nimmt Wenger bei Sky Sport News mit einer einfachen Erklärung in Schutz: „Ich glaube nicht, dass er einen Transfer nicht wollte, aber es ist am Ende einfach nicht passiert", sagte der 38-Jährige. „Es wäre eine andere Geschichte, wenn er nicht will, aber er sagte, wenn sie Transfers machen können, dann wird Arsenal versuchen, jemanden zu kaufen."

Wenger hat genug Geld und könnte wohlmöglich jeden Spieler auf dem Markt kaufen—abgesehen von einer Hand voll Spieler, die wie Messi oder Ronaldo unverkäuflich sind. Spieler wie Benzema oder Cavani sind nur deswegen schwer zu bekommen, weil die abgebende Mannschaft auf dem Markt keinen gleichwertigen Ersatz findet und sich gegen einen Wechsel sträubt. Gehälter und Ablösen wie im Fall De Bruyne könnte auch Wenger hinblättern, jedoch tut er es nicht, weil er er scheinbar keinen Superstar gefunden hat, der seines Erachtens zu seiner Mannschaft passt.

Das Mysterium: Kurz vor Ende der Transferphase gab Wenger sich noch zuversichtlich einen Stürmer zu finden. „Wir sind da draußen und arbeiten daran, ich bin optimistisch", erklärte der Franzose. „Diese Sache ist nur sehr schwer vorherzusagen." Doch er wusste, dass bis zur letzten Minute alles gehen kann: „Ich bin immer zuversichtlich, dass eine Last-Minute-Situation oder Lösung zur Verfügung steht, da sich auf dem Transfermarkt vor allem in den letzten vier bis fünf Tage viel bewegt." Doch Arsenal holte keinen Spieler. Eine Antwort auf die Frage gibt es nicht, sie kann nur Wenger selbst erklären.

Wenger wird Arsenal wahrscheinlich auch wegen seiner zaghaften Herangehensweise auf dem Transfermarkt nicht sofort an die Spitzenteams Europas heranführen können—doch noch hat er das Vertrauen der (meisten) Fans und seines Vereins im Rücken. Deshalb kann er es sich leisten in Ruhe eine neue Mannschaft aufzubauen ohne sie mit finanzieller Gewalt und kurzfristigen Millionen-Transfers wieder nach oben zu pumpen. Sollte es schief gehen, muss er schon im Winter handeln und den Geldkoffer aufmachen. Ansonsten wird auch so die Zeit kommen, wo Wenger auch bereit ist 100 Millionen für einen Spieler zu bezahlen—es fragt sich nur wann.

Folgt Benedikt bei Twitter: @BeneNie