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Athen geht den Bach runter

In Athen fliegen noch immer Steine und nun brennen auch die kulturellen Sehenswürdigkeiten in der Wiege unserer Kultur.

Hey, erinnerst du dich noch daran als wir im Oktober nach Athen gingen und Unruhe stifteten? Na ja, Anfang der Woche hat das griechische Parlament—begeistert davon noch mehr Finanzhilfen in die Hände zu bekomme—dafür gestimmt, die Bedingungen für die Bevölkerung noch zu verschärfen. Nur diesmal kam eine Gruppe Hooligans vorbei, um Läden zu plündern und kulturelle Sehenswürdigkeiten zu zerstören. Mein Freund ‚Adam‘ war auch beim Protest dabei. Darum hab ich ihn angerufen, um zu hören, was passiert. VICE: Hey Adam. Wie geht’s?
Adam: Mir ging’s schon mal besser, danke. Was ist in den vergangenen Tagen in Athen passiert?
Ich wurde von einer Polizeikolonne in der Panepistimiou Straße eingekesselt, zwei Molotowcocktails explodierten rechts und links von mir, und in dem Moment fiel ich ins Blickfeld der Spezialeinheiten, sie dachten ich wäre Journalist, weil ich mir meine Kamera umhängt hatte. Es waren ungefähr 15 Mann. Einer von ihnen schlug mich zu Boden—es tat weh, da ich eine Gasmaske trug. Er trat mich und wies mich an zu verschwinden. Als ich seiner Aufforderung nach kam, fing ich mir noch ein paar Tritte von seinen Kumpanen ein.

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Autsch. Wie fing das ganze überhaupt an?
Tausende von Leuten protestierten, die Zahlen die ich gehört hatte gingen von 20.000 bis zu 200.000. Aber dann kamen die Hooligans und die gingen ganz anders vor als die normalen Demonstranten. Sie glauben keinen anderen Gesetzen zu unterliegen, als dem Gesetz der Straße. Gebäude wurden angezündet und Geschäfte geplündert. Verdammt, sie haben das Attikon Kino angezündet [eine kulturelle Sehenswürdigkeit Athens]–der Besitzer wurde dabei verletzt es zu schützen und liegt jetzt im Krankenhaus.

Die Leute auf Twitter sprachen davon, das Polizisten von auswärts angefordert wurden, um auszuhelfen.
Nein. Das ist doch bescheuert. Ich meine, es gibt doch gar keine besseren Polizisten als die Griechischen. Die haben einen Universitätsabschluss in Unruhe-Bewältigung. Kannst du dir vorstellen was ein Franzose tun würde, wenn er mit tausenden von autonomen Unruhestiftern konfrontiert wäre, die ihn mit Steinen und Molotowcocktails bewerfen? Der wäre doch augenblicklich wieder zurück in Paris. Ist das nicht was die griechische Polizei getan hat?
Ja. Das erste Mal in meinem Leben hab ich gesehen, wie die Polizei Angst hatte. Sie zogen sich zurück. Das hab ich noch nie gesehen. Sie hatten kein Gas mehr und fingen an Steine zu werfen. Es war lächerlich. Ich glaube, für ungefähr 100 Polizisten endete das ganze im Krankenhaus.

Was unterscheidet die aggressiven Hooligans von den Anarchisten?
Man darf Hooligans nicht mit Anarchisten verwechseln. Die Anarchisten kämpfen symbolisch, um ihrem Widerstand gegenüber dem Staat Ausdruck zu verleihen. Sie greifen nur Banken oder Orte wie Starbucks an. Hooligans plünderten kleine Läden. Ich wurde sogar von einem Kerl gewarnt, nicht durch eine Straße zu fahren. Er sagte mir, dass sie Motorräder anhalten, um das Benzin zu stehlen und Bomben daraus zu basteln. Irgendwann folgte ich einer Gruppe von 50 Anarchisten, alle in schwarz und bis auf die Zähne bewaffnet und als sie durch die kleineren Straßen voller Läden und Autos gingen, riefen sie: „Zerstört nichts! Nehmt nur die Steine der Straßen und Treppen als Munition.“ Genau das ist es, was ein Anarchist tut und dafür haben sie meinen Respekt. Ich könnte mich irren, aber das ist, was ich gesehen habe.

Wie ist nun die Gefühlslage in Athen?
Das Zentrum sieht wirklich aus, als wäre es bombardiert worden. Sie sagten das Jura-Gebäude würde weiter besetzt bleiben, damit sich das nicht wiederholen könne. Aber ich glaube das nicht, zumindest nicht so bald.

Und wie geht es dir?
Ich lehne Plünderungen vollkommen ab. Ich kann es kaum glauben, dass junge Leute sich entschieden haben, so gegen ihre eigenen Landsleute zu handeln, eigentlich gegen sich selbst. Auf der einen Seite müssen wir den größeren Rahmen betrachten und sehen, das Menschen sich dafür entschieden haben gegen das Gesetz zu verstoßen, weil unsere Regierung illegal ist. Zwei Jahre zuvor haben sie uns entscheiden lassen, zwischen einigen Jahren Sparpolitik oder Papandreous Plan des „fairen Steuersystems“. Die Leute wählten Papandreou, der ihnen bessere Löhne und mehr Arbeit versprach. Seitdem herrscht Chaos. In diesen zwei Jahren hat sich die Staatsverschuldung erhöht und damit auch die Steuern und die Arbeitslosenquote. Obendrauf haben wir jetzt auch noch eine Koalitionsregierung, die wir nicht gewählt haben. Wir haben echte Faschisten in der Regierung und einen Banker als Premierminister. Das wäre so, als wäre ein Drogenbaron der Chef einer Rehabilitationsklinik.