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Wir haben Gott in die Ecke gedrängt

Wissenschaftler am LHC haben heute bekanntgegeben, dass sie zu 95% sicher sind, zu wissen, wie schwer das Gottesteilchen sein muss, doch wo versteckt es sich?

Ein typisches Bild, wenn zwei Protonen mit annährend Lichtgeschwindkeit aufeinanderknallen. Aber wo ist das Higgs-Boson?

Am CERN in Genf wurde heute der Status der Forschungsergebnisse des Large Hadron Colliders veröffentlicht, und obwohl sehr viele Wissenschaftler im Vorfeld sehr aufgeregt waren, gab es nicht die erhoffte Meldung, dass das Higgs-Boson gefunden wurde. Viele verstehen diese Aufregung nicht so ganz, da sie nicht verstehen, was das Higgs-Boson überhaupt ist, für was es gut sein soll und was da heute vor sich ging. Deshalb haben wir es uns von Tom Whyntie, der als wissenschaftlicher Assistent am Teilchenbeschleuniger arbeitet, erklären lassen. VICE: Was ist passiert, seitdem ihr den Teilchenbeschleuniger zum ersten Mal angeworfen habt?
Tom Whytnie: Kurz und knapp haben wir im Oktober mit unseren Experimenten, die das ganze Jahr liefen, aufgehört. Die Maschine hat dabei herausragend gut funktioniert und wir haben dadurch eine Menge aufregende Messergebnisse sammeln können. Heute haben wir nun präsentiert, was wir mit all diesen Daten vorhaben. Das Higgs-Boson finden, den Partikel, der allen anderen Partikeln Masse verleiht. Wir haben bei unseren Messungen dieses Jahr kleinere Hinweise entdeckt, die Vermutungen zulassen, doch wir haben noch immer nicht genügend Daten, um etwas zu beweisen. Im Grunde ist das heute also ein riesiger Cliffhanger, bevor wir im kommenden Jahr endgültige Antworten liefern können. Es wurde gesagt, dass ihr nun zu 95% sicher seid, zu wissen, welche Masse das Higgs-Boson aufweist, sollte es existieren …
Der Punkt hier ist, dass wir einfach noch nicht genügend über das Higgs wissen, um zu sagen, wie es aussieht oder worauf wir überhaupt schauen müssen, um es zu entdecken, aber wir treiben es immer weiter in die Ecke. Wir haben also viele Unwahrscheinlichkeiten bezüglich der Masse, die das Higgs haben kann, ausgeschlossen und nun hat es kaum noch Chancen, sich zu verstecken. Aber es gibt noch immer die Möglichkeit, dass das alles nur Zufall war. Was wäre dann?
Ohne das Higgs-Boson müssten wir wieder von ganz vorne anfangen. Zurzeit gehen wir davon aus, dass das gesamte Universum, also wirklich alles, aus zwölf Elementarteilchen besteht und im Grunde ist das Higgs-Boson Teil eines mathematischen Tricks, den wir diesen Elementarteilchen spielen, damit sie die Masse erhalten, von der wir wissen, dass sie diese haben. Trotzdem gibt es das Higgs nur durch diesen rätselhaften mathematischen Trick und wir haben abgesehen davon keinen handfesten Beweis, dass es existiert. Wie würdet ihr dann weitermachen?
Da es zum ersten Mal in den 60ern vorgeschlagen wurde, wären also knapp 40 Jahre Forschung nicht mehr aktuell. Andererseits wissen wir dann ganz sicher, dass es das Gottesteilchen nicht gibt und wir müssen uns alternative Modelle einfallen lassen, weshalb Teilchen Masse besitzen. Aber so schlimm wäre das auch nicht, da Wissenschaft immer auf Beweisen und Daten basiert. Der LHC macht ja jetzt erstmal Winterpause, was können wir im kommenden Jahr erwarten?
Viel mehr Messergebnisse und Daten. Wir sind an einem Punkt, an dem wir wissen, dass wir im kommenden Jahr definitiv sagen werden können, ob es das Higgs-Boson gibt oder nicht. Heute war eine Art Facebook-Update für uns und unser Beziehungsstatus mit dem Gottesteilchen ist noch immer auf „Es ist kompliziert", aber wir haben genügend Gründe weiterzumachen. Da ihr überhaupt weitermachen könnt … was ist eigentlich aus dem schwarzen Loch geworden, das uns alle auslöschen sollte?
Wir wussten das bereits von Beginn an, dass das nicht passiert. Das, was wir machen, findet jeden Tag in der oberen Atmosphäre mit weitaus höheren Energien statt. Aber die Leute lieben eben diesen apokalyptischen Quatsch. Mehr über den LHC und warum wir nicht durch eine Katastrophe kosmischen Ausmaßes ausgelöscht wurden, könnte ihr hier sehen: