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Musik

So unsexy wie CSS

Cansei de Ser Sexy haben keine Lust mehr darauf sexy zu sein. Sie wollen lieber den ganzen Tag an Sex denken.

Das Wort 'sexy' ist ausgebrannt. Die Werbeindustrie hat es so lange vergewaltigt, bis nur noch eine Worthülse übrig blieb, die mittlerweile auf alles passt. Auf das Wetter. Auf einen Verkehrsunfall. Und Himmel, angeblich ist ja sogar Berlin sexy. Du siehst, das Wort ist eigentlich unbenutzbar geworden. Ein Glück haben Cansei de Ser Sexy, kurz CSS aus Brasilien keine Lust mehr, sexy zu sein und wir können im Interview mit ihnen über sehr viel wichtigere Dinge reden. Zum Beispiel wie es ist, wenn jemand anderes du bist, du aber nicht Lindsay Lohan bist und wie ein männlicher Jugendlicher den ganzen Tag nur an Sex denken kannst. Jemand hat sich bei Facebook als du, also als Luísa „Lovefoxxx“ Hanaê Matsushita ausgegeben. Was war da los?
Luísa Hanae Matsushita: Keine Ahnung, ehrlich! Diese Person hat meine Wikipedia-Biografie genommen und vorgegeben, ich zu sein. Fans posten immer Bilder, so auch mit mir. Und diese Person schrieb dann Sachen darunter wie „Oh, wir sehen großartig aus.“ Als ich in Japan war, postete die Person: „Osaka!“ Solches Zeug. Wie hast du das gemerkt?
Luísa: Ich wurde darauf angesprochen. Ich überlegte, die Seite zu melden, dachte aber zuerst noch: Ach, was soll's. Dann traf ich irgendwann einen Typen und er sprach mich an: „Oh hey. Ich erinnere mich an dich, wir haben uns letztens bei Facebook unterhalten.“ Und ich meinte: „Hä? Nein, wir sind doch gar nicht befreundet.“ Und er daraufhin: „Doch, doch, klar.“ So ging es hin und her. Deswegen hab ich bei Facebook einen Post hinterlassen und alle unsere Fans und Freunde konnten sich beschweren. Am nächsten Tag wurde die Seite gelöscht. Das Problem ist also gelöst.
Luísa: Ja. Weißt du, es ist echt nervig, dass alle Leute denken, sie wären deine Freunde. Es gibt ja bei Facebook Fanseiten—das ist auch in Ordnung. Aber vorzugeben, jemand anderes zu sein? Ist es euch als Musikern noch möglich, ein Privatleben zu haben und dieses auch privat zu halten?
Luísa: Ich glaube, es gibt gewisse Bereich in deinem Privatleben, die du trotz allem für dich behalten kannst—wir zumindest können das. Wir sind ja nicht Lindsay Lohan oder so. Wisst ihr, wer den Fake-Account angelegt hat?
Luísa: Nein, ich weiß nicht mal, ob es ein Mann oder eine Frau war. Welche Intention haben diese Menschen eurer Meinung nach?
Luiza Sá: Ha ha ha. Ihnen ist langweilig? Sie sind unglücklich?
Luísa: Ich finde, es ist ein bisschen krank, so zu tun als wäre man jemand anderes. Und dann auch noch solche Kommentare zu setzen wie „Oh, ich hatte so einen tollen Tag!“
Ana Rezende: Vielleicht war es ein Kind?
Luísa: Ja, vielleicht. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass es krank ist. Ich meine, wenn man so viel Freizeit hat, kann man ja eine Fanpage einrichten, aber nicht so tun, als wäre man selbst der andere.
Carolina Parra: Deswegen bin ich nicht bei Facebook. Ich hab Kontakt zu meinen Freunden via Telefon oder so. Hat doch früher auch geklappt.
Ana: Es ist schon zu einer richtigen Epidemie geworden—diese ständige Erreichbarkeit.
Luísa: Dass Leute heute teilweise kaum noch die Wohnung verlassen und nur vor dem Internet hocken, das ist komisch. Wir sind aber nicht so. Wir nutzen das Internet nur, weil wir viel touren. Ihr twittert auch. An die Sängerin Robyn habt ihr geschrieben: „Dein letztes Album hat uns über den Trennungsschmerz hinweg geholfen.“ Habt ihr ein Geheimrezept für das Ende einer Beziehung?
Luísa: Eine neue Beziehung! Ha ha ha.
Ana: Musik! Erst mal hörst du am besten so was wie die Nine Inch Nails, dann bist du echt depressiv. Und dann legst du Musik wie die von Robyn auf und tanzt den Schmerz weg. Cansei de Ser Sexy hat sich nach einem Beyonce-Zitat benannt: „Don't want to be sexy any more“—dafür singt ihr viel über Sex.
Carolina: Ja, das macht keinen Sinn.
Luísa: Der Name einer Band hat doch nichts damit zu tun, wie sie arbeitet. Es war einfach das Dämlichste, das wir uns vorstellen konnten. Und das wiederum ist ein guter Beweis dafür, dass wir zu Beginn nichts von uns als Band erwarteten. Der Name könnte auch „Girls In A Suitcase“ oder „Girls Gone Wild“ oder was auch immer lauten—die Lyrics wären die Gleichen. Wir haben kein Konzept. Was macht für euch Sexappeal aus?
Luiza: Selbstvertrauen.
Luísa: Klugheit.
Ana: Höflichkeit. Ihr singt nur über Sex, nicht über Liebe?
Luísa: Falls wir so was mal gesagt haben, würden wir es gerne bitte wieder zurücknehmen. Wir lassen da jetzt viel Spielraum—Meinungen ändern sich schließlich. Ich denke, unsere Songs decken das ganze Gefühlsspektrum ab. Es gibt Bands, die singen über Wissenschaft …
Ana: … Wissenschaft? Was redest du da?
Luísa: … wir aber reden über ein Lebensgefühl—und das kann alles sein.
Ana: Nicht nur Sex, nein! Einer der Songs heißt sogar „I Love You“. Es gibt keine Regeln. Und welche speziellen Lebensgefühle beschäftigen euch momentan?
Luiza: Sex! Ha ha ha. Ich bin wie ein männlicher Teenager.

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