FYI.

This story is over 5 years old.

News

Laut einer deutschen Umfrage vertreten Flüchtlinge ähnliche Positionen wie Rechtsparteien

Erschreckend viele Flüchtlinge sehnen sich auch nach einem "starken Führer".

Dieses Ergebnis dürfte niemanden so richtig glücklich machen. Eine Umfrage hat herausgefunden, dass viele Flüchtlinge ähnliche Werte vertreten wie AfD-Anhänger. Muslimische Flüchtlinge finden natürlich nicht, dass die Islamisierung des Abendlands oder die unkontrollierte Einwanderung ihrer eigenen Familie ein akutes Problem seien. Aber es gibt durchaus ein paar Punkte, in denen viele der Neuankömmlinge sich in rechtspopulistischem Gefilden wiederfinden.

Anzeige

Das jedenfalls konstatierte die Umfrage der Berliner Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW), die am Montag vorgestellt wurde. In der bekennt sich die große Mehrheit der 445 befragten Flüchtlinge klar zur Demokratie und zur Trennung von Staat und Religion, so die Studie. Allerdings gebe es "erhebliche politische Verständnisdefizite", wie diese Demokratie auszusehen habe. Das Wertebild der Flüchtlinge, erklärt Studienautor Roland Freytag, ähnele "in zentralen politischen Teilen am ehesten dem der AfD-Anhänger oder der Pegida-Bewegungen".

Damit meint er vor allem die Vorliebe für autoritäre Herrschaftsformen und die mangelnde Toleranz gegenüber alternativen Lebensformen. Zum Beispiel stimmen jeweils 64 Prozent der befragten Flüchtlinge den Aussagen "Das Wichtigste in einer Gesellschaft ist die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung, notfalls auch mit Gewalt" und "Die beste politische Staatsform ist, wenn ein starker Führer zum Wohle aller regiert" zu. "Diese Fragestellung dient in vergleichbaren Studien dazu, rechtsextremistische und populistische Einstellungen zu erfassen", erklärt der Studienleiter Freytag der Welt.

Außerdem hätten viele Flüchtlinge ziemlich konservative Ansichten, wenn es um Sex vor der Ehe, uneheliche Partnerschaften oder Homosexualität gehe. Fast die Hälfte (48 Prozent) gab an, Sex vor der Ehe sei eine Sünde, die bestraft werden müsse. Und nur 11 Prozent könnten sich mit einem schwulen Paar in der Nachbarschaft anfreunden, 43 Prozent würden das ablehnen. Aber auch unverheiratete Paare oder sogar WGs stießen auf Ablehnung bei bis zu einem Viertel der Befragten.

Auf der anderen Seite gibt es auch gute Nachrichten: Die große Mehrheit der Flüchtlinge ist bereit, sich zu integrieren und dafür auch zu arbeiten. 92 Prozent gaben an, das Deutsch lernen sei sehr wichtig für sie, 70 Prozent wollten für immer in Deutschland bleiben, der Großteil würde gerne eine Ausbildung machen.

Die Ergebnisse sind also durchaus wertvoll, weil sie aufzeigen, wo die viel beschworene Integrationsarbeit wirklich ansetzen muss. Der Vergleich mit AfD und Pegida wirkt dagegen etwas unseriös: Die HMKW hat für ihre Umfrage ja nur Flüchtlinge befragt, und Freytag nennt auch keine konkrete Studie aus der Vergangenheit, in der AfD- oder Pegida-Anhänger ähnliche Resultate auf ähnliche Fragen geliefert hätten. Er bezieht sich zum Beispiel auf die "Mitte-Studie" der Universität Leipzig vom Juni. Aus der kann man zwar durchaus herauslesen, dass viele Rechtsextreme die AfD mögen. Aber die Frage nach dem starken Führer bejahten zum Beispiel nur 18 Prozent der AfD-Wähler—also deutlich weniger als die 64 Prozent der Flüchtlinge.

Abgesehen von dem einen Punkt scheint sich niemand die Mühe gemacht zu haben, die realen Positionen von AfD-Anhängern mit den Ergebnissen aus der Flüchtlingsumfrage zu vergleichen. Es ist jedenfalls ziemlich schwer vorstellbar, dass AfD- und Pegida-Fans auch ein grundsätzliches Problem mit WGs oder unverheirateten Paaren in der Nachbarschaft hätten.

So wie es aussieht, hat der Studienautor Freytag den Vergleich also einfach gezogen, weil einige Einstellungen der Flüchtlinge dem entsprechen, was er für Einstellungen von AfDlern und Pegidisten hält—einen konkreten Beweis hat er nicht angetreten. Der Vergleich ist also eher ein Marketing-Gag. Aber auch wenn die Studie keine Erkenntnisse über AfD-Anhänger liefert—was man über Flüchtlinge erfährt, ist auf jeden Fall interessant.