"Herr Sobotka, sind Sie Feminist?"

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Nachgefragt

"Herr Sobotka, sind Sie Feminist?"

Wir haben versucht, von Wolfgang Sobotka eine Antwort auf die Frage zu bekommen, ob er Feminist ist. Das Protokoll eines frustrierenden Monats.

Es war ein langer Weg, den sich vermutlich alle Beteiligten gerne erspart hätten. Dabei hätte auch ein einfaches "Nein" zum Feminismus gereicht, für das sich etwa ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka entschieden hat.

Los ging alles zwei Tage vor dem Weltfrauentag, an dem wir einen Artikel veröffentlichen wollten, in dem österreichische Politikerinnen und Politiker erklären sollten, ob sie sich als Feministin oder Feminist bezeichnen würden.

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Die Antworten waren teilweise kreativ, aber wir haben sie wenigstens bekommen. Doch der Innenminister schien die Frage nicht beantworten zu wollen – oder drei sehr beschäftigte Tage zu haben. Nach drei Versuchen wurde der Artikel schließlich ohne ein Zitat von Wolfgang Sobotka veröffentlicht. Aber sich damit zufrieden zu geben wäre ja langweilig.

1. Mail, 6. März

Wie allen anderen angefragten Politikerinnen und Politikern schicke ich auch der Sprecherin des Innenministers eine Mail mit der Bitte um ein Statement zum Weltfrauentag.

"Wir würden gerne zum Weltfrauentag bekannte österreichische PolitikerInnen der Parteien fragen, ob sie sich als FeministInnen sehen. Wäre es möglich, dass Sie mir bis spätestens morgen ein Statement von Innenminister Sobotka dazu schicken? Es muss nicht mehr als ein Satz sein und kann auch ein einfaches 'Ja'/'Nein' sein."

Ich bekomme keine Antwort.

1. Anruf, 7. März - Vormittag

Nächster Tag. Ein Tag ist noch Zeit bis zum Weltfrauentag und bei einigen Politikern habe ich das Gefühl, sie haben die Strategie gewählt, so lange nicht zu antworten, bis der Artikel veröffentlicht wurde und sie gar nicht mehr antworten müssen. Also rufe ich bei der Pressesprecherin des Innenministers an und frage nach.

Sie selbst hebt nicht ab. Ich erkläre der Mitarbeiterin im Pressebüro, dass ich am Vortag eine Mail geschickt hätte und anrufe, um nachzufragen, ob sie eh angekommen sei und bearbeitet wird.

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- An wen haben Sie die Mail geschickt?
- An Frau Nehammer.
- Ich schicke ihr das gleich noch einmal.
- Vielen Dank. Auf Wiederhören!

Ich bekomme keinen Rückruf und keine Mail.

2. Anruf, 7. März - 17:30 Uhr

Die Mitarbeiterin vom Vormittag hebt ab. Ich erkläre ihr noch einmal, worum es geht. - Frau Nehammer kommt in 10 Minuten von einem Termin. Ich werde sie gleich wieder darauf anreden. Von wem haben Sie denn schon alles Zitate?
- Moment, ich schau schnell nach. Es sind bis jetzt: Bundeskanzler Kern, Reinhold Lopatka, Martina Schenk vom Team Stronach, Claudia Gamon, Minister Leichtfried, Eva Glawischnig, Michel Reimon, Nicolaus Scherak, …
- Und bis wann brauchen Sie was?
- Heute.
- Heute. Gerne! Ja, machen wir auf alle Fälle. Auf alle Fälle."
- Super, dankeschön!

Kein Rückruf, keine Mail.

3. Anruf, 8. März

Das Pressebüro hebt ab. Ich erkläre, dass ich es schon wieder bin und auch – genau wie beim ersten Mal – was ich will.

- Sie haben gestern Abend gesagt, Sie rufen zurück, aber da kam dann nichts mehr.
- Ah, ich habe das Frau Nehammer weitergeleitet, ich kann es nur noch einmal weiterleiten. Die ist nur heute unterwegs mit dem Herrn Bundesminister. Und die anderen beiden Sprecher sind krank.
- Der Artikel wird jetzt veröffentlicht, morgen wird es dann also zu spät sein. Ich muss das also als ein "Nicht-Antworten-Wollen" auffassen.
- Ja OK.

4. Anruf, 10. März

Ich will nicht akzeptieren, dass der Innenminister durchkommt, ohne etwas zu dem Thema gesagt zu haben. Ich rufe noch einmal an.

- Grüß Gott, ich rufe an wegen der Mail, die ich Anfang der Woche geschickt habe. Es geht um ein Zitat des Ministers zum Thema Feminismus.
- Frau Nehammer ist heute leider nicht da. Ich kann ihr eine SMS schreiben, dass sie die Mail lesen soll.
- Das wär ganz super. Danke!

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Kein Rückruf, keine Mail.

5. Anruf, 13. März

- Grüß Gott, ich rufe an wegen der Mail, die ich vergangene Woche geschickt habe. Es geht um ein Zitat des Ministers zum Thema Feminismus.
- Sie haben gesagt, Sie brauchen das Statement bis zum 7. März. Deswegen gab es dann keine Antwort mehr.
- Aber genau deswegen habe ich am 8. und 10. März noch einmal angerufen und gesagt, dass ich es doch noch brauche.
- Frau Nehammer ist gerade in einem Termin mit dem Herrn Bundesminister und ich kann sie nicht erreichen, ich schicke es ihr noch einmal weiter und erinnere Sie daran, wenn sie ins Büro kommt.
- Danke!

Kein Rückruf, keine Mail.

6. Anruf, 20. März

- Grüß Gott, ich rufe an wegen der Mail, die ich Anfang der Woche geschickt habe. Es geht um ein Zitat des Ministers zum Thema Feminismus.
- Ich habs der Frau Nehammer weitergeleitet und sie daran erinnert. Ich kann sie noch einmal darauf ansprechen. Vielleicht kann sie mir was sagen, damit ich es Ihnen dann weiterleite.

Kein Rückruf, keine Mail.

7. Anruf, 24. März

Eine andere Mitarbeiterin als sonst hebt ab.

- Grüß Gott, ich weiß nicht, ob Sie Bescheid wissen, weshalb ich anrufe. Es geht darum, dass ich österreichische Politiker frage, ob sie sich als Feministin oder Feminist sehen. Ich hab vor zwei Wochen eine Mail an Frau Nehammer diesbezüglich geschickt und bisher keine Antwort bekommen, deswegen wollte ich noch einmal nachfragen.
- Ich weiß leider nicht, ob die Frau Nehammer die Mail schon gelesen hat. Sie ist gerade in einer Besprechung. Ich werde ihr dann eine SMS schreiben, dass sie die Mail lesen soll.

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Kein Rückruf, keine Mail.

8. Anruf, 27. März

Die Mitarbeiterin vom vergangenen Freitag hebt ab. Sie habe noch nicht mit Frau Nehammer gesprochen.

- Ich hab sie heute noch nicht gesehen. Vielleicht schicken Sie die Anfrage Andreas Großschartner, unserem zweiten Pressesprecher. Der wird vielleicht leichter zu erreichen sein.
- Dankeschön.

2. Mail, 27. März

Diese Mal schreibe ich an den zweiten Pressesprecher.

Für einen Artikel habe ich Statements von österreichischen Politikerinnen und Politikern gesammelt und sie gefragt, ob sie sich als Feministin oder Feminist sehen würden. Ich habe diesbezüglich Frau Nehammer kontaktiert, aber noch keine Antwort bekommen, daher versuche ich es nun bei Ihnen.
Ich würde mich freuen, wenn Sie mir ein Statement des Innenministers schicken könnten.

Kein Anruf, keine Mail.

1. Tweet, 28. März

Die Möglichkeiten der Kontaktaufnahme sind im Jahr 2017 noch lange nicht ausgeschöpft.

Keine Antwort, keine Mail, kein Anruf.

Vor dem Innenministerium warten, 29. März

Wer am Telefon und per Mail nicht weiterkommt, muss zu anderen Methoden greifen. In der Hoffnung, dem Innenminister oder einem seiner Sprecher zu begegnen, warte ich vor dem Innenministerium. Nach einer erfolglosen Stunde gehe ich zu den Polizisten am Eingang und frage, ob ich der Pressesprecherin eine Frage stellen kann.

"Jetzt warten Sie eh schon so lang." Eh. Und? Ob der Innenminister Feminist ist, hat mir das Warten bisher auch nicht beantwortet. Sie verweisen mich auf den Portier. Ich erkläre, wer ich bin und was ich will. Er ruft die Pressesprecherin an und schaltet die Sprechanlage aus, damit ich das Telefonat nicht höre. "Die Frau Nehammer ist nicht da." Überraschung.

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Der Innenminister ist heute in Tirol und dirigiert eine Polizei-Kapelle, wie ich später rausfinde.

1. Facebook-Nachricht, 29. März

"Lieber Herr Innenminister, ich würde gerne wissen, ob Sie sich als Feminist bezeichnen würden. Ihre Pressesprecher sind seit drei Wochen nicht erreichbar. Mit freundlichen Grüßen."

Keine Antwort, keine Mail, kein Anruf.

2. und 3. Facebook-Nachricht, 5. April

"Geehrter Herr Innenminister,
würde mich über eine Antwort freuen.
Alles Liebe"

Ich schreibe noch eine Nachricht, in der ich meine Mailadresse und Handynummer angebe.

Keine Antwort, keine Mail, kein Anruf.

9. Anruf, 6. April - Vormittag

Sie wird das Anliegen an den Pressesprecher weiterleiten, erklärt die Mitarbeiterin. Ich würde einen Rückruf bekommen.

Ich bekomme keinen Rückruf.

10. Anruf, 6. April - Nachmittag

Als ich zum wahrscheinlich 30. Mal in den vergangenen Wochen auf die Seite der Presseabteilung des Innenministers gehe – ich weiß nicht weshalb, vielleicht ist es Verzweiflung – sehe ich, dass die Pressesprecherin des Ministers nicht mehr als Pressesprecherin des Ministers angeführt wird.

Tatsächlich erfahre ich kurz darauf, dass sie ihre Funktion nicht mehr ausübt. Auf Anfrage erklärt mir die ehemalige Sprecherin, dass nun ihr Kollege, der sich auch nicht bei mir meldet, zuständig sei. Mit ihm in CC erklärt sie, ich solle mich mit meinem Anliegen an ihn wenden und entschuldigt sich, dass ich so lang keine Antwort bekommen hätte.

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Ich rufe noch einmal an. Die Mitarbeiterin, die abhebt, ist neu und sagt, sie leite der Presse-Assistentin mein Anliegen weiter. Also an jene Frau, mit der ich seit vier Wochen telefoniere. Ich bin also mittlerweile noch einen Menschen weiter von einer Antwort entfernt.

Die Assistentin ruft nicht zurück.

11. und letzter Anruf, 7. April

Herr Großschartner sei heute nicht im Büro, wahrscheinlich habe er sich deshalb noch nicht bei mir gemeldet. Dass ich seit einem Monat keine Antwort bekomme, kann die Mitarbeiterin aber nicht erklären. Sie sage der Assistentin noch einmal, dass sie sich bei mir melden solle, erklärt sie.

Ich bekomme keinen Rückruf.

Hanna auf Twitter: @HHumorlos

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