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Reisen

Vollgetankt

Monstertruck-Shows sind eine Kuriosität. Die Kombination aus dem Duft von Diesel, Motorenlärm und massenhaft schreienden Kindern, wütenden Vätern und Alkoholexzessen am Nachmittag lässt den Verstand mit einer Million Drehungen pro Minute heiß laufen.

Monstertruck-Shows sind eine Kuriosität. Die Kombination aus dem Duft von Diesel, Motorenlärm und massenhaft schreienden Kindern, wütenden Vätern und Alkoholexzessen am Nachmittag lässt den Verstand mit einer Million Drehungen pro Minute heiß laufen. Letztens ist ungefähr ein Viertel der Toronto-Vice-Belegschaft ausgerückt, um ein Event dieser Größenordnung in einem riesigen Gebäude mit nichts als Dreck und gigantischen Fahrzeugen mal aus nächster Nähe zu bestaunen. Zusätzlich zu den Trucks hatte man den größten Dinosaurier der Welt, Robosaurus, für einen Auftritt engagiert. Als wir unsere Presseausweise bekamen, wurde uns gesagt, es würden keine Interviews gegeben und wir dürften auch nicht in den Backstagebereich zu den Fahrern oder ihren Karren. Angetrieben durch ein gewisses Maß an Anspruchsberechtigung und einigem Bier gingen wir trotzdem rein um mit den Fahrern ein bisschen rumzuhängen. Eine Zutrittserlaubnis zu bekommen war dank der menopausalen Hennen, die mit Presseausweise nicht wirklich großzügig um sich werfen wollten, nicht besonders einfach. Erst wurde uns erzählt wir würden Presse-Westen bekommen und wir waren kurzfristig hingerissen von der Vorstellung, wir dürften fluoreszierende Jacken tragen und jeder würde sehen, dass wir mit den Fahrern unterwegs sind. Stattdessen bekamen wir beschissene Armbänder und eine unspektakuläre Aufzugfahrt nach unten , hinein in die Rogers Dome Centre Arena. Aus irgendeinem Grund sah das Feld auf dem LED-Bildschirm im Aufzug wie ein riesiges „OOM“ aus – deshalb machte Patrick, einer unserer Marketing-Typen, einen Witz über den „Elevator of DOOM“ und die alten Damen neben uns gerieten sichtlich in Panik.

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"El Toro Loco"

Als wir am Feld angekommen waren, mussten wir rumlaufen und all die bärigen Typen suchen, die diese Mega-Maschinen zu Schrott fahren sollten. Ein Typ fuhr einen Truck namens „Rap Attack“. Wir waren gespannt, was wohl sein persönliches lieblings Rap-Album sein könnte aber er sagte, er würde überhaupt kein Rap hören sondern „nur Country“. Nach diesem erstaunlichen Interview gab es nicht mehr viel zu tun als zur benachbarten Brauerei zu gehen und weiter zu trinken. Wir wollten noch auf Tour gehen aber stattdessen saßen wir bloß in der Lobby und tranken drei Stunden lang. Patrick zerstörte zwei Gläser und Katie, unsere Office-Managerin, wurde von einem wütenden, rotgesichtigen Kleinstadt-Säufer abgeschleppt, der extra für die Monstertruck-Show hergekommen war. Jetzt sind sie verliebt.

Der Rap-Attack-Fahrer macht sich nichts aus Rap.

Wir kämpften uns durch einen Schneesturm auf der Suche nach Alkohol.

Als wir die Brauerei verließen, war es dunkel. Es hatte geschneit und wir stolperten schneeblind aus der Tür. „Wir brauchen was, das uns den Rest gibt!“, schrie Patrick. OK. Fünf Shots Whisky später lagen wir am Boden. Das gesamte Stadion wurde schwarz, dann rot – weil überall wehenden amerikanische Flagge auftauchten. Niemand konnte die Hymne durch den Sound der durchdrehenden Motoren hören. Wir waren angekommen.

666.

Das Ränge waren in festgelegte Bereiche eingeteilt, wie zum Beispiel die „Kill Zone“. Diese Zone ware leer für den Fall, dass ein berennender Reifen ins Publikum fliegt. Eine Reihe entfernt von der Kill Zone zu sitzen gibt einem aber auch nicht gerade das Gefühl von Sicherheit.

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Die "Kill-Zone"

Im dröhnenden Sound der Motoren begann sich unsere Aufmerksamkeit, überfordert mit der allgegenwärtigen Reizüberflutung, zu verabschieden. Plötzlich ging das Licht aus und eine sieben Meter hohe Flamme  schoss aus dem Nichts nach oben. Der Auftritt von Robosaurus, dem weltgrößten Roboter, der außerdem mit einem Wahnsinns-Soundsystem ausgerüstet ist, begann.

ROBOSAURUS

Nachdem das Ding zwei Autos gefressen hatte, war es Zeit für eine kleine Unterbrechung. Wir hatten uns die Nummer des Robosaurus-'Managers’ organisiert und riefen ihn gleich an. Er ging ans Telefon und rief: „Könnt ihr mich sehen? Ihr müsst euch zum Schwanz umdrehen!“ Als wir nach unten sahen, erblickten wir einen kleinen Mann, der gleich neben dem Robo aus seiner Luke winkte. Einige Augenblicke später hüpfte Brooke Dunn (jepp) die Treppen rauf um uns im unteren Drittel des Stadions zu treffen. Atemlos grinsend klopfte er uns auf den Rücken und sagte: „Also, ihr wollt es sehen?“ Er schleuste uns durch einige Security-Checkpoints in den Keller des Stadions, während er uns fröhlich die Antworten auf unsere Fragen über die Schulter zurief. Falls du's dich schon gefragt haben solltest- ein Robosaurus kostet eine Menge Geld. Man braucht drei Ingeneure um ihn zu bauen und es gibt nur ein Exemplar seiner Art. Brooke Dunn kratzte sich am Kopf, als einer der Security-Männer sanft versuchte uns aufzuhalten. Ein Monster-Truck aus dem Ring hätte uns beinahe plattgemacht. Eine Gruppe Typen rief uns von einem Tunnel auf der anderen Seite aus was zu. Es war Brooks Team. Wir folgten ihnen noch um ein paar Kurven und dann sahen wir ihn: zusammengedrückt auf einem Tieflader und glühende Hitze verströmend. Bevor wir irgendwas sagen konnten, fragten sie uns, ob wir mal reinklettern wollten.

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Ja, wir wollten mal reinklettern!

Wir warfen uns darauf, kletterten auf den Tieflader und zogen uns hoch in eine seiner vorderen „Riesenklauen“. Nur bei Hooters und im Himmel darf man derart leichtsinnig sein. Patrick verschwand in seinem Kopf und irgendjemand rief „holt der Dame eine Leiter!“ aber wir waren alle schon im Inneren des Monsters angekommen.

Patrick spielt Whac-A-Mole

Verschwendeter Enthusiasmus

Das Cockpit bestand aus ungefähr zwei Dutzend unterschiedlichen Tastaturen mit kleineren Knöpfen, die mit irgendwelchen Schaltern verbunden waren - eine Menge Zeug zum dranziehen, einem Monitor und einer Menge Lichter. Als wir fragten, wozu all das gut sei, sagten sie: „Das meiste davon ist völlig nutzlos."

Ist das etwa ein Pager?

Nach der Aufregung, in einem riesigen transformierenden Robo-Dinosaurier sitzen zu dürfen, kam uns der Rest des Abends irgendwie nicht mehr steigerungsfähig vor. Wo sollen wir jetzt hin? Wir hatten keinen Plan und wussten auch nicht wie betrunken wir schon waren - aber gerade als wir entscheiden wollten, ob wir diesen Tag beenden sollten, lief der Pilot des Ungetüms vorbei. Bei ihm konnten wir alle unsere Fragen loswerden.

Demo-Derby aus der Hotelbar

Vice: Was hast du gemacht bevor du Roboter-Dinosaurier gefahren bist?

Mark Hays: Ich habe als Stuntman gearbeitet - es war nie ein Fulltime-Job aber ich war immer auf der Suche nach dem besonderen Kick. Ich war auch Pilot und bin Montags immmer nach Columbia geflogen um Kite-boarden zu gehen -obwohl ich meistens gerade erst vom Snowkiting zurückgekommen war. Es geht immer um den Rausch. Irgendwann kommst du über die Angst hinweg.

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Gibt es eigentlich Konkurrenz in der Roboter-Welt?

Nein, weil niemand dumm genug ist, sowas zu machen. Es kostet sechs Millionen – niemand würde so viel dafür bezahlen, so ein Ding noch mal zu bauen. Die Zähne könnten ein Auto zerquetschen.

Patrick: Warum sollte man das tun? Um sich einen Namen zu machen?

Nein. Selbst Kim Kardashian -hab ich jedenfalls gelesen- ist eine Geschäftsfrau. Sie weiß was sie tut. Sie hat dieses selbstgemachte Image und es ist nicht wichtig wer sie ist- aber es ist speziell dafür gemacht um Geld zu verdienen.

Patrick: Monstertrucks gehören zu einer bestimmten Zeit an einen bestimmten Ort. Vielleicht In etwa wie beim UFC-Fighter, der nicht einfach 50 Jahre lang das Tempo halten kann, hat ein Fahrer doch wahrscheinlich ein ähnliches Problem.

Naja- ich denke man kann schon andere Beispiele aufzeigen, mit denen es sich ähnlich verhält. BarnStormers zum Beispiel.

Katie: Machst du Witze? Ich liebe das! Die sind unglaublich! Ich erinnere mich, sowas gesehen zu haben als ich ein kleinens Kind war – und ich war so beeindruckt!

Warte mal- wie alt bist du? Stell das Bier weg. Würdest du also wiederkommen wollen und Robosaurus am nächsten Tag streicheln, wenn du noch ein Kind wärst?

Katie: Fuck, ich hätte wahnsinnige Angst!

Patrick: Du hast echt Glück, Mark.

Seht euch doch an - was ihr Typen den ganzen Tag macht- ihr reist durch die Gegend. Und damit habt ihr auch echt Glück. Ich habe eine Tochter, sie ist ungefähr in eurem Alter. Ihr macht schon alles richtig.

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Patrick: Wahrscheinlich nicht so gut wie du.

Keine Sorge, (lacht) Ich kaufe das Bier.

Katie: Wie sieht’s mit deinem Liebesleben aus?

Wie steht’s um deins?

Katie: Hier, guck! (zeigt ein paar sms: „Mir geht’s echt beschissen“, etc.) Was soll der Scheiß?

Vielleicht ist er nur sensibel? Vielleicht solltest du ihm eine schöne Massage versprechen, eine Rückenmassage.. (nimmt das Telefon, zeigt es einer Reihe von Monstertruckern, die aufgetaucht sind).

Grave-Digger-Fahrer: Rückenmassage!

Excalibur-Fahrer: Koch ihm ein Dinner!?

Budddozer-Fahrer: Such dir jemand anderen!

Mark: Ich hab mich mal mit einer LAPD-Beamtin getroffen. Es gefiel ihr wie ich in Handschellen aussehe- da hat sich mich mit nachhause genommen. Eines Nachts hat ihre Stieftochter angerufen und gesagt, jemand wäre draußen vor ihrem Haus. Wir fuhren zu ihr rüber und als wir dort ankamen rannte jemand weg. Ich jagte ihn und stellte ihn zur Rede. Da hat er angefangen zu heulen. Dann hat er plötzlich eine Waffe gezogen. Ich habe sie erwischt und ihm weggenommen. Später stellte sich raus, dass er fünf Frauen vergewaltigt hatte und die sind auch bei der Gerichtsverhandlung erschienen und haben zu mir gesagt: Warum hast du ihn nicht umgebracht?“ Sogar der Staatsanwalt hat mich beiseite genommen und gefragt: „Warum hast du ihn nicht getötet?“

Pat: Der Staatsanwalt hat gefragt, warum du ihn nicht umgebracht hast!?

Oh ja. Du hast ja zu dem Zeitpunkt keine Ahnung und denkst er ist nur irgendein Jammerlappen. Und dann findest du raus, dass er fünf mal wegen Vergewaltigung vorbestraft ist. Wahrscheinlich hätte ich ihn umgebracht, hätte ich’s gewusst. Man weiß eben nie- es ist ja nicht so, als würden diese Menschen alle schwarze Hüte tragen.

Katie: (guckt aus dem Fenster und sieht extrem betrunken aus): Das sieht doch gar nicht so wahnsinnig zerstörerisch aus. Das ist so harmlos! Dieses irre, orange Auto fährt einfach durch die Gegend und zerlegt alles. Und alle sitzen rum und denken 'Oh, ich steh in Flammen! Lösch mich!'

Patrick: Hast du noch mehr Bürgerwehr-Geschichten?

Ich versuch mich von so was fernzuhalten.

Katie: (wieder sehr betrunken): Man sollte noch mehr von diesen Karren schrotten, finde ich!