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Zehn Dinge, die wir aus Festival-Recap-Videos gelernt haben

Alle sehen gleich aus und schreien förmlich: Bitte, bitte, komm' zurück!

Bald geht es schon wieder los: Die Festivalsaison beginnt. Während die einen Festivals klein, schnuckelig und übersichtlich bleiben, versuchen die Großen—wir blicken in eure Richtung: Melt!, Splash, Rock am Ring, Rock im Park, Hurricane, … etc—jedes Jahr noch ein wenig größer, anders und unvergesslicher zu werden. Frag einen beliebigen Kenner des Geschäfts oder einen Besucher und er wird dir sagen, dass irgendjemand an diesen riesigen Partys bestimmt eine Menge Kohle verdienen wird—und das übertriebene Spektakel ist dabei nur die halbe Miete.

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Eine der mächtigsten Waffen die Festivals bei der Promotion zur Verfügung stehen—neben Location, Line-Up und Likes auf Facebook—ist der bewerbende Film, der nach dem Festival kommt, auch Denglish ‚Aftermovie‘ genannt. Diese aufwändig produzierten YouTube-Clips fassen das Event mit einem Zusammenschnitt aus Musik und Bildern zusammen, die jeden Moment aussehen lassen wie eine Mischung aus Woodstock, Alice im Wunderland und einer Party in der Playboy-Villa.

Um mich in Festivalstimmung zu bringen, habe ich mir diese Filme stundenlang angesehen—auch weil ich dachte, dadurch einige wertvolle Lektionen über die menschliche Natur lernen zu können.

1. Sie vermitteln den Eindruck, dass der Weg zum Festival bereits der halbe Spaß ist.

Festivalrückblickvideos lassen sogar das Schlange stehen episch erscheinen. Was merkwürdig ist, denn normalerweise verbringe ich die Zeit in der Schlange damit, mir darüber Sorgen zu machen, ob die Security die Drogen finden werden, die ich unter meinen Eiern versteckt habe.

2. Meine Güte, diese Dinger brauchen ewig um loszulegen.

Die meisten Zusammenschnitte brauchen mindestens dreißig Sekunden, bevor der Beat einsetzt. Davor wird der Zuschauer mit einem Zusammenschnitt aus Bildern von Bros ohne T-Shirt, Flügen über die Kulisse, knutschende Heteropärchen, badende Gäste und so weiter versorgt. Wenn die Bassline dann endlich einsetzen darf, gehen alle Hände nach oben, was einen zu der Frage bringt: Warum zum Teufel gibt es solche Videos nicht nach jeder beschissenen Party, auf der euphorisch getanzt wird?

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3. Die Hersteller von Konfettikanonen werden bald eine extrem gute Zeit haben.

Laser, Kunstnebel und Feuerwerk gehören ja mittlerweile zum Standardrepertoire der Festivaldekorateure. Die Amerikaner und Belgier bereiten uns derweil auf eine Entwicklung vor, die uns spätestens ab 2015 erwartet: Auf die ultranervige Holifarbenschmeißerei werden bald ganze Batterien an Konfettiwerfern folgen. Das Ultra Festival in den USA benutzt weißes Konfetti, das Tomorrowland in Belgien setzt auf einen ganzen Regenbogen an Farben für seine Papierschleudern. Und das Dominator Hardcore-Festival in den Niederlanden? Schwarze Schnipsel, natürlich.

4. Und wenn die Musik dann einsetzt …

DJing muss eins der besten Kardio-Workouts überhaupt sein, da herumspringen und endlos die Arme schwenken alle Muskelgruppen beansprucht. Es scheint, als wäre der DJ, der am höchsten springen kann, der beliebteste—was wohl den Erfolg von Steve Aoki und Aviici erklärt. Die Jungs scheinen ja sonst nichts mit ihren Händen zu tun zu haben…

5. Wann immer es einen Breakdown gibt, bewegen sich die Dinge in Zeitlupe.

Dieser Trick ist ziemlich toll, wenn du die straffen Bäuche hunderter Teenie-Mädchen in neonfarbenen Tops und Bikinihöschen filmst. Realistischer wären ja dicke Bäuche, Kotze und jede Menge Schlamm, aber wenn diese Videos realistisch wären, würde ja keiner kommen.

6. Und die Dinge werden schneller, wenn der Beat wieder einsetzt.

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Das ist wie, wenn man aus einem K-Hole kommt.

7. Alle Djs müssen ans Mikro.

Das Mindeste ist ein Gruß ans Festival, aber Bonuspunkte gibt es für diejenigen, die der Menge erzählen, wie „wahnsinnig einzigartig“ sie sind. Extra-Bonuspunkte gehen an Armin Van Buuren, der das Tomorrowland-Publikum befriedigt, indem er sagt, dass er sein Neugeborenes im Krankenhaus zurückgelassen hat, um ihnen ein paar CDs vorzuspielen. (Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.)

8. Alle Mann an Bord!

Der Veranstalter hat sein Festival nah am Wasser gebaut? Dann stehen die Chancen gut, dass dir Floors auf Booten als ultimativer Eskapismus zum normalen Festivalgeschehen verkauft wird, indem Bikini- und Badeshortsträger mit einem Longdrink in der Hand an Deck eines vollkommen überladenen Touristenbootes tanzen—bei stechender Sonne, mittelmäßigem Essen und mangelnden sanitären Anlagen. Das sieht im Video dann besonders toll aus, wenn ein

Lens-Flare

-Effekt mit der Kamera eingefangen wurde, oder die Sonne gerade hinter dem Boot untergeht.

9. Du musst einiges an Product-Placement ertragen.

Die beliebtesten Sponsoren sind Bierbrauereien, Energiedrink-Hersteller und Textil- und Mobilfunkfirmen. Festivals brauchen diesen Support, denn sie können unmöglich Gewinn machen, wenn sie bloß Tickets für 110€ pro Stück verkaufen. Das ist ja auch okay, wenn die Verwertungskette spätestens nach der Festivalabreise beendet wäre und einen nicht noch Monate später auf YouTube verfolgen würde. Noch nerviger ist nur penetrante Eigenwerbung: Auch wenn das Key Visual und Logo des Festivals schon vor Ort hundertmal am Bühnen- oder Wegesrand zu sehen war, hat im Recap-Video auch der letzte begriffsstutzigste Trottel verstanden, wie konsistent die Werbekampagne doch war.

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10. Drei Tage sind zu lang für ein Festival.

Scheiße, drei Tage sind sogar zu lang, wenn man sie nur in einer Video-Zusammenfassung des Festivals sieht.

Und damit wir uns nicht missverstehen: Wir werden dieses Jahr trotzdem wieder auf jede Menge Festivals gehen und eine tolle Zeit haben. Nur das Video danach, das sparen wir uns einfach …

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