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Interviews

Push Push hat viele Hater, aber ihr ist scheißegal, was du über sie denkst

Eigentlich wollte sie Musical-Star werden, studierte dann aber Mode, wurde Rapperin und arbeitete als Stripperin. Dürfen wir vorstellen: Push Push.

Das erste Mal, als ich Nicci St. Bruce aka Push Push getroffen habe, habe ich sie gehasst. Tatsächlich tun das ganz schön viele Leute. Aber das kann einem schnell passieren, wenn man eine etwas dreiste und stylische Frau ist, die genau weiß, was sie will: man polarisiert. Bis sie herausfand, was sie eigentlich will, hat sie aber eine gewisse Zeit gebraucht.

Die zierliche Südafrikanerin griechischer Abstammung liebt Musik, seit sie klein ist, aber sie hat auch Jahre gebraucht, um ausreichend Selbstbewusstsein dafür aufzubauen, um selber eine Bühne zu erklimmen. Während ihrer Kindheit in der kleinen Küstenstadt Port Elizabeth hat St. Bruce jedes Musikinstrument gespielt und jede Art von Tanz gelernt. Ihre Leidenschaft fürs Performen hielt auch an, als sie mit 16 nach Kapstadt zog und dort Musikunterricht nahm. Nicci träumte davon, Musical zu studieren, aber am Ende standen ihr ihre eigenen Selbstzweifel im Weg. „Ich klinge wie die südafrikanische Fran Drescher.“ Stattdessen versuchte sie sich in der Mode, studierte Jura und schrieb für den Blog Bitches Must Know (jetzt bekannt als They Know). Mit der Rapcrew Oh! Dark Arrow machte sie dann zum ersten Mal Musik, bevor sie schließlich ihren eigenen Weg ging. Zwischendurch war St. Bruce dann auch noch Stripperin, Moderatorin, Model und Inhaberin anderer neumodischer Jobtitel, die ohne das Internet wahrscheinlich gar nicht existieren würden. Man kann wohl sagen, dass sie ziemlich beschäftigt war.

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Nach dem Ende von Oh! Dark Arrow hat Push Push zusammen mit Thor Rixon eine EP mit zwei Tracks veröffentlicht, die es irgendwie in die Fernsehserie Broad City geschafft haben. Das ist schon etwas Besonderes für eine Künstlerin vom südlichsten Ende Afrikas. Die beiden haben jetzt wieder gemeinsame Sache gemacht—dieses Mal mit dem Zulu Michael Jackson Okmalumkoolkat. „Bury Me with Diamonds“ (die Premiere gibt es hier unten) ist anders als alles, was du bis jetzt gehört hast. Aber komm bloß nicht in Versuchung zu sagen, „das klingt wie ___“, das tut es nämlich nicht. Der Track ist eine wunderbare Kombination aus Okmalumkoolkats obskuren Anspielungen, Push Pushs Angriffslustigkeit und Rixons wunderbar verspulter Sounds, die das Ganze zu einer einzigartigen Hörerfahrung machen. Anlässlich dieser fantastischen Single haben wir uns mit Nicci St. Bruce über den Track, Strippen, Bloggen, Mode und Neider im Netz unterhalten.

Noisey: Als ich dich zum ersten Mal getroffen habe, hast du noch für den Blog Bitches Must Know geschrieben, der hier in Südafrika sehr einflussreich ist. Wie bist du vom Bloggen über Rap und Street Culture dazu gekommen, selber Musik zu machen?
Push Push: Ich habe über Musik geschrieben und mich immer gefreut, Künstler aus Südafrika in dem Blog erwähnen zu können. Irgendwann hatte ich dann aber keine Lust mehr, immer nur die Geschichte anderer Menschen zu erzählen, verstehst du? Warum sitze ich hier und schreibe über Okmalumkoolkat, wenn ich doch eigentlich Track mit Okmalumkoolkat machen sollte?

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Woher hattest du denn das Selbstbewusstsein dafür? Warst du immer schon musikalisch?
Meine Familie ist alles andere als musikalisch und bei uns zu Hause lief nie Musik, als ich klein war. Ich war allerdings unerträglich hyperaktiv und deswegen hat meine Mutter mich zu verschiedenen Aktivitäten nach der Schule angemeldet, damit ich müde bin und nicht alles auseinandernehme, wenn ich nach Hause komme. Also habe ich verschiedene Instrumente gespielt und damit auch Songs geschrieben. Menschen, die mich kennen, wissen, dass Musik immer schon wichtig für mich war. Ich hätte aber nie gedacht, dass ich das irgendwann mal anderen Menschen zeigen kann, weil ich eigentlich ständig von Angstattacken und Selbsthass aus der Bahn geworfen wurde. Erst in meinen Teenagerjahren konnte ich das langsam abstreifen, als ich damit anfing, Künstler wie Watkin Tudor Jones/Max Normal zu hören, der so unglaublich offen mit seiner südafrikanischen Herkunft umging. Er gab mir dieses Gefühl, dass, wenn er sich da hinstellen und einfach in seinem Akzent rappen und er selbst sein kann, kann ich das auch. Ein paar Jahre später, bei der allerletzten Show von Max Normal TV (bevor daraus Die Antwoord wurde), wurde ich auf die Bühne geholt, um bei einem Track zu rappen. Als das vorbei war, dachte ich mir nur: ‚Scheiße, ich kann das ja wirklich.’

Wie ist Kapstadt mit dir als relativ neue Rapperin umgegangen? Hat dir dein Internet-„Fame“ dabei eher geholfen oder Schwierigkeiten bereitet? Ich habe mitbekommen, dass die Leute ganz schön über dich herziehen—andererseits wird im Netz generell viel Mist geschrieben und es hat keine Auswirkungen auf das echte Leben.
Um ehrlich zu sein, war es ein bisschen von beidem. Es wird eigentlich auch nur in meiner Heimatstadt schlecht über mich gesprochen. Das ist zwar traurig, aber in so einer kleinen Kreativszene auch unvermeidbar. Manchmal fühlt es sich so an, als wäre Kapstadt zu klein, um alle erfolgreich zu machen. Ich bin immer dafür, Künstlerkollegen zu unterstützen. Selbst wenn nicht alle hier Musik machen, zu der ich in meinem Schlafzimmer tanzen würde, freue ich mich immer noch total, dass so viel musikalisches Gold aus diesem Land kommt. Die Leute werden immer Scheiße über mich reden, aber ich verstehe das schon. Ich mache auch viele fragwürdige Dinge. Ich weiß, dass die meisten Menschen nicht verstehen, wo ich herkomme, aber ich kann nur hoffen, dass sie es eines Tages entweder checken oder sich verpissen. Get with it or get hit with it.

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Du hast Mode studiert, aber dann abgebrochen. Hattest du dir das Geschäft anders vorgestellt?
Ich wusste damals nicht genau, was ich mit meinem Leben machen wollte. Ich meine, ich wusste schon, was ich eigentlich machen wollte—nämlich Musicals—, aber ich habe eine etwas eigenartige Stimme, mit der es niemals möglich gewesen wäre, so viele verschiedene Charaktere auf der Bühne zu spielen. Also habe ich gekniffen und mir das nächstbeste rausgesucht, das mich angesprochen hat. Ich habe mir Mode ausgesucht, weil ich Kleidung und Schmuck mag, aber ich merkte schnell, dass ich auf dem falschen Dampfer war. Die Modeschule ist der Ort, an den die ganzen wirklich verrückten Menschen in Asos-Restposten zum Sterben gehen.

Was beeinflusst deinen Style denn heute und wie wichtig ist dir Ästhetik, was deine Musik angeht?
Ich kann nicht wirklich von mir behaupten, dass ich momentan einen bestimmten Style habe. Ästhetik ist wichtig für mich, aber Style ist nicht gerade etwas, über das ich viel nachdenke oder auf das ich einen besonderen Schwerpunkt lege. Ich bin in viel zu vielen Bereichen unterwegs, als dass ich einen bestimmten „Look“ hätte—genau, wie ich zu viele verschiedene Sachen mache, um einen bestimmten „Sound“ zu haben.

Du hast zwischendurch als Stripperin gearbeitet und als das rausgekommen ist, hat das hier große Wellen geschlagen. Wie bist du da überhaupt gelandet?
Das war eine ziemlich beschissene Zeit, um ehrlich zu sein. Ich war gerade aus New York zurückgekehrt und hatte meinen ganzen Schmuck für die Reise verpfändet. Ich musste ihn mir so schnell wie möglich zurückkaufen. Gleichzeitig befanden sich ODA gerade in einer Pause, nachdem wir Disco [ihr Bandkollege] wegen einer psychotischen Episode ins Krankenhaus einweisen lassen mussten. Er war vor unserer letzten Show einfach verschwunden. Jede private Reha wollte mindestens 35.000 Rand im Voraus. Natürlich hatte niemand von uns das Geld dafür und ich hörte, dass man so viel in einer Woche als Stripperin machen kann—und den ganzen Schmuck würde ich auch noch zurückbekomen. Ich habe also den einzigen Stripclub angeschrieben, in dem ich je gewesen bin, und wurde noch am gleichen Abend zum Interview eingeladen.

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Ist es vergleichbar als Rapperin und als Stripperin auf der Bühne zu stehen? Beim Strippen macht man das ja oft nur für eine Person, beim Rappen musst du eine große Menge überzeugen.
Wenn ich als Künstlerin auf der Bühne stehe, dann bin ich bei meinem Publikum. Ich bin dann auf einer Ebene mit den Leuten. Ich zehre von ihrer Energie und die spiegelt sich in meinem nächsten Move wieder und wirkt sich auf meine Performance aus. Ich liebe es, mir das eine Arschloch ganz hinten rauszupicken, ihm in die Augen zu gucken und dabei den Verse zu rappen, bis er mir nicht mehr länger in die Augen schauen kann. Wenn ich als Stripperin tanze, ist das total anders. Bevor ich selber gestrippt habe, dachte ich immer, dass die Mädchen tanzen, um die Kunden zu verführen oder die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, aber es ist das komplette Gegenteil. Ich kann natürlich nur aus eigener Erfahrung sprechen, aber so, wie ich das mitbekommen habe, tanzen die Frauen nicht für dich. Ob du (der Kunde) da bist oder nicht, macht keinen Unterschied. Wenn ich tanze, dann bin ich nicht beim Publikum. Ich bin dann in meiner eigenen Welt. Ich schaue dich nicht an. Wenn ich überhaupt jemanden anschaue, dann ist es das neue Mädchen im Club—und ich schaue sie an, um ihr zu zeigen, dass, wenn ich hier tanzen kann, sie hier auch tanzen kann.

Weiß deine Familie, dass du rapst und strippst? Was denken sie über deinen Lebensstil?
Sie halten mich vor allem für total komisch. Ich habe eine unglaublich tolle Mutter, die mich immer unterstützt hat, egal was für verrückte Sachen ich gemacht habe. Meine Mutter ist wirklich der beste Mensch auf der Welt—und das sage ich nicht nur, weil sie meine Mutter ist. Sie ist diese kleine Griechin, die garantiert nicht ganz versteht, was ich eigentlich mache. Sie hat sich aber damit abgefunden und versteht mich einfach als Mensch. Meine Familie ist griechisch orthodox und zu hören, dass die erstgeborene Tochter eine Stripperin war, war natürlich nicht die schönste Nachricht des Jahres für sie. Wenn es aber darum geht, mich bei der Erfüllung meiner Träume zu unterstützen, sind sie immer für mich da.

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„Bury Me With Diamonds“ wurde von Thor Rixon produziert und neben dir hat auch noch Okmalumkoolkat einen Part. Wie seid ihr drei zusammengekommen?
Thor hat schon ein paar Tracks von mir produziert, die in der zweiten Staffel von Broad City gelandet sind, und Smiso kenne ich schon etwas länger—ihn habe ich auch schon immer als Künstler bewundert. Irgendwann dieses Jahr waren wir alle bei Thor im Schlafzimmer und wir haben uns einfach das Mic zu diesem Beat geschnappt. Der Track war dann tatsächlich erst mal eine ganze Weile einfach auf seinem Laptop, bevor er ihn wiedergefunden hat.

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Wie war es, mit Thor und Malum zusammenzuarbeiten? Beide sind ja für ihren künstlerischen, experimentierfreudigen Ansatz bekannt.
Bei der Arbeit mit Thor gibt es immer diesen tollen Vibe. Er ist nämlich einer der unvorhersehbarsten Producer überhaupt. Ich bin eigentlich extrem stur, aber wenn Thor mir eine Herausforderung stellt, dann nehme ich sie gerne an. Ich weiß, dass das Endresultat es wert sein wird, auch wenn es mir vielleicht unangenehm ist, außerhalb meiner persönlichen Komfortzone zu arbeiten. Mit Malum zusammenzuarbeiten, war einfach nur der Hammer! Wir sind zwar schon seit ein paar Jahren miteinander befreundet, aber gleichzeitig bin ich auch ein riesen Fangirl und diese beide Sachen zu balancieren, ohne dabei wie eine Vollidiotin zu klingen, ist gar nicht so einfach. Seine Musik ist einer der Gründe, warum ich mich mit dem wohlfühle, was ich als Künstlerin darstelle. Mit ihm zusammen auf einem Track zu sein, war also schon ein großes Ding für mich.

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Du gehst bald wieder nach New York. Wie lange willst du dort sein und was hast du vor?
Ich nehme mir ein paar Monate, um ein paar neue Sachen zu machen und mich von dem zu lösen, was ich schon kenne. Ich werde mich einfach ein bisschen ins kalte Wasser stürzen.

Eine letzte Frage noch: Wie zur Hölle hast du deine Tracks in Broad City bekommen?
Das Internet ist einfach ein verrückter Ort.

Bob Perfect ist verantwortlich für den Musikblog Durban Is Yours. Folgt ihm bei Twitter—@bobnessmonster

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