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Affären mit Musiker sollten höchstens so lange dauern wie Radiosingles

Dass sie kein Geld haben und dich als Merch-Verkäufer ausbeuten, ist doch egal. Meine Erfahrungen zeigen, warum du wirklich nichts mit Musikern anfangen solltest.

Weshalb weibliche Hormone so hemmungslos reagieren, wenn Männer auf einer Bühne performen, kann ich nicht erklären. Sobald sie auf Bühnen treten, geben wir ihnen unsere Körper komplett hin—da können sie im real life noch so abstossend sein. Ich unterschreibe aber sofort, jedes Manifest, das dies bestätigt.

Was Männer auf welcher Bühnen machen, ist zweitrangig: Mit 15 liess ich mich in den Sommerferien auf einen jungen italienischen Clubanimator ein. Er oben ohne on stage. Ich zwischen Senioren, seinen Aerobic-Schritten folgend.

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Sex am Strand wird überbewertet.

Dieses Phänomen kennt jede Frau, die sich hin und wieder von ihrer Libido treiben lässt. Und Performer sind sich dessen genau so bewusst. Als ich über Rockmusik—die wahre—aufgeklärt wurde, sagte man mir, dass Tom Petty einst in einem Interview zugab, er sei hauptsächlich Rockstar geworden, um eine Chance bei den Frauen zu haben. Als einfacher Nerd sei man weniger erfolgreich.

Ich selbst verlor vor knapp einem Jahr für kurze Zeit mein junges, von Erfahrungslust getriebenes Herz an einen Rocker. Mit Tattoos und Gitarre und allem was dazu gehört. Die Musik war in Ordnung. Die Performance war geil. Er zog mich während der Show mit seinen Blicken aus. Und die Fans: All die Girls, die nach dem Gig um Autogramme baten und um die Wette flirteten, gingen mir am Arsch vorbei, da die Hände, die eben noch geschickt mit den Saiten gespielt hatten, am Ende des Abends mit mir spielen würden.

Wir lernten uns über Freunde von Freunden kennen und von Anfang an gab es eine gewisse Anziehung. Ich begleitete meine Freunde zu seinen Konzerten und unter der Woche fuhr ich—wenn er nicht bei mir war—des Öfteren in sein Studio, klimperte im Rolling Stones-Shirt auf seiner Akustikgitarre, während er an Joints zog. Morgens gingen wir nach einer Tasse Kaffee jeweils unsere Wege, lebten unser Leben, ich ging zur Schule und er an Meetings, bis wir uns vermissten und wieder treffen wollten, oder—wie bequem—ein Konzert in der Nähe stattfand.

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Backstage ignorierte ich die Drogen und zog an meiner Zigarette, erfreute mich an den inhaltsleeren und doch interessanten Gesprächen und fühlte mich ein wenig besonders. Natürlich war mir immer bewusst, dass es sich um eine grundsätzlich gefühlsbefreite Affäre von kurzer Dauer handelte. Ich hielt mich nie für naiv und doch gelang es diesem Gitarristen, mich vorübergehend zu blenden. Die Nächte nach den Auftritten wichen Dämmerungen, verschwommene Erinnerungen an verrauchte, betrunkene, geteilte Stunden mit ihm blieben.

Unser gemeinsames erstes Mal war für ihn wohl ähnlich wie die erste Single: Abgekaut, langweilig, kurz. Aber dabei effizient und so oft repetiert, dass er sie im Schlaf spielen konnte.

Das zweite und dritte Mal versuchte er sich an einigen neuen Riffs, die durch geschätzte 20 Jahre Erfahrung mit seinem Instrument das meine zum Beben brachten. Und dann versank er in Melancholie. Er zupfte einige Melodien, zart endend, ohne Höhepunkte.

Nächtelang sprach er darüber, dass was fehlt. Dass er sein Leben in den Griff kriegen müsse. Über die Drogen, den Alkohol, die fehlende Ausdauer, den fehlenden Lebenssinn. Ich streichelte seine verkorkste Seele mit zarten Worten und versicherte ihm, ihn zu verstehen, ohne ihn tatsächlich zu verstehen.

Das Rockstar-Leben ist hart. Er ist es weniger, als er scheint. Das wurde mir an einem dieser Abende klar, an dem die Band die immer gleichen Songs ihres Live-Sets mit einigen „Freunden"—solche wie ich—mit ein paar Gin Tonics runterspülen wollte. Als es langsam Morgen wurde und der Rausch nachliess, fand ich mich zwischen zugekoksten Musikern in einem kleinen Strip-Lokal in der Innerschweiz. Die Phase der Euphorie war schon ein paar Stunden vorbei. Alle waren sie betrunken, zu müde um zu sprechen, zu high um zu schlafen. So hockten sie im Kreis und glotzten auf vollbusige Osteuropäerinnen. Das war's dann.

Ich verabschiedete mich mit einem Kuss, stieg ins nächste Taxi nach Zürich und belächelte meine eigene Naivität.