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Alles beschissen außer Bilderbuch

Der einzige Grund für mich aufs Donauinselfest zu gehen sind die Bands—vorausgesetzt es ist etwas Hörbares dabei. Der einzige musikalische Lichtblick dieses Jahr waren eindeutig Bilderbuch.

Fotos: Verena Bogner

Der einzige Grund für mich aufs Donauinselfest zu gehen sind die Bands—vorausgesetzt es ist etwas Hörbares dabei. Und heuer waren Bilderbuch der einzige musikalische Lichtblick. Also bin ich gestern im Regen auf die Insel gepilgert, um mir die Retter der österreichischen Musik, wie sie seit dem Release ihrer Feinste Seide EP genannt werden, zum erneuten Mal anzuschauen. Als ich bei der FM4 Bühne ankam, war alles wie ausgestorben und es spielte gerade Everlast, ein alter Sack, der Musik für alte Säcke macht. Dementsprechend war auch das Publikum beschaffen—außer drei Typen mit Hell's Angels-Kutten war niemand in Sicht.

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Je näher der Gig von Bilderbuch kam, umso mehr Menschen kamen. Als die Jungs nach einer kurzen Umbaupause pünktlich auf die Bühne kamen, war der Platz vor der FM4 Bühne gesteckt voll und als sie die ersten Töne von „Feinste Seide", der musikalischen Erfüllung meiner feuchten Träume, anschlugen, kam eine Welle der Sexyness über all die durchnässten Menschen in ihren schlimmen Regenponchos. Es war nicht das erste Mal, dass ich Bilderbuch live gesehen habe, aber es ist für mich immer wieder rätselhaft, wie vier Burschen, die meine Studienkollegen sein könnten, so clevere und vor allem sexy Gitarrenmusik machen können.

Sänger Maurice steht in einem schimmernden Netz-Oberteil und mit seinem typisch verschmitzten Grinsen auf der Bühne und singt unter falko-esken Bewegungen solide einen Bilderbuch-Hit nach dem nächsten, und es klingt fast besser als auf Platte. Außerdem ist er mit Sicherheit der einzige Typ der Welt, den ich in einem durchsichtigen Shirt sexy finde—was vielleicht auch einfach an seinem Charisma liegt.

Die Jungs sind perfekt aufeinander eingespielt—verständlich, wenn man bedenkt, dass sie seit Monaten auf Tour sind. Anfang des Jahres war ich auf ihrer kleinen Show im brut und ein paar Monate später im ausverkauften Gasometer, als sie Casper supportet haben—Bilderbuch sind auf dem Weg dahin, wo sie hingehören.

Bei den ersten Riffs von „Maschin", dem Lied, zu dem mein zukünftiger Backup-Ehemann und ich vor den Altar treten wollen, singen alle so laut mit, als ginge es um Leben und Tod. Und ich kann mir nicht verkneifen, die imaginären Drums zu spielen. Bilderbuch ist einfach eine unglaublich gute Liveband. Als Gitarrist Michael bei seinem „Plansch"-Solo allein auf der Bühne steht, spielt er so vertieft und leidenschaftlich auf seiner Gitarre, dass man meinen könnte, es handle sich dabei um sein aktuelles Gspusi.

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Auch zwei neue Songs werden zum Besten gegeben, „Rosen" und „Soft Drink", mit dem schönen Refrain "Coca Cola, Fanta, Sprite, 7Up, Pepsi alright, alright, OK". Die Songs sind eingängig, aber alles andere als banal. Ich glaube, genau das ist das Prinzip von Bilderbuch.

Als ich mir zu späterer Stunde und nach ein paar Bier dann doch noch Cro auf der großen Ö3-Bühne angesehen habe, wurde mir klar, dass hier genau das Gegenteil von dem passiert, was ich gerade auf der anderen Bühne gesehen hatte. Schlechter Sound, eine einstudierte Show mit aufgesetzten Dialogen zwischen Cro und seinem DJ Psaiko Dino und Songs, die vor Banalität nur so strotzen. Natürlich, Cro ist für den Mainstream gemacht und daher wahrscheinlich nicht mit Bilderbuch vergleichbar, dennoch ist das, was Bilderbuch machen, so viel ehrlicher als der Rest.

Bilderbuch haben für mich neben meiner persönlichen Fremdschäm-Hölle der diesjährigen Amadeus Awards und der heimischen Musikszene mit viel spitzbübischem Charme und einem nahezu perfekten Konzert auch das Donauinselfest gerettet, denn alles andere, was ich dort sehen, hören und riechen musste, war schlichtweg beschissen.

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