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Vice Blog

Eine Weltklasse-Gogo-Tänzerin

Hin und wieder googelt doch jeder seinen eigenen Namen. Und nachdem ich eine Paar Penner letzte Woche in meiner appalachischen Heimat interviewt hatte, fing ich an meinen Namen jede Woche zu googeln. Als Reaktion auf dieses Interview wurde Viceland daraufhin so von bösen pro-Penner Aktivisten überrannt, dass ich schnell auf Google checken musste, ob vielleicht ein Anschlag auf mich geplant sei. Meine Phantasie ging schon so mit mir durch, dass ich fest davon überzeugt war, dass wenn ich meinen Namen nicht früh genug googeln würde, ich nicht wissen würde, wie sie meine Nachbarschaft angreifen werden und ich beim nächsten Check meines Namens als erstes die Zerstörung meines einstigen Hauses sehen würde. Eines Tages aber fand ich dann dafür dieses falsch betitelte Video.

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Nach nur wenigen Momenten legte ich meine misstrauische und ängstliche Haltung ab und ich lies mich von SaCToWnGirL916s MAJO IMPROVEMENT FROM YESTERDAYS VID in die Welt des professionellen GoGo-tanzens einführen. Am Anfang dachte ich noch, dass SaCToWnGirL916 für ihre heutige Abendschicht in irgendeinem Etablissement trainierte, doch dann fand ich unter den weiteren Empfehlungen ein Video dass „Felix - 2009 World Pole Dance Champion" betitelt war, und wie ich später herausfinden sollte, die talentierte und erfolgreiche GoGo Tänzerin Felix Cane zeigt.

Der erste Gedanke der mir kam, als Felix ihren elastischen Körper um die Metallstangen schlängelte, war, dass sie wahrscheinlich  bei so etwas wie dem Cirque du Soleil arbeiten sollte. In meinen Augen gehört alles, was irgendwie spektakulär ist oder  zumindest  so erscheint, sofort in einen Zirkus. Und es komm mir auch so vor, dass ich wirklich genial bin, da sie wirklich zur Zeit beim Zirkus Zumanity arbeitet, einer etwas mehr körperbetonten „Erwachsenen" Show in Las Vegas. Ich würde sogar fast sagen, dass nur wenige Sportarten so talentierte Athleten hervorbringen wie Felix Cane. Und noch wenigere tragen als Uniform Stöckelschuhe und Unterwäsche. Ich wollte also wissen, wie es so eine rostfreie Metallstange es schafft, nicht nur Geschlechtskrankheiten an ausländische Geschäftsmänner zu verteilen, sondern auch weltklasse Athleten und Zirkus Performer hervorzubringen. Daher ging ich direkt an die Quelle und interviewte die Halbgöttin selbst.

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Um mir eine gewisse Einführung in den Sport zu geben, bestand der PR Representant von Cirque du Soleil darauf, dass ich zuerst mit Felix Manager und Ausschussmitgliedern der „Pole Fittness Association"  Collette Kakuk reden sollte. Dies war ein Glücksfall, da Kakuk auch die Person ist, die dafür verantwortlich ist, GoGo zu einer Olympischen Sportart zu machen und noch dazu ist er Ryan Shecklers Nachbar. Obwohl unsere Unterhaltung meistens rein informativer Natur war, war er dennoch sehr daran interresiert mir klar zu machen, dass es eine große Ehre sei mit Felix zu reden. Felix ist gerade bei weitem die Beste in ihrem Sport, und sie wird diejenige sein, die diesen Sport auf die große Bühne bringen wird. Es ist genauso, als würde man einen Nachmittag lang mit der weiblichen, attraktivem, englischen, und flexiblen Version der Fußballlegende Pele reden oder mit diesem Golftypen aus den 20er Jahren reden. Und mit einem bisschen Glück könnte die neue Sportart/Kunstform des Stangentanzen auch mir die Möglichkeit eröffnen der neue Sal Masekela dieses Sports zu werden. So viel ich weiß, gibt es beim professionellen GoGo tanzen noch keinen Kommentator, der in Echtzeit die Tricks und Kombinationen erkennt und mitteilt und ich würde gerne diese Rolle bis zu den Weltmeisterschaften diesen Oktober in Zürich übernehmen.

Vice: Wie bist du zum professionellen GoGo Tanzen gekommen?

Felix: Um ehrlich zu sein war das ein Zufall, so wie bei dir auch. Ich studierte an einer Universität in Australien und meine Mutter und Schwester kamen mich besuchen. Sie wollten dann zum Spaß eine Pole dancing Klasse machen, da das zu der Zeit gerade in Australien der neuste Schrei für Fitness war, aber nicht in England wo wir eigentlich herkommen. Ich konnte einfach nicht glauben dass meine Mutter cooler war als ich und es schon mal gemacht hatte und somit probierte ich es selber aus und hab mich sofort verliebt. Ich habe dann immer häufiger trainiert, da es mir richtig viel Spaß machte und ich gleichzeitig noch  fit wurde. Dann habe ich irgendwann angefangen es zu unterrichten und später in diesem Jahr habe ich dann bei der Australischen Meisterschaft mitgemacht und gleich gewonnen.

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Jetzt machst du gerade Sachen mit Cirque du Soleil oder?

Ja

Wie ist das zu Stande gekommen?

Das war so, dass mich der Casting Direktor auf YouTube gesehen hatte und mir dann eine Email schrieb um zu fragen ob ich Lust hätte ein paar Jahre in Vegas zu leben.

Wow. Das hört sich ganz so an als würdest du den Traum eines jeden Nischenathleten leben, der plötzlich eine Email von Cirque du Soleil bekommt um dort aufzutreten. Hat es dir gefallen?

Naja, es ist sehr anders als das, was ich davor gemacht habe. Es ist eine sehr durchorganisierte Show, somit habe ich nicht so viele Freiheiten und kann weniger improvisieren. Es war aber eine tolle Erfahrung, aber es ist genauso wie in jedem anderen Theater und spricht nur einen kleinen Teil von Menschen an. Mein Ziel ist es meinen Sport an der Stange den Menschen vorzuführen damit sie verstehen dass es nicht das ist, was sie denken und der Sport einen sehr weiten Weg aus den Stripklubs heraus gegangen ist. Ich glaube, dass wenn Menschen eine unserer Shows verlassen ein besseres Verständnis von dem bekommen, was GoGo Tanzen heißen kann, und in der Zukunft würde ich gerne die generelle Meinung der Öffentlichkeit verändern.

„Zumanity" ist eine Show die auf ein Erwachsenes Publikum zielt oder? Von dem was ich gesehen habe scheint alles sehr sexuell angehaucht zu sein.

Ja es fokussiert auf Sinnlichkeit und Sexualität, aber es zielt auf eine ganz andere Art von Sinnlichkeit - vor allem die Verwirrungen und Gefahren die du erleben kannst. Es ist eine ziemlich tiefgründige Show aber natürlich auch sehr unterhaltsam und sehr sexy.

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Und das ist auch was ich an diesem Sport so interessant finde. Es scheint nie von dieser sinnlichen und sexuellen Kultur weg zu gehen. Leute fangen an, es nicht mehr mit Strippern zu verbinden sondern einfach die natürlich Sinnlichkeit zu entdecken. Ich glaube nicht, dass nur weil es ein Sport oder Kunstform ist, es von seiner Sinnlichkeit oder Sexualität abkommen muss. Es gibt viele Tanz-/und Kunstformen die sehr sexy sind. Sachen wie Tango oder Salsa sind besonders sexy. Was passieren muss, ist das Leute die Obszönität die sie mit GoGo tanzen verbinden abgeschafft werden muss, weil Sinnlichkeit und Sexualität heißt ja nicht gleich vulgäres Verhalten.

Das ist nicht so leicht wenn man immer noch Platoschuhe trägt.

Ja und Nein. Ich meine, uns fragen noch immer Menschen warum wir immer noch so leicht bekleidet herum laufen, aber es ist  halt so, dass man mit Kleidung keinen Halt an der Stange hätte. Und der Vorteil von Platoschuhen ist, dass du ein Mittel hast, mit dem du die Geschwindigkeit beim drehen beeinflussen kannst. Abgesehen von der originalen Ästhetik hat beides seine wichtige Funktion beim tanzen.

Ich finde das ja toll. Ich finde es aber auch krass, dass ihr immer noch die traditionelle Tanzästhetik benutzt, aber sie so perfektioniert habt, dass hier ein echt interessanter und herausfordernder Sport entsteht. Um ehrlich zu sein ist das der athletischste Sport, denn ich je gesehen habe, und trotzdem trägst du noch G-Strings in einigen Videos.

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Ich finde genau das gibt noch einmal einen künstlerischen Aspekt zu allem. Ich sehen das Stangentanzen mehr als Kunstform, denn als Sport, genau weil man dort so ausdrucksstark sein kann. Es gibt wirklich keine Regeln. Es gibt keine Vorschriften in dem was du zu tragen hast. Du kannst auch Pantoffeln anziehen wenn du willst, aber es ändert nichts daran, dass das was du machst höchst athletisch, herausfordernd, und aggressive ist.

Hattest du früher Erfahrungen mit Strippen?

Nein. Ich hatte ein sehr extensives Training als eine klassische Ballerina, wo auch meine ganze Tanz-Erfahrung herkommt.

Wie hast du den Übergang von etwas so klassischem wie Ballett zu einer sehr provozierenden Sportart mitbekommen.

Für mich war das eigentlich sehr befreiend. Ballet war in seiner Interpretation sehr limitiert. Dir wird immer gesagt was du wann machen musst. Wie du eben gesagt hast ist es ein sehr klassischer Sport, und dass heißt auch das es alles schon sehr lange gibt. Es gibt im klassischen Ballet nur wenig Möglichkeiten zum improvisieren. Und es war herrlich auf der Stange genau so zu tanzen wie ich es wollte.

Machst du immer noch bei Wettkämpfen mit oder ist es nur noch der Zirkus?

Natürlich mach ich noch bei Wettkämpfen mit.

Also wie funktionieren dann solche Wettkämpfe? Wie wird es von der Jury bewertet?

Es wird auf eine Anzahl von Punkten gezählt, welche in verschiedene Aspekte wie Choreographie, Tricks, Kostüm, und andere wie Publikums Reaktion und die ganze Performance verteilt werden. Die meisten Punkte gibt es natürlich für die Choreographie und die Tricks, was die Exekution und die Kombinationen der Tricks an der Stange beinhaltet. Die Stangentricks hängen von deiner Agilität, Kreativität und der Individualität deiner Performance ab, also eigentlich genau so wie du auch bei einem Gymnastik Turnier bewerten würdest

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Gibt es jemanden in deiner Sportart, den du zur Zeit als deine größte Herausforderin siehst?

Ähm….Nein.

Das ist viel Selbstvertrauen.

Ich meine es gibt natürlich sehr viele großartige Tänzerinnen aber keiner davon würde ich als meine Rivalin ansehen. Es gibt genug Probleme damit den Sport in der Öffentlichkeit zur Akzeptanz zu bringen. Da müssen wir nicht auch noch intern Feindschaften haben.

Gibt es ein Land das besonders viele gute Tänzerinnen hervorbringt?

Australien würde ich sagen.

Warum ist das so?

Ich glaube die Techniken sind ein wenig anders und die normale Stange ist ein wenig dünner als in Amerika. Ich habe einen tänzerischen Stil auf der Stange und das ist einfach sehr viel einfacher an einer dünneren Stange. Die Australischen Tänzerinnen werden auf an einer drehenden Stange und einer festen Stange trainiert, was in Amerika nicht der Fall ist. Hier wird nur an einer dickeren festen Stange trainiert und das heißt, dass wenn die dann an einer drehenden tanzen müssen, sie nicht wissen, was sie alles damit machen können

Ist eine drehende Stange wirklich nur eine Stange die sich dreht?

Es ist eine Stange die an einem Kugellager befestigt ist und sich selbst dreht. Du musst aber deine eigene Bewegung benutzen um sie zu drehen. Sie dreht sich nicht andauernd.

Also dreht sie sich nicht die ganze Zeit automatisch?

Nein, es gibt keinen Mechanismus, der sie zur Drehung bringt. Man macht nur von seinem eigenen Drehmoment Gebrauch, der manchmal ziemlich schwer einzuschätzen ist.

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Wenn du nun an einem Wettkampf teilnimmst, macht jeder Tänzer im Wesentlichen eine Reihe von Tricks an einem oder an beiden dieser Pole, dann werden sie anhand dieser Sequenz beurteilt, oder?

Richtig.

Andere Sportarten aus dieser Richtung scheinen immer neue und kompliziertere Figuren für ihre Darbietungen zu erfinden. Gehe ich richtig mit der Annahme, dass die Leute auch stets daran arbeiten, auch für die Pole neue Tricks zu erfinden?

Oh ja, auf jeden Fall. Ich habe einige aus meiner "eigenen Feder", und so, wie ich sie mache, kann das eigentlich nur ich.

Was sind das für Tricks?

Einer heißt The Spatchcock. Welcher, ich weiß nicht, ob du ihn gesehen hast, aber eben der, bei dem ich mich bei einem übergroßen Flip nur mit meinem Rücken und meinen Absätzen festhalte.

Vielleicht schon, aber ich müsste ihn mir noch mal ansehen.

Der andere heißt The Eagle. Ich bin unter meiner Gürtellinie sehr beweglich, deswegen kann ich Moves mit vielen Beugungen machen.

Wie funktioniert der?

Beim Eagle hat man das untere Bein um die Stange gehakt, dieses Bein ist schließlich dein vorderes, dann ziehst du das hintere Bein über deinen Kopf hinter den Pole, so dass man die Stange gewissermaßen teilt, aber eher gebeugt.

Wie findest du die Tricks? Ich meine, hast du schon einen Trick im Kopf, bevor du sowas ausprobierst?

Gewöhnlich bin ich mir ziemlich bewusst, wozu mein Körper fähig ist, also kommt man zu einem Punkt, wo man sich über sein Können sehr sicher ist, solange die Stange an der richtigen Stelle ist. Dann ist es nur noch eine Frage der Kreativität und des An-die-eigenen-Grenzen-Gehens.

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Arbeitest du gerade auch an irgendwelchen neuen Tricks?

Ja, tatsächlich.

Kannst du irgendwelche von denen offenlegen?

Ja! Ich versuche gerade, in der Grätsche zu starten, mich rückwärts zu beugen, mein Knie zu fassen und meinen Kopf an meinem Knie vorbeizuziehen. Dazu braucht es mehr an Beweglichkeit, als für alles andere. Jetzt muss ich das auf den Pole anwenden, also würde ich da auch auf dem Kopf stehen.

Du würdest auf dem Kopf stehen?

Ja. Mein hinteres Bein wäre unten und mein vorderes oben. Aber ich weiß noch nicht, ob das überhaupt möglich ist.

Ja, das hört sich überhaupt nicht möglich an. Andererseits hört sich das meiste, was du tust, unmöglich an, wenn man versucht es zu erklären.

(lebhaftes Lachen) Ja. Das stimmt wohl.