Bierduschen und Tribünenscheißer: Mein Jahr mit den Football-Kernassis der Bills Mafia
Photo by Kirsten Schollig/Elite Sports Tours​

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Buffalo Bills

Bierduschen und Tribünenscheißer: Mein Jahr mit den Football-Kernassis der Bills Mafia

Zu jedem Heimspiel der Buffalo Bills versammeln sich die ekelhaftesten, furchteinflößendsten und besoffensten Fans der NFL: Die Bills Mafia. Ein Logbuch des Schreckens.

Ich will ehrlich sein: Ich liebe den Geruch von Grillanzünder. Ich würde am liebsten sogar mein Müsli darin tränken, wenn das Zeug nicht so hochgiftig wäre. Darum war es für meine Sinne auch ein echtes Bonbon, als ich beim letzten Heimspiel der Buffalo Bills aus dem Bus ausstieg und mir in der kalten Winterluft eine strenge Note Grillanzünder entgegenschlug. Endlich wieder bei meinen Bills. Endlich wieder bei meinen Kernassis.

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Anfänger denken bei paraffinschwangerer Luft auf Stadionparkplätzen an eine stinknormale Tailgate-Party mit BBQ. Profis, deren Nase vor den Toren des Ralph Wilson Stadium geschult wurde, riechen noch viel mehr als Grillgut heraus. So zum Beispiel schmorendes Polyester. Wieso? Weil sich so manches Mitglied der Bills Mafia—eine berühmt-berüchtigte Fangruppe der Buffalo Bills—auch schon mal auf einen brennenden Tisch wirft. Also zweimal. Sowas Dämliches macht doch keiner? Hmm…

— boxxa (@boxxa)January 3, 2016

So sah es übrigens danach aus:

Schon Nelly Furtado sang einst „All Good Things Come to an End", und das gilt mittlerweile auch für die längste Happy-Hour Amerikas, den Parkplatz vor dem Ralph Wilson Stadium. Denn jetzt, wo in der NFL die Postseason losgeht, heißt es mal wieder „Schluss im Bus" für die Bills, deren letzte Playoff-Teilnahme fast 20 Jahre zurückliegt. Folglich musste die Hütte beim letzten Heimspiel so richtig brennen. Wie passend, dass die New York Jets zu Gast waren, samt ihrer kleinen Armee von eingebildeten Arschloch-Anhängern im Schlepptau. Da war es logischerweise nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Schneebälle in Richtung gegnerischer Fans fliegen mussten.

Nach dem Spiel kam dann die Racheaktion der Jets-Fans, die über den Parkplatz rannten und so viele Grills, wie sie nur konnten, umhauten. Darum flogen schon bald gefrorene Bierdosen auf die Störenfriede.

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Eine vorhersehbare Szene bei einem Bills-Heimspiel: Cops auf dem Weg, um einen Streit aufzulösen.

Eine wüste Schlägerei war die Folge, die erst von herbeieilenden Polizisten unter Kontrolle gebracht werden konnte. Ein passender Abschluss für eine überragende Saison als Bills-Fan (nicht aus sportlicher Sicht, versteht sich). Denn neben dem Typen, der seinen Allerwertesten zum Brennen brachte, gab es auch dieses Jahr wieder viele weitere Momente von herrlicher Idiotie. Dazu gehörten genauso Schneeskulpturen mit großer Ähnlichkeit zum männlichen Geschlechtsorgan wie extragut bestückte Schneemänner. Und natürlich der zehn Meter hohe Parkplatz-Schneeberg, den alle nur Mount Flushmore nannten. Kleiner Tipp an den Pechvogel, der sich unsanft auf die Nase packte: Wenn man schon versucht, einen Berg aus Schnee und Müll zu erklimmen, ist man immer—IMMER—gut beraten, das ohne Bierbüchse in der Hand zu tun.

Eine meiner Lieblingsszenen spielte sich aber in einem der Herren-WCs im Stadion ab. Das Spiel lief gerade, darum war nicht ganz so viel los. Zwei extrem besoffene „Bills Mafia"-Damen platzten plötzlich ins virile Pinkelgeschehen und schauten verwirrt aus der Wäsche.

Lady 1: Ich habe dir doch gesagt, das ist das Männerklo.
Lady 2: Das ist mir scheißegal, ich muss so krass pissen.
Vater mit seinem Sohn: Das ist die Männertoilette, meine Damen.
Lady 2: Das hat sie gerade gesagt. Das hat sie GERADE VERDAMMT NOCHMAL gesagt.

Eine Kabinentür geht auf und es kommt ein Mann zum Vorschein, der einen Gestank nach sich zieht, den man am ehesten in einem Leichenschauhaus erwarten würde. Lady 1 eilt in Richtung Kabine, wird aber von Lady 2 beiseite geschubst.

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Lady 2: Fick dich, Tanya. Ich muss viel doller pissen.

Dann lässt Lady 2 ihre Freundin wissen, dass der Sitz noch warm ist und dass es irgendwie „nach Arschloch stinkt".

An dieser Stelle beschloss ich, schnell das Weite zu suchen, bevor es noch verrückter werden würde.

Doch in einer ganzen Saison als Bills-Fan ist natürlich noch viel mehr passiert. Ich habe euch hier die schönsten Momente zusammengetragen. Momente voll Trinken und Trunkenheit, voll Krakeelen und Krawall, voll BBQ und Blödsinn.

Immer mit von der Partie: die Bills Mafia.

Bills/Pats

In diesem Spiel kam es zu dem in den USA „berühmt" gewordenen Publikumscheißer-Vorfall. Um besser zu verstehen, was sich genau ereignet hat, gebe ich euch kurz einen Dialog zwischen einem Polizisten und einem Sicherheitsmann wieder, den ich während des Spiels aufschnappen durfte.

Cop: Da unten ist also eine riesige Sauerei, ja? Hat ein Typ gekotzt?
Sicherheitsmann: Nein, hingeschissen.
Cop: Mitten auf der Tribüne? Niemals!
Sicherheitsmann: Ein Typ hat auf die Sitze geschissen. Vor allen anderen.
Cop: Jesus Christus. Einfach die Hose runtergelassen mitten im Publikum…
Sicherheitsmann: Du hast es verstanden.

Im Nachhinein liegt die Vermutung nahe, dass der Mann—höchstwahrscheinlich ein Hellseher—einfach nur auf besonders plastische Weise aufzeigen wollte, wie auch diese Saison wieder für die Bills ausgehen würde.

Im selben Spiel hat auch ein älterer Herr einem Jungspund die Zähne ausgeschlagen, weil Letzterer versucht hatte, ein paar selbstgeschmierte Sandwiches mitgehen zu lassen. Nicht mit mir, du Arschloch. Dein Zahnarzt wird es dir danken.

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Auch beim Spiel gegen die Bengals war mal wieder die Hölle los. Die Tailgate-Party begann schon mal damit, dass ein paar Tische durch die Luft flogen. Natürlich wurden auch wieder ein paar Grills umgestoßen, Nasenknochen verschoben und Bierduschen verteilt. Stichwort Bier: Es gab auch irgendwelche Weirdos, die der Meinung waren, sie müssten Gerstensaft aus dem (üppigen) Bauchnabel eines Homies schlürfen. Wohl bekomms.

Bills/Dolphins

Dass das Spiel gegen die Dolphins ein besonderes war, legt folgende Checkliste nahe:

  • Ein „Figure-Four Leglock"-Wettbewerb um eine Pulle Bier? Check.

Du weißt nicht, was ein „Figure-Four Leglock" ist? Wenn ich bitten dürfte, Herr Undertaker:

  • Ein Obdachloser, der einem Polizeibeamten direkt auf die Schuhe pisst? Check.

  • Zwei junge Frauen, die sich im Herrenklo unverblümt über/in/? ein Pissoir erleichtern, sehr zur Freude (?) der männlichen Klobesucher? Fettes Check.

  • XXL-Tunfischdosen, die auf die Köpfe von Dolphins-Fans fliegen? Check.

  • Eine Massenschlägerei mit 30 Personen, um einen Sieg der Bills gebührend zu feiern? Check.

Bills/Texans

Ach ja, das Spiel gegen die Texans… Sodom und Gomorrha at its best. Ein echtes Highlight: Der Kampf der Luchadores auf Schotteruntergrund! Das müssen die Fans der anderen NFL-Teams erstmal toppen! Auch überragend: Ein Trinkstiefel, der entwendet und in einem Dixie-Klo versenkt wurde, was zu einer der größten Schlägereien führte, die ich in den letzten Jahren gesehen habe (es waren nicht wenige). Sogar ein Polizeihubschrauber kam zum Einsatz.

Und weil Football-Fans auch nur Menschen sind und Menschen nun mal sexuelle Bedürfnisse haben, war klar, dass ich in einem Jahr Bills Mafia früher oder später (in diesem Fall früher) zwei zärtlichkeitsdürstende Personen auf der Ladefläche eines Pickups erwischen würde. Stoßdämpfercheck? Check!

Und natürlich ist noch viel mehr in all der Zeit passiert, weswegen ich es gar nicht erwarten kann, dass die neue Saison losgeht. Nur meine Leber hat's da nicht ganz so eilig wie ich: Die ist nämlich verdammt glücklich darüber, dass für die Bills die Saison immer vorzeitig beendet ist.

Alle Fotos von Kirsten Schollig/Elite Sports Tours