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FIGHTLAND

„Betrügerische Bastarde"—Irischer Boxer zeigt Ringrichtern nicht nur den verbalen Mittelfinger

Michael Conlan verlor höchst fragwürdig gegen seinen russischen Gegner. Er zeigte den Ringrichtern den Mittelfinger und kotzte sich im TV aus. Mehrere Berichte zeigen, dass er mit seinen Korruptionsvorwürfen Recht haben könnte.
Jason Getz-USA TODAY Sports

Beim olympischen Boxturnier knallte es erneut—wieder verbal. Diesmal sorgte der irische Boxer Michael Conlan für Aufsehen. Der Bronzemedaillengewinner von 2012 hatte im Viertelfinale der Klasse bis 56 kg gegen den Russen Wladimir Nikitin einstimmig nach Punkten verloren. Das irische Team sah sich selbst jedoch als rechtmäßiger Sieger. Conlan zog nach dem Urteilsspruch sein Trikot aus, streckte beide Mittelfinger aus und weigerte sich zudem, den Ring zu verlassen.

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„Ich war im ersten Gang und habe ihm die Ohren abgeboxt. Habt ihr sein Gesicht gesehen? Er hatte überall Cuts", sagte Conlan über über den zwischenzeitlich stark blutenden Nikitin. Für Conlan und sein Team war klar, wer für die Niederlage verantwortlich ist: „Die Punktrichter sind korrupt. So einfach ist das." Unmittelbar danach ließ er in einem TV-Interview seinem Frust freien Lauf und wetterte besonders gegen den Weltverband des Olympischen Boxsports AIBA (International Boxing Association).

Rant and a half by Michael Conlan #boxing pic.twitter.com/dJFtAavfVZ
— Conor Duffy. (@duffbag) August 16, 2016

Hier seine übersetzten Aussagen—falls ihr ihn wegen des irischen Einschlags und des intensiven Hasses in seinen Worten nicht versteht:

„AIBA sind verdammte Betrüger, so einfach ist das. Ich werde nie wieder für die AIBA boxen. Sie sind betrügerische Bastarde. Sie bezahlen jeden."

„Es ist mir scheißegal, dass ich im Fernsehen fluche."

„Ich war hier um Olympisches Gold zu gewinnen. Mein Traum wurde jetzt zerstört. Ich weiß, dass ich eine große Karriere vor mir habe. Die AIBA sind immer Betrüger gewesen."

„Amateurboxen stinkt vom Kern bis in die Spitze".

Für die meisten Beobachter erschien Conlan die erste Runde zu gewinnen, aber alle drei Richter sahen Nikitin als Sieger. Conlan gewann dann die zweite Runde, bevor die dritte wieder an den Russen ging. Seitdem geistern in den irischen Medien einige Verschwörungstheorien, um die Niederlage von Conlan.

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Auch wenn sich Conlan stark nach einem schlechten Verlierer anhört, sind seine Vorwürfe nicht aus der Luft gegriffen. Schon vor dem Kampf befürchtete das irische Team um den 24-Jährigen, dass sie Opfer einer fragwürdigen Entscheidung werden könnten. Der Vater des anderen irischen Boxers Paddy Barnes erklärte dem irischen Sportblog Joe gar, dass ihm das russischen Team schon vorher sagte, dass sie von ihrem bereits feststehenden Sieg wüssten. Die Korruptionsvorwürfe ziehen sich wie ein roter Faden durch das olympische Boxturnier.

Schon im Schwergewichts-Finale am Montagabend gewann der russische Kämpfer Evgeny Tischtschenko am Ende nach einer ebenfalls mehr als umstrittenen Entscheidung der Punktrichter gegen den Kasachstan Vasily Levitt. Daraufhin wurde der Russe wurde vor Ort vom Publikum ausgebuht. „Wie der Kasache war auch Conlan der Willkür der Richter unterworfen", erklärte Team Conlan. Auch die irische Boxerin Katie Taylor, Olympiasiegerin von London, verlor nach einer durchaus strittigen Entscheidung der Punktrichter. Ihr Trainer Eddie Bolger nährte daraufhin ebenfalls die Korruptionsvorwürfe:

„Es liegt an euch [in den Medien zu berichten], dass dies geschieht, weil dies oft passiert. Es passiert immer öfter… Dieser Kampf war nicht einmal eng. Sie können es eng machen und so tun als ob, aber es war nicht eng. Es ist eine schockierende Entscheidung und alle wissen es."

Doch nicht nur die zahlreichen Sportler und Fans beschuldigen den olympischen Boxverband. Schon vor (!) Olympia gab es Indizien für einen möglichen Manipulationsskandal beim olympischen Boxturnier. Der renommierten britischen Zeitung Guardian wurde von mehreren Verantwortlichen der AIBA anonym bestätigt, dass zahlreiche Kämpfe—unter anderem jene bei der Vergabe der Medaillen—verschoben werden könnten. Ein Verantwortlicher des Verbandes wurde von dem Blatt anonym zitiert, dass es „keine Zweifel" gebe, dass einige Ring- sowie Punktrichter „korrupt sein werden". Laut dem Informanten soll es vor großen Turnieren üblich sein, dass die Ringrichter vorab entscheiden würden, wie einzelne Kämpfe auszugehen hätten und welche Punktrichter welche Kämpfe werten sollten. Der Verband AIBA wies die Vorwürfe zurück und erklärte nun breit und bündig seine Entscheidungsfindung bei den Kämpfen.

Hey Vlad @PutinRF_Eng How much did they charge you bro?? @AIBA_Boxing #Rio2016
— Michael Conlan (@mickconlan11) 16. August 2016

Während Conlan seiner Wut weiter freien Lauf ließ und sogar den russischen Präsidenten Wladimir Putin über Twitter eine Mittäterschaft in das Urteil der Punktrichter vorwarf („Hey Vlad, wie viel haben sie dir berechnet?"), gehen einige Iren sogar noch weiter: Ein Wettanbieter zahlt nicht nur die Wetten auf Conlans Sieg gegen Nikitin aus, sondern auch für eine Goldmedaille für den Iren. Den scheinbar korrupten olympischen Boxsport wird das aber wenig helfen…

We're paying out on Michael Conlan to win #Gold at #Rio2016 & to win his fight today against Nikitin after that shocking decision. #Justice
— Paddy Power (@paddypower) August 16, 2016