Das Beschmieren und Beschädigen von Wahlplakaten ist kein neues Phänomen – und als Sachbeschädigung natürlich immer noch strafbar. Trotzdem hat es sich in diesen Zeiten der fokussierten Blödheit und des forcierten Dirty-Campaignings, die wir Wahlkampf nennen, zu einer Art Kunstform oder Volkssport entwickelt. Die Grenzen zwischen Vandalismus und Wählerfrust beziehungsweise freier Meinungsäußerung sind hier so fließend wie sonst kaum wo.
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Eine Sache hat sich aber im Lauf der letzten Wahlkämpfe doch geändert, zumindest in Österreich: Während in Deutschland deutlich mehr Wahlplakate als bei den letzten Bundestagswahlen zerstört wurden, setzt in Österreich im Vergleich zu den vergangenen Wahlaktionen langsam Resignation ein.Kein "Fut" mehr auf Strolz' Stirn, kein "Fettarsch – füttern verboten" wie über Häupls Antlitz, keine kreativen, großflächigen Sprayer- oder Überklebe-Aktionen wie noch bei der Wien-Wahl 2015. Und damals wurde nur der Landtag gewählt! In einem Wahlkampf, der vergleichsweise gesittet ablief!
Vielleicht ist genau das die Erklärung: Diesmal war die Politik selbst so unsauber, dass wir gar keinen Anlass mehr hatten, uns auszutoben. Und vergesst nicht, dass wir mit der Bundespräsidentschaftswahl 2016 gerade erst fast ein volles Jahr Wahlkampf hinter uns gebracht haben. So etwas kann schon an die Substanz gehen.Auffällig ist jedenfalls, mit wie wenig Inbrunst hier vorrangig ÖVP-Plakate beschmiert wurden. Das Aufwendigste ist schon ein "F"-Aufkleber, der aus Kurz "Furz" macht. Ein paar Erkenntnisse lassen sich trotzdem aus den "Bearbeitungen" ziehen.
Zum Beispiel: Wenn man in Österreich jemanden diskreditieren will, macht man das am Effizientesten immer noch durch Anspielungen auf sexuelle Devianzen oder verschwörungstheoretische Unterstellungen. Oder: Wer "Jetzt oder nie" fragt, muss eben auch mit einem "Nie" als Antwort rechnen. So ist das, wenn man den Leuten die Wahl lässt. Wir hoffen, dass Sebastian Kurz daraus nicht die falschen Schlüsse zieht.
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Eine umfangreiche Sammlung verunstalteter Wahlplakate hat übrigens das Institut für Graffiti-Forschung zusammengestellt – hier findet ihr mehr dazu.