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Diese Zürcher Wohnungen gehen vorrangig an LGBTQs – was LGBTQs davon halten

"Wenn sich auf eine 2.5-Zimmer-Wohnung zwei Männer bewerben, gehen wir davon aus, dass sie schwul sind", erklärt die Genossenschaft Kalkbreite.
Bild: Enzmann Fischer Partner AG | Genossenschaft Zollstrasse | OpenClipart-Vectors | Pixabay| Public Domain

Um in der Stadt Zürich eine Wohnung zu erhalten, reicht es nicht mehr, einfach einen Betreibungsregisterauszug und genügend Einkommen vorzuweisen. Wie der ideale Mieter in der Stadt Zürich aussehen könnte, zeigt ein Arbeitspapier der Genossenschaft Kalkbreite. Den perfekten Bewohnermix stellen sich die Mitglieder der Genossenschaft so vor: 30 Prozent Bewohner mit tiefem Sozialstatus, 33 Prozent Ausländer, die "sicht-, les- und hörbar" anders sind, 20 Prozent, die mit dem Velo zur Arbeit fahren. Ausserdem möchte die Genossenschaft auch, dass 5 Prozent der Bewohner Kinder mit alleinerziehenden Eltern sind, 5 Prozent Arbeitslose, 5 Prozent Behinderte, 5 Prozent "LGBTQ-Paare" sowie 1 Prozent Menschen mit "non-binärer Geschlechtsidentität". Wie der Tagesanzeiger schreibt, handelt es sich beim Dokument um einen Vorschlag für die möglichen zukünftigen Bewohner des Zollhauses, eine Wohnsiedlung zwischen Langstrasse und Hauptbahnhof.

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René Schegg, der Geschäftsleiter von Pink Cross, sagt zu VICE: "Das ist eine Art der positiven Diskriminierung, die dazu führen kann, dass Neid auf eine Minderheit entsteht." Grundsätzlich begrüssen sie aber das Vorgehen im Zollhaus. "Sexuelle Orientierung ist nicht nur Privatsache." Es könne auch hilfreich sein, sich vor dem Vermieter zu outen. Wenn es aber einen Zwang zum Outing gäbe, sei das ein Problem. Nina Schneider, Projektleitung Nutzung und Partizipation Zollhaus, versichert auf Anfrage von VICE: "Diese Dinge können und dürfen wir nicht erfragen." Auch der LGBTQ-Verein Milchjugend begrüsst die Massnahmen vom Zollhaus: "Für Menschen, die in irgendeiner Form nicht der Norm entsprechen, ist es schwieriger, eine Wohnung zu finden. Ausserdem gibt es immer Kriterien für die Wohnungsvergabe."

Wie die Genossenschaft herausfinden will, wer diesen Kriterien entspricht, erklärt Nina Schmid: "Wir haben relativ grosse 2.5-Zimmer-Wohnungen, mit einem Schlaf- und einem Wohnzimmer. Wenn sich darauf zwei Männer bewerben, gehen wir davon aus, dass es sich um ein schwules Paar handelt." Gerade schwule Männer hätten auf dem Wohnungsmarkt weniger Chancen, weshalb sie gewisse Bevölkerungsgruppen bevorzugen. Wie Nina Schneider vom Zollhaus sagt, soll etwa die 2.5-Zimmer-Wohnung zwischen 1.000 und 1.500 Franken ohne NK kosten.

"Es ist schon ein wenig lustig, weil es eine positive Diskriminierung einer Genossenschaft gegen die Gentrifizierung eines Quartiers ist", sagt Pierre Zwahlen, Mediensprecher vom Mieterverband Schweiz. Normalerweise sei es die Vermieterseite, die durch das Geld diskriminiere. "Diese Entwicklung ist positiv für das Quartier, könnte aber Konsequenzen für die Privatsphäre der Mieter haben", ergänzt Zwahlen. Wie die Genossenschaft die sexuelle Orientierung abschliessend feststellen will, ist aber nicht ganz klar. Wie unsere Recherchen ergeben, leben in der Stadt Zürich rund 10.700 Menschen in einer gleichgeschlechtlichen Wohngemeinschaft, ohne in einer Beziehung zu sein.

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