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Popkultur

Wir haben nach Jahren endlich die gesamte Süddeutsche Cinemathek durchgearbeitet

Wir haben die ganze Filmklassikersammlung geschaut, während sie bei euch im Regal verstaubt. Das sind unsere Top 10s aus 100.

Foto: VICE Media

Vor mehr als 2 Jahren stellten mein guter Kumpel Christian Krisper und ich mit Entsetzen—sowie Vodka Red Bulls in den Händen—fest, dass unser wöchentlicher TV-Trash-Fixpunkt Saturday Night Fever zu seinem Staffelfinale gekommen war. Nach einer kurzen Phase des Schocks habe ich allerdings dann die regenbogenfarbene DVD-Serie im Regal neben mir entdeckt, die etwas verschämt versteckt eingeordnet und teilweise noch in ihrer Originalverpackung war. Christian meinte, dass es sich um die SZ-Cinemathek handle—wie ihr wahrscheinlich eh schon erraten habt—und er diese während des Studiums beim Abo der Süddeutschen Zeitung miterstanden hätte. Aber alle Filme daraus nacheinander zu schauen stelle einfach ein zu großes Projekt dar.

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In genau dieser Sekunde war die Idee geboren und da es sowieso an der Zeit war nach all diesem Wahnsinn mit Molti, Tara und Spatzl „wieder etwas Kultur in uns aufzunehmen, begannen wir mit diesem ambitionierten Cinemarathon. Die Regeln sind einfach: Jede Woche ein Film, von 1–100 durch und ohne Ausnahmen. Und natürlich in der Originalsprache!

Filmabend statt Beach-Party, Oida.

Man mag es kaum für möglich halten, aber wir haben durchgehalten. Nur für euch sind wir mit den 100 SZ-Filmen durch, damit ihr nicht auch die volle Liste durchschauen müsst und euch an unserer Top 10 Liste orientieren könnt. Naja, vielleicht haben wir auch einfach einen Grund gebraucht um uns zu treffen, auf der Couch Filme zu schauen und dabei Unmengen an Geilheiten zu essen. Nach der überschwänglichen Freude den 2-jährigen Marathon geschafft zu haben, sind unsere beiden Top 10 Listen (No Particular Order) entstanden. Gute Unterhaltung!

Steffis 10 aus 100

Il gattopardo (Der Leopard) von Luchino Visconti ist gleich der erste Titel auf meiner Liste und zufälligerweise auch Nummer Eins in der SZ-Cinemathek. Vorerst hat dieser Film einen kurzen Moment der Skepsis ausgelöst. Eine Länge von über drei Stunden verheißt meistens nichts Gutes. Trotzdem ist mir die italienische Familiensaga nicht langweilig geworden und mich hat auch nicht der Schlaf überwältigt—das ist bei dem einen oder anderen Mal dann schon auch vorgekommen. Gut, den haben wir auch am Nachmittag geschaut. Auf jeden Fall verdienen Claudia Cardinales Tränen und Burt Lancaster als Power-Patriarch einen Platz in den Top 10.

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Mein Bruder hat damals als Kind verbotenerweise Terminator II von James Cameron gesehen und meine Mutter hat die Schwarzenegger-Roboter auf die schwarze Liste der Heimunterhaltung gegeben. Darum habe ich auch vor unserem SZ-Marathonprojekt noch keinen der Terminatoren gesehen. Jetzt bin ich auch froh darüber, denn als Kind hätte mich dieser Film wohl eher traumatisiert—jetzt finde ich diesen Action-Klassiker großartig.

Ein Beispiel für große Sprechmomente der Filmgeschichte von dem am meisten imitierten Österreicher der Welt.

Ich mag Jim Jarmush und ich mag auch kurzweilige Episodenfilme. Also darf Night on Earth natürlich nicht fehlen auf meiner Liste. Besonders Winona Ryder als  kaugummikauende, rauchende Taxifahrerin in L.A. erfreut mein Herz auch noch nach 100 Mal Schauen.

Zu Beginn von Harold and Maude haben mich Harolds unzähligen „Selbstmordinszenierungen“ irgendwie genervt—und dennoch hat es Hal Ashby mit seiner unkonventionellen Liebesgeschichte am Ende doch irgendwie hinbekommen, mich zu berühren. Cause if you want to sing out, sing out, if you want to be free, be free …

„Ein Lastwagen wird über die Highways Kaliforniens gejagt. Um nicht zu sterben, muss er sich einem Duell mit dem unsichtbaren LKW-Fahrer stellen.“ Diese Beschreibung von Duel als eine 90-minütige Autoverfolgungsjagd ohne einen zusätzlichen Handlungsstrang, klang für mich im ersten Moment nicht sonderlich spannend. Ich wurde jedoch eines Besseren belehrt: Steven Spielberg hat mit seinem zuerst nur als TV-Film geplanten Frühwerk schon 1971 gezeigt, dass er ordentlich Talent hat.

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Lost in Translation von Sofia Coppola bedeutet ein einsames Tokyo, eine göttliche Scarlett Johanson und ein beim Karaoke Brian Ferry singender Bill Murray—Need I say more?

Ich habe mich lange gegen Breaking the Waves von Lars von Trier gesträubt—obwohl von allen Seiten kam, dass der „so arg und so super“ sein soll. Wahrscheinlich gerade deshalb mein Trotz. Ich hatte irgendwie Angst davor, dass er mich emotional zu sehr aufwühlen könnte. Jetzt im Nachhinein kann ich nur sagen: der Film und der Soundtrack SIND tatsächlich so arg und so super. Die schottische Küste samt religiösen klassischem Trier-Religionstrip haben überzeugt. Allen Menschen, die ihn noch nicht gesehen haben, kann ich jetzt auch angeberisch ins Gesicht sagen: Bitte anschauen!

Schwarzweiß-Filme sind für mich nicht unbedingt ein Garant für künstlerische Hochleistung oder ähnliche Qualitäten, weil ich komischerweise dazu neige, mich dann permament zu fragen, wie der Film denn wohl in Farbe aussehen würde—nicht so bei Night of the Hunter von Charles Laughton. Robert Mitchum schafft es mich an einem heißen Sommerabend als vermeintlicher Wanderprediger restlos und auch ohne Farbe zu bekehren.

活着, (Leben!) von Zang Yimoubietet hat gefühlt so viele Schicksalsschläge wie Filmminuten. Zeitweise war das echt schwer auszuhalten, weil diese Familiengeschichte so direkt menschliche Urängste thematisiert. Aber es war auch schön und ich musste nicht die GANZE Zeit durchheulen.

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Bleiben wir bei meinen Emo-Momenten. Ich hätte nie gedacht, dass Josef Hader eine Träne in mir erweckt. Tja, mit Indien von Paul Harather bin ich wohl falsch gelegen. Aber zumindest konnte ich in der ersten Hälfte des Films auch herzhaft lachen. Meine Lieblingstextstelle ist von Dorfer: „So draußen sitzen in der warmen Luft, ein bissl tanzen, ein bissl ausflippen.“ Grund warum der Spruch super ist, weil „ausflippen“ sich definitiv wieder mehr in unserem Sprachgebrauch einbürgern sollte.

Alien von Ridley Scott. Der Moment in dem das kleine Ding aus dem Bauch herauskommt—oder wie Christian sagen würde „seine Lieblingsszene der Filmgeschichte“—ist und bleibt wie der ganze Film einfach ein Meisterwerk.

Christians 10 aus 100

Mir ist egal, wenn ich mich wiederhole. Alien unddessen (Aus-)Geburt wird für alle Zeiten und mit weitem Abstand meine Lieblingsszene der Filmgeschichte bleiben. Ridley Scotts Meilenstein des Sci-Fi-Genres ist für mich einer der atmosphärisch dichtesten Werke, das mich jedes Mal aufs Neue packt und auch einfach nicht alt wird. Auch Sigourney Weaver ist definitiv ein großes Plus—gerade in unserer männlich dominierten, popkulturellen Actionheldengeschichte!

Terrence Malicks sorgt ja bekanntlich immer für buchstäblich großes Kino. Badlands ist New Hollywood par excellence und bis dato einer der wunderbarsten Coming-of-Age-Filme überhaupt.

Antonionis Blow Up, dieses Wunderwerk von einem Film, habe ich das erste Mal mit circa 16 Jahren im Zeichenunterricht gesehen—Kudos an meine BE-Professorin. Mein Verständnis von Kunstkino wurde wohl generell erstmals gekitzelt und für immer geprägt. Die grundphilosophische Frage von Sein und Schein, aufgearbeitet mit dem Medium Film, ist für mich bis heute eines der spannendsten Themen. Außerdem haben wir da noch ein London in den 60ern, eine Vanessa Redgrave UND David Hemmings!

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Wenn Crouching Tiger, Hidden Dragon auch ein sehr in Richtung Hollywood gehender Martial Arts Film ist, sind das wohl die schönsten visuellen Erlebnisse, die das moderne Kino zu bieten hat. Die Leichtigkeit, mit der die Figuren durch Luft und Wolken schweben und Ballett-artig ihre Körper kämpfen lassen entspricht der gleichen Leichtigkeit, mit der Ang Lee diese epochale Story von Leben und Ehre erzählt.

Als Chinesen zum Jahrtausendwechsel fliegen lernten.

Fargo von den Coen Brothers ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Ja ok, nicht nur Steffi weiß, das sage ich oft und habe ich in dieser Reihe von 100 Filmen besonders OFT gesagt, aber in diesem Fall meine ich es ganz ganz wirklich so! Ich kenne kaum ein besser geschriebenes Drehbuch, das perfekt inszeniert und beeindruckend gespielt eine komplett unerwartete Alltags-Crime-Saga im Schnee von Minnesota zum Leben erweckt.

Wie Steffi bekomme ich bei Night of the Hunter Robert Mitchum, seinem Blick, der Musik, der Love/Hate Beziehung und der kunstvollen Schwarzweiß-Bildsprache weiche Knie. Aber nicht aus Verzückung, denn das eben Aufgezählte lässt mir genauso Schauer über den Rücken laufen. Und tätowierte Finger tragen auch ihren Teil dazu bei.

Ähnlich wie bei Steffi sind auch meine Terminator-Erfahrungen sehr geprägt von Kindheitserinnerungen. Terminator II ist ein verbotenes Früchtchen wie sonst nur noch The Silence of the Lambs, das vermutlich genau deshalb so lange noch nachhallt und tief sitzt. Keiner versteht es so gut wie James Cameron, Action und Science-Fiction zu verbinden. Kult.

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„What do you think you are, Chrissake, crazy or somethin'? Well, you're not! You're not! You're no crazier than the average asshole out walkin' around on the streets and that's it.“

Bei zwei Themen von Geschichte(n) springe ich grundsätzlich immer an: Nazis und Irrenhaus. Mit Nurse Pratchett haben wir quasi ersteres in zweitem und somit alle Voraussetzungen erfüllt. Ken Kesseys One Flew Over the Cuckoo’s Nest, die LSD geprägte Parabel von der Rebellion einer Generation wird von Milos Forman zu einem mutigen und zutiefst schönen Film gemacht, der den Zeitgeist der 68er perfekt widerspiegelt.

Ja, meine Vorliebe für Genrefilme dürfte bereits durchgesickert sein. Michael Mann halte ich für einen der besten und unterschätztesten Regisseure unserer Zeit. Heat ist sein offensichtliches Meisterwerk. Drei Stunden Spannung und Action auf höchstem Niveau, untermauert mit dem ersten direkten Zusammentreffen der Schauspieler-Supergiganten Pacino und de Niro an einem Esstisch.

Jackie Brown ist für mich der beste Film von Tarantino. Diese Pam Grier, dieser Soundtrack, dieses L.A.—einfach alles spielt perfekt zusammen.

Jetzt müssen wir aber eine neue Liste finden, die uns den Anspruch dieser Cinemathek und natürlich den von Saturday Night Fever ersetzen kann. Aber jetzt wissen wir wenigstens wovon wir reden.

Christian auf Twitter: @chkrisp
Stefanie auf Twitter: @tomoegozen16