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Sex

Warum wir Männer uns mehr Gedanken über unser Sperma machen sollten

Euer Sperma ist nämlich vielleicht gar nicht so toll, wie ihr denkt.

Titelfoto: imago | Stefan Hässler 

Geil, denken wir, wenn unser Sperma in oder auf den Körper unseres Partners oder unserer Partnerin spritzt. Geil, denken wir, wenn unser Sperma in einem Mund landet. Geil, denken wir (im Idealfall), wenn aus unserem Sperma mal ein Kind wird. Aber was, wenn unser Sperma nicht geil genug ist?

Wie gut es ist, werden wir bald feststellen können. Demnächst sollen Männer für vier Euro einen Smartphone-Aufsatz kaufen können, mit dem sie ganz unkompliziert die Qualität ihres Spermas messen können. Dafür muss sich der Mann nur in Ruhe im heimischen Bett einen keulen (oder einen gekeult bekommen), das Sperma durch eine Pipette auf einen Einweg-Chip saugen und in den Aufsatz stecken. Dort untersucht die Smartphone-Kamera innerhalb von fünf Sekunden die Konzentration und Beweglichkeit der Spermien. Die US-Wissenschaftler, die das Gerät erfunden haben, stufen die Genauigkeit nach 350 Tests auf 98 Prozent ein – nur in acht Fällen täuschte sich das Gerät. Der Schnelltest ersetzt damit natürlich nicht die ärztliche Labordiagnose, doch für eine erste Orientierung, wie es um das eigene Sperma steht, scheint es ausreichend.

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Männliche Unfruchtbarkeit ist mit extremer Angst und verdammt viel Scham besetzt. Ein Mann, der sich fortpflanzen will, aber nicht kann, fühlt sich oft nicht mehr wie ein ganzer Mann. Das liegt auch daran, dass quasi alle Männer mit der Annahme durchs Leben schreiten, das eigene Sperma sei schon gut genug sei, um irgendwann eine Familie zu gründen. Dieser Schutzmechanismus á la "Ich bin ein geiler Stecher" befeuert das Männerbild, in dem die Männlichkeit an der strammen Latte oder den fruchtbaren Lucky-Luke-Cumshots bemessen wird.

Gefühlt hat kaum ein junger Mann je eine Urologen-Praxis von innen gesehen. Auch aus Angst, dass der Arzt sagt, da unten läuft irgendwas nicht richtig. Aus Angst, die Manneskraft abgesprochen zu bekommen. Aus Angst, seine Eier zu oft in die heiße Wanne gehangen zu haben oder zu lange Netflix mit Laptop auf dem Schoß geguckt zu haben. All diese Ängste machen das Testen des eigenen Spermas zur Mutprobe. Verstärkt wird die Hürde natürlich auch durch die demütigende Masturbationssitzung in einer sterilen Arztpraxis mit abgegriffenen Sexzeitschriften. Der neue Schnelltest könnte Männern jetzt ohne Scham Gewissheit über ihr Sperma bringen.

Was wollen wir Männer eigentlich nicht so genau wissen? Zum Beispiel, dass 10 bis 15 Prozent aller deutschen Paare ungewollt kinderlos sind. Bei mehr als sechs Millionen Menschen in Deutschland klappt es nicht mit der Schwangerschaft. Oft wird dann vermutet, dass die Frau unfruchtbar ist. Dabei liegt es zu gleichen Teilen am Mann wie an der Frau. Eine gestörte Spermienproduktion kann viele Gründe haben: frühere Krankheiten, Entzündungen, genetische Defekte aber auch Rauchen, Alkohol, Drogen, Umweltgifte, Stress oder stundenlanges Eierwärmen auf der Autositzheizung.

Außerdem tickt auch für Männer die "biologische Uhr". Je älter ein Mann ist, desto unbeweglicher werden seine Spermien. Auch wird das Immunsystem mit dem Alter schwächer: Das Aussortieren schadhafter Spermien funktioniert ab 35 weniger fehlerfrei. Dadurch steigt die Gefahr, dass das Kind wegen fehlerhafter Gene krank auf die Welt kommt.

Wir Männer sollten uns mehr Gedanken über unser Sperma machen – und uns den Schnelltest besorgen, wenn er auf den deutschen Markt kommt. Nicht nur, weil wir dann wissen, ob die Kinderlosigkeit an uns liegt, ob wir uns besser beeilen sollten mit dem Kinderkriegen oder ob wir überhaupt mit welchen planen können. Auch weil wir, indem wir unser Sperma besser kennenlernen, unseren "Alles ist geil"-Ansatz verlieren. Das hilft den Männern, bei denen nicht alles geil ist, sich nicht wie Versager zu fühlen und offener über ihre Unfruchtbarkeit reden zu können. Unser Sperma ist halt nicht immer so geil, wie wir denken.

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