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Finger zeigen, Stil beweisen

Das Who-is-Who der Nahrungskette im Zürcher Stadtverkehr.

Tramfahrer: Vill z’vill.

Gestern fuhr ich Tram. Am Escherwyss-Platz gab es einen Chauffeurwechsel. Die Tramführer hielten einen kurzen Tratsch: „Du gäll, det obe git’s dänn e Verschiebig vo de Haltestell“ – „Sicher?“ – „Ja, wäg dere huere Baustell. Muesch dänn gnueg wiit füre fahre, susch khejäd’s där is Loch hä hä.“ – „Hä hä, ja isch in Ornig.“

Diese von mir bezeugte Konversation soll verdeutlichen, was dem geneigten Leser – ist er denn schon einmal in Zürich mit der VBZ gefahren – ohnehin klar sein sollte: Es sprechen nur zwei Gründe dafür, weshalb Menschen in dieser Stadt den öffentlichen Verkehr nutzen. Ihnen ist entweder gerade der Führerschein abgenommen oder das Fahrrad gestohlen worden. Oder, auch okay: es regnet wie bekloppt.

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Tramfahren ist zu teuer. Schwarzfahren ist noch teurer. Keiner fährt gerne mit der Tram zur Arbeit. Deshalb machen morgens alle lange Gesichter. Und haben Mundgeruch. Dafür sind sie abends verschwitzt oder stockbetrunken. Gerne kichern im Speziellen pubertierende Tramfahrer mit ihren Tramfahrerfreundinnen unaufhörlich. Oder erwachsene verheiratete Tramfahrer erzählen ihren privaten Scheiss für alle hörbar oder schreien einfach sonstwie in ihr iPhone.

Stil haben sie keinen, das muss man ihnen lassen, den VBZlern.

Autofahrer: Die Plattmacher.

Auch bei den Autofahrern kommt es gerne mal zu Interaktionen mit den anderen Verkehrsteilnehmern. Für die Autofahrer kann ein solch zwischenmenschlicher Austausch jedoch eine besonders erquickliche Abwechslung darstellen. Es gilt: Hart aber fair. Der Stärkere möge gewinnen.

Eine beliebte Form von spielerischer Annäherung zwischen Autofahrer und Velofahrer ist das Anpirschen, ihn um Haaresbreite überholen und auf Augenhöhe loshupen oder anstupsen. Mit etwas Routine hat man bald das richtige Timing raus und die Radfahrer purzeln vor Schreck nur so dem Veloweg entlang verstreut aus dem Sattel.

Zwei Faustregeln gilt es für den Autofahrer zu befolgen. Fall 1: der Radfahrer ist grösser und/oder stärker. Hier gilt es, sofort alle Türen von innen zu verriegeln und umgehend die Scheiben hochzufahren. Jetzt kann sorglos von drinnen wild gestikuliert und pantomimisch geschrien und geflucht werden (Mimik ist hier entscheidender als der Ton). Der zweite Fall: Der Radfahrer ist kleiner und/oder schwächer. Hier kann die Scheibe heruntergelassen, die Faust und der Stinkefinger gezeigt werden, wild aus dem Inneren des Wagens herausgefuchtelt und lautmalerisch unterstrichen werden. Bei einem besonders schwächlichen Fahrradfahrer (z. B. einem Vegetarier, zu erkennen an seiner kränklichen Bleiche) kann man das Opfer auch am Hemdsärmel packen und ein bisschen dran zupfen. Tipp: Versicherungstechnisch empfiehlt es sich, loszulassen, bevor er auf die Schnauze fällt und/oder sich die Polizei in Sichtweite befindet.

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Foto von: Flickr; Mighty Priate Threepwood; CC BY 2.0

Eh alles Affen.

Praktisch: Tempobeschränkungen sind für Autofahrer reine Empfehlungen und müssen daher nicht zwingend eingehalten werden. Was jedoch zweifellos zu den Pflichten eines jeden Autofahrers gehört, ist es, für ein ungehindertes Vorankommen des automobilen Kollektivs zu sorgen. Dies ist angezeigt bei: Schleichern, Mobility-Fahrern, (unattraktiven oder älteren) Damen oder sonstigen Sonntagsfahrern. Auffahren, unermüdlicher Einsatz der Lichthupe, sanfte Drohgebärden sowie Autorität einflössende Grimassen gehören hier zu den empfohlenen Soft-Massnahmen. Merke: Wir fahren schliesslich nicht nur zum Spass Auto. Ausser wir haben einen Audi oder einen BMW oder ein Aargauer Nummernschild.

Erst schlagen, dann fragen: Nur die Schwachen wollen reden.

Fussgänger: Nicht ernst zu nehmen (keine 0,5 PS)

Das Schlimmste an den Fussgängern ist: sie kommen prinzipiell immer im falschen Moment. Dauernd und absichtlich. Sie tummeln sich auf Zebrastreifen, rudeln sich zusammen und bewegen sich komplett koordinationslos und unberechenbar in alle Richtungen. Sie verfügen noch nicht einmal über einen Airbag, der aufpoppen würde wenn man drankäme. Logisch provozieren sie mit ihrem opferhaften Erscheinen jeden SUV-Fahrer. Der lacht sich bei jeder Zebrastreiferin (Schweizer Gleichstellungsgrammatik) ins Fäustchen und denkt: „Dir mach ich Beine, du Ampelknopfdrücker! HA! Da kommst du flach raus, du Schnecke.“

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Velofahrer: die hotten Rebellen.

Die attraktivsten, intelligentesten und unwiderstehlichsten aller Verkehrsteilnehmer sind die Velofahrer. Wobei Trottoir-Fahrer, Elektrovelofahrer und Fixie-Hipster nicht dazu zählen.

Mit diesen Asphalt-Spalter-Heels brauchst du nie mehr Bremsen an deinem Rad. Und auch nur ein ganz kleines Hirn.

Velofahrer sind grundsätzlich alle ein bisschen „dure bi rot“ Sie haben einen Dachschaden. Das macht aber nichts. Einen Teil machen sie mit ihrem unwiderstehlichen Charme wieder gut. Den Rest mit ihren knackigen Füdlis und kräftigen Wädlis. Unterm Strich: Velofahrer sind gut fürs Stadtbild und die Durchblutung und das Adrenalin. Somit sind sie gut für alle.

Als Radfahrer kann es hin und wieder passieren, dass man eine sich spontan öffnende Autotür am Strassenrand mitnimmt. Solche Peinlichkeiten passieren jedoch vor allem den rein statistisch zu den Velofahrern gehörenden Hipstern. Weil sie vergessen, Bremsen an ihrem Fahrrad montieren zu lassen. Selber schuld, und: Strafe muss sein.

Wie jeder in Zürich hat auch ein Randgruppenmitglied wie ein Hipster grundsätzlich eine geringe Chance, sich in der Szene zu bewähren. Dafür soll er aber einen guten Preis zahlen und nicht per se Respekt erwarten. Schon gar nicht aufgrund seines avantgardistischen Stils oder einer ähnlichen selbstgemachten Illusion. Zürcher Szenis und Velofahrer sind schliesslich nicht käuflich, Anerkennung will erkämpft sein. So ist das Leben, und so ist diese Stadt: Zwei alte Hafenschlampen.

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No comment.

Apropos Existenzen und andere Schlampen: Bedenkenlos von allen anderen zu überfahren sind: Inlineskater. Dieses Wochenende bringen uns ÖV, Audi oder Fixi da hin:

Donnerstag:

Gehen wir ins Pop Up Restaurantheisst der empfehlenswerte Anlass. Anmelden kannst du dich hier(www.summer-hub.ch.) am ZSG Werft am Mythenquai 333 in Zürich."Pret a Diner" .

Freitag:

Schauen wir uns die Erzeugnisse der emsigen ZHdK Studenten an und zwar hier. Danach gehen wir mit denen feiern ins Longstreet.

Samstag:

Ist 5 Jahre Jackmode im Hive.

Sonntag:

Schaust du dir bei scheiss Wetter „Black Mirror“  an. Wenigstens die erste Folge, aber wahrscheinlich alle. Oder wir gehen ans Cinema Unlimited in Frau Gerolds Garten und ziehen uns ein paar Klassiker rein. Das gilt auch für Montag.

Bei gutem Wetter legst du dich nackt in die Mitte einer riesigen selbstgebastelten Sattelitenschüssel aus Alufolie, Resten einer Discokugel und ähnlichem Glitzerzeug aufs Dach, um so viele Sonnenstrahlen auf dir zu vereinen wie überhaupt menschenmöglich, denn als in der Schweiz lebende Person weisst du mittlerweile mit Sicherheit: Die Sonne existiert schon lange nicht mehr, die Regierung lässt nur ab und zu eine Art Hologramm am Himmel erscheinen um zu verhindern dass wir uns Haufenweise über die nächste Klippe stürzen. Das bisschen abstrahlende Solarenergie muss also genutzt werden.

Wir verlosen Tickets – und zwar dort, wo sie gebraucht werden. Einfach eine Mail mit Betreff: „Scheiss Wätter und huere Baustell“ und einer Begründung an: till@viceland.ch schicken!