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Astronautennahrung

Russische Astronautennahrung für das Fußvolk

Du kannst jetzt die gleichen Nahrungsmittel aus der Tube kaufen, von denen sich die russischen Kosmonauten im Weltraum ernähren. Wieso sind wir aber überhaupt so besessen von Astronautennahrung? Und essen sie da oben eigentlich wirklich...
Hilary Pollack
Los Angeles, US

Für die Kinder der 80er und 90er gab es kaum etwas Schöneres als die Freude, trockengefrorenes „Eis" zu essen, obwohl es ganz offensichtlich richtigem Eis in so ziemlich allen Belangen unterlegen war. Klar, man muss es nicht einfrieren, aber es hat eine kreidige Konsistenz, ist krümelig, fühlt sich an wie Fingernägel auf einer Tafel und hinterlässt einen unangenehmen Film auf der Zunge. Und komischerweise gibt es nur Fürst-Prückler-Eis, keine anderen Geschmacksrichtungen.

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Liegt es daran, dass Fürst-Prückler-Eis einfach aus besonders diplomatischen Eiscremesorten gemacht wird? Was ist mit Oreo-Eis? Glücklicherweise gibt es wenigstens die—wenn auch weniger bekannte—Sorte Pfefferminz-Chocolate Chip in Austronautenausführung.

Photo via Flickr user Ruth Hartnup

Astronauteneiscreme. Foto: Ruth Hartnup via Flickr

Trotz der Eigenheiten und Makel ist weltraumfreundliches Eis bis heute noch sehr beliebt. Warum? Ganz klar, wegen der Sci-Fi-Wirkung. Obwohl Astronauten heute nicht mehr solche Superstars sind wie noch in den 60ern und 70ern, fasziniert uns ihr eigenartiger High-Tech-Lifestyle in einem unbekanntem Raum unzählige Kilometer über der Erdoberfläche immer noch. Wir sehen sie als eine mutige, privilegierte und widerstandsfähige Gruppe von elitären Männern und Frauen. Sie erfahren Dinge, die sich der Durchschnittsmensch nicht einmal vorstellen kann und erleben Angst, Schönheit und existentielle Neugier auf einer komplett anderen Ebene.

Vielleicht mögen wir aber auch einfach neuartiges Essen.

Seit Anfang des Monats verkauft das Allrussische Ausstellungszentrum in Moskau, das mittlerweile in „Ausstellung der Errungenschaften der Volkswirtschaft" umbenannt wurde, die Nahrung der Raumfahrer an die normale Bevölkerung, die offenbar Heißhunger auf Essen hat, das salziger Zahnpasta sehr nahe kommt. Für 300 Rubel (ca. 4,30 Euro) erhält man eine Tube mit der gleichen Substanz, die die russischen Kosmonauten auf der internationalen Weltraumstation genießen (ist das das richtige Wort?).

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Solltest du also den Tubenfraß, den sonst nur Leute essen, die in schwereloser Umgebung keine andere Wahl haben, einem Standardmenü mit Messer und Gabel vorziehen, gibt es immerhin 11 verschiedene Kombinationen zur Auswahl. Einige davon wären mariniertes Fleisch mit Gemüse, ein Dessert aus Hüttenkäse mit Sanddornfrüchten oder Aprikosen-Apfel-Johannisbeer-Püree. Wer hätte das gedacht, Astronauten essen in ihren Monaten oder Jahren in der Erdumlaufbahn nicht zu jeder Mahlzeit Fürst-Prückl-Eis.

Und glücklicherweise beschränkt sich ihre Nahrung nicht nur auf Essen aus der Tube. Tuben sind zwar schon seit den ersten NASA-Weltraummissionen sehr beliebt, aber sie sind nur eine von vielen Verpackungsoptionen. Und Astronauten ernähren sich auch nicht nur von besserer Babynahrung. Spaghetti, Teriyaki-Rindfleisch, Cashew-Hühnchen, Hackbraten, Rührei und sogar Kokoskuchen sind einige der Menüoptionen, die beispielsweise den Amerikanern im Weltraum zur Auswahl stehen.

Die Russen bevorzugen Gulasch, Fisch, Bortscht (aus der Tube) und andere ihrer heimischen Speisen. Laut der amerikanischen Space Foundation haben auch andere Länder ihre Nationalgerichte für den Verzehr in der Schwerelosigkeit angepasst: „Als China 2003 das erste Mal eine Rakete ins All schoss, war der Astronaut Yang Liwei mit yuxiang-Schweinefleisch, Kung Pao-Hähnchen, Reis und chinesischem Kräutertee ausgestattet. Die Japaner schicken ihren Astronauten Sushi, Ramen, Yokan und Reis mit Ume."

Das Wichtigste bei Astronautennahrung ist, den Bedarf an Utensilien zu minimieren—oder das Risiko, das Raumschiff abzufackeln.

Das Smithsonian-Magazin merkt an, dass „in der hochentzündlichen, sauerstoffreichen Umgebung eines Raumfahrzeugs kein Risiko bestehen darf, dass eine Verpackung einen Funken wirft. Bekanntermaßen schmuggelte der Pilot John W. Young ein Sandwich mit gepökeltem Rindfleisch an Bord der Gemini 3." Die NASA war nicht gerade erfreut.

Klar, wenn du willst, kannst du die russische Austronautennahrung natürlich probieren, aber erwarte nicht, dass du in den Genuss des richtig guten Zeugs kommst.

Und wir sagen es euch ja nur ungern, aber die richtigen Astronauten mochten dieses trockengefrorene Eis nie so wirklich—schon nach einer Mission wurde es eingestellt.