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Europa

Was wir aus den "Every Second Counts"-Videos gelernt haben

​Wenn gleich 18 Länder versuchen, sich gegenseitig in den Dreck zu ziehen, bleibt am Ende vom ganzen Kontinent nicht viel übrig.

Titelfoto: Screenshot via everysecondcounts.eu

Seit gut drei Wochen läuft jetzt die internationale Satire-Aktion Every Second Counts, bei der Late-Night-Shows aus der ganzen Welt – vor allem aber aus Europa – "Videos against Trumpism" produzieren, wie es im portugiesischen Beitrag heißt.

Tatsächlich ist das Video aus Portugal eines der ganz wenigen, die Trump offensiv angreifen. Die meisten anderen Beiträge buhlen mit mehr oder wenigen humoristischen Lobeshymnen auf die eigene Kultur um Trumps Gunst und den Platz hinter "America First".

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Ganz im Sinne des amerikanischen Präsidenten setzen die meisten Bewerber um Platz 2 in der Welt auf Sexismus, Rassismus und Homophobie; nur eben satirisch. Außerdem liegen Witze über kleine Hände, kleine Schwänze und die weiblichen Trumps im Trend.

Was aber spätestens nach dem dritten Video wirklich auffällig wird, ist, dass es anscheinend keine der 18 europäischen Redaktionen, die bisher Videos veröffentlicht haben, fertig bringt, Seitenhiebe auf andere Länder zu unterlassen. Klar, es ist ein Wettstreit um Platz 2 und das Schlechtmachen des Gegners ist ein bewährtes Mittel zum Sieg, wie Trumps Erfolg gezeigt hat (und wie wir in Europa eigentlich auch aus langjähriger Tradition wissen).

Wenn sich allerdings gleich 18 Länder gegenseitig in den Dreck zu ziehen versuchen, bleibt am Ende vom ganzen Kontinent nicht viel übrig. Wir haben uns alle 18 Beiträge aus Europa angesehen – und hängen geblieben ist nach 90 Minuten Late-Night-Show zu Mittag vor allem Folgendes:

  • Es gibt in Europa mindestens 18 Länder, die zumindest besser als ein anderes europäisches Land, in den meisten Fällen aber ohnehin "the best" sind.
  • Die Dänen sind eigentlich keine Dänen, sondern dumme Schweden. Das behaupten zumindest die Finnen.
  • Niederländer können sich nicht entscheiden, ob sie jetzt "Netherlandishs", "Dutchlings", oder "Hollandrians" sein wollen. Das nervt die Dänen.
  • In Island kennt man für Niederländer noch einen weiteren Namen: Neanderländer.
  • Litauen hat die ekelhaften Deutschen schon bekämpft, bevor es trendy wurde, ekelhafte Deutsche zu bekämpfen (und Deutsche sind anscheinend ekelhaft, falls man es noch nicht mitbekommen haben sollte).
  • Deutsch ist keine Sprache.
  • Niederländisch ist eine ekelhafte Sprache.
  • Dänisch ist ein Desaster.
  • Belgier, die französisch sprechen, sind eigentlich Mexikaner.
  • Belgier hassen Deutsche. (Außerdem hassen Belgier andere Belgier, die Deutsch sprechen.)
  • Spanier sind Arschlöcher.
  • Die Tschechen sagen, dass Spanien das eigentliche Mexiko sei.
  • Die Tschechen sagen aber auch, dass Deutschland nur ein Haufen von Migranten ist, der von einer widerlichen Zwergin angeführt wird.
  • Um einem etwaigen nuklearen Angriff durch die USA zu entgehen, würde Deutschland so tun, als ob Italien eigentlich Deutschland wär.
  • Luxemburg hingegen würde den Amerikanern die Schweiz als erstes europäisches Land opfern.
  • Die Schweiz hat Titten, die Niederlande nicht.
  • Finnland hat die besten Wünsche. Bessere als die Niederlande, die Schweiz oder Deutschland. Und viel bessere als Dänemark.
  • Moldawien hat ein Problem mit Rumänien.
  • Rumänien ist scheiße.
  • Slowaken sind Loser. 
  • Skandinavier sind Vergewaltiger und Diebe.
  • Portugiesen sind degeneriert.
  • Serben sind das Letzte. 
  • Niederländer sind Drogendealer. 
  • Über Österreich redet kein Schwein.

Vielleicht haben die Australier recht, wenn es in ihrem Beitrag heißt: "Even those losers in Europe learn English because they hate their own stupid languages so much." Fest steht jedenfalls: so wird man nicht Zweiter. Niemand. So wird jeder Letzter. Und das wissen wir eigentlich aus langjähriger Erfahrung und dieser guten, traditionsreichen Sache namens Nationalismus.

Aber noch gibt es Hoffnung für Europa, denn knapp 20 Beiträge stehen noch aus. Sollte sich auch dann am bisher gezeichneten Bild nichts ändern, können wir das Feld getrost Namibia überlassen, die in ihrem Video den USA die einzig richtige Frage stellen: "We totally understand it's going to be America first. We're just not sure on which continent you mean?"

Paul auf Twitter: @gewitterland

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