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Reisen

Grüße aus Kabul

An Allem ist irgendwas Gutes dran. Afghanistan hat vielleicht keine funktionierende Kanalisation, zuverlässige Stromversorgung oder Rechtssystem, aber du kannst hier alles kaufen, was du willst. Also haben wir das gemacht.

An Allem ist irgendwas Gutes dran. Afghanistan hat vielleicht keine funktionierende Kanalisation, zuverlässige Stromversorgung oder ein Rechtssystem, dem du dich jemals widersetzen würdest, aber du kannst hier alles kaufen, was du willst. Also haben wir das gemacht.

Die offensichtlichste Sache sind Waffen. Das Land ist seit 30 Jahren im Krieg. Tötungswerkzeuge sind hier nicht gerade knapp. Als Ausländer kannst du hier nur eine einfache Schrotflinte oder eine Halbautomatik kaufen. Aber wenn du afghanische Freunde hast, dann kannst du dir mehr oder weniger einen Panzer mit Anzahlung besorgen, ohne irgendwelchen Papierkram erledigen zu müssen. Unser Freund hat uns diese Pumpgun mitgebracht, die hier von dem wunderbaren Henry vorgeführt wird. Sie hat ihn 150$ gekostet. Er bewahrt sie als Schutz an der Vordertür auf, obwohl sie auch ganz komfortabel unter seinen Salwar Kamiz passt, falls er mal rausgehen muss.

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Es war ein wirklich heißer Sommer in Kabul. Jeder, der in dieser Stadt lebt, ist ein kleines bisschen paranoid. Und die meisten Leute, die etwas zu verlieren haben, sind bewaffnet. Die einzige Richtung, in die das laufen kann, ist schrecklich schief.

In einem Land mit wenig Ärzten nerven Apotheker nicht mit Rezepten rum. Es ist einfach, in Kabul in eine Apotheke zu gehen und mit sehr billiger Medizin wieder rauszukommen.

50mg Ketamin kosten 4$. 30 Pillen Viagra 10$ und Valium erleichtert dich um 5$ für eine Packung mit 30 Stück. Du kriegst auch Ritalin. Aber wir haben uns gedacht, krummbeinig und müde zu sein, und dabei noch den ganzen Tag mit Ständer rumzulaufen, ist erst mal genug.

Wir haben unsere Medizin gekauft und sind ins Auto gesprungen. Ein Polizist hat uns angehalten und unseren Fahrer gefragt, ob es sich lohnt, uns festzunehmen oder nicht. Unser Fahrer meinte nicht. In Afghanistan ist dein Fahrer oft der einzige, der zwischen dir und dem Gefängnis steht.

Wenn du dein Geld nicht für Hin- und Rückflüge nach Dubai ausgegeben hast, dann wandert es wahrscheinlich bei Finest in die Kassen. Finest ist ein Supermarkt in Kabul. Der zweite Finest hat vor kurzem nach einer langen Pause wieder eröffnet, da er wegen eines Selbstmordanschlags schließen musste. Finest ist ein echt anreizendes Ziel für die Taliban, weil Ausländer einfach nicht widerstehen können, hier einzukaufen. Zum Beispiel gibt es hier Stopfleber. Da ich in Berlin lebe müsste ich wahrscheinlich bis nach Frankreich reisen, um Stopfleber zu kriegen, aber in einer Stadt wie Kabul, wo man sein Geld nicht schnell genug ausgeben kann, ist sie jederzeit erhältlich. Surreal.

Afghanistan ist vielleicht ein hoffnungsloser Fall. Und Kabul ist vielleicht so sicher wie Atommüll, aber wenn du Gänsestopfleber zum Frühstück essen, ein Bücherregal auf deiner Erektion balancieren und dir deine Zigarette mit einem Flammenwerfen anzünden kannst, dann ist diese Tatsache schnell vergessen.

FOTOS: HENRY LANGSTON & CONOR CREIGHTON