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Der implizite Autor

Der Schweizer Salis Verlag von André Gstettenhofer - ehemaliger Musiker und Marketing-Mann - hat sich erfolgreich als Independent Verlag in der Szene etabliert und auch ausserhalb der Schweizer Grenzen Beachtung gefunden.

Der Schweizer Salis Verlag von André Gstettenhofer - ehemaliger Musiker und Marketing-Mann - hat sich erfolgreich als Independent Verlag in der Szene etabliert und auch ausserhalb der Schweizer Grenzen Beachtung gefunden, zum Beispiel durch einen Preis der Stiftung Buchkunst für eines der schönsten deutschen Bücher. Mit seinem Berliner Büro macht sich Salis nun daran, auch in Deutschland vermehrt Salz zu streuen.Bei Salis erscheinen Belletristik unterschiedlichster Art, Sachbücher und eine Reihe, die sich der Wiederbelebung des Schweizer Krimis annimmt.

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Vice: Andre Gstettenhofer, wofür sind Bücher heute noch gut?
Andre Gstettenhofer: Bücher sind immer gut, waren immer gut und werden immer gut bleiben. Die Welten die sich erschliessen bei einem guten Roman - dieser Wert bleibt bestehen, wird immer bestehen bleiben. Ich sag immer, aus einem guten Roman kann man sehr viel mehr lernen als aus Ratgebern oder Philosophie-Büchern. Das wird nicht verschwinden.

Muss im Verleger ein Schriftsteller stecken?
Meiner Meinung nach nicht. Du musst viel lesen, du musst gerne lesen natürlich, aber selber zu schreiben steht eher im Weg als das es hilft. Das sind zwei grundlegend unterschiedliche Dinge, ein Buch zu schreiben und dann, das zu vermitteln

Sind Schriftsteller so schlechte Geschäftsleute?
Das will ich einzelnen Schriftstellern noch nicht mal absprechen aber es soll nicht seine Aufgabe sein. Es sind grundlegend verschiedene Tätigkeiten. Der Schriftsteller soll seine Bücher schreiben, soll die vorlesen, aber der Verlag ist dafür da, dass wir ihm den ganzen Rest abnehmen.

Ohne Verlag kein Schriftsteller und ohne ihn kein Verlag?
Das glaube ich schon. Das glaube ich auch zunehmend in der elektronischen, digitalen Welt. Ich glaube nicht, dass jeder sein Buch online stellen und dieses dann sein Publikum finden kann.Einfach ein Buch schreiben, das dann nicht lektoriert und nicht korrigiert wurde und das auf einen Blog stellen, das findet keine Leser, glaube ich. Und das ist auch nicht die Zukunft vom Buch.

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Was ist dann die Zukunft vom Buch?
Die Zukunft ist das Nebeneinander von digital und gedruckt. Ergänzend glaube ich, wird sich im digitalen Bereich eine neue Literatur entwickeln, mit den Jahren. Weil es Zeit braucht, bis die Autoren begreifen, das man damit ganz andere Möglichkeiten hat, und der Prozess muss bei den Autoren beginnen, nicht beim Verlag. Ich kann als Verlag einen Buchtrailer produzieren oder die Plätze im Buch mit Google Maps verlinken oder so aber das ist nicht das, was interessant ist. Interessant wird es, wenn der Autor sich Gedanken darüber macht, was er digital anderes tun kann als im gedruckten Buch.

Was macht Salis anders?
Wir sind eklektisch. Da heisst, ich hab literarisch immer gemacht was mich interessiert. Wir haben jetzt im Frühjahr zum ersten mal einen Polit-Thriller in der Literaturreihe, ich habe einen Science-Fiction-Roman in der Literaturreihe und die meisten Verleger die ich kenne sagen einfach von vornherein, nein, das passt nicht, ich mach jetzt einfach nur klassische Literatur oder nur Debüts von jungen Schriftstellern. Salis ist da offener.

Wie viele Manuskripte liest du in einer Woche?
Wir kriegen im Moment fast täglich ein Manuskript auf den Tisch und das ist eigentlich ein Berg der kaum zu bewältigen ist. Es gibt bei Salis nur mich und einen Lektor, der nur einen Tag die Woche arbeitet.

Also liest du jeden Tag viele Stunden?
Sollte ich, kann ich aber natürlich auch nicht. Ich versuche, das zu bündeln und es vier mal im Jahr während zwei Tagen abzubauen.

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Also kannst du sehr schnell lesen …
Es ist halt meisten so, dass du nach fünf Seiten weisst, das es nix ist.

Was geht in dir vor wenn du Müll lesen musst?
Man wird sarkastisch oder zynisch …

Jetzt gibt es ein Berliner Büro, was passiert dort?
Das ist da um den Verlag in Deutschland aufzubauen. Nach den ersten vier Jahren sind wir relativ gut etabliert in der Schweiz - medial und auch im Buchhandel - wir werden ernstgenommen. Der nächste Schritt ist Deutschland und das kann ich nur von hier aus machen.

Ist Berlin ein Verlegerparadies?
Es sind halt alle da inzwischen, ich meine, sogar Suhrkamp zieht von Frankfurt nach Berlin. Fast alle Medien haben ihr Hauptbüro oder zumindest ein Berliner Büro hier. Es ist im deutschsprachigen Raum schon die Stadt, in der es am fruchtbarsten ist.

Hält Berlin was es verspricht?
Rein aus Verlagssicht, mit den Leuten, die ich hier treffe, ganz klar, Ja.

Drei Bücher, die man gelesen haben muss.
Steve Tesich Abspann dann unbedingt von Dostojewski Verbrechen und Strafe und das was ich jetzt gerade lese John Wray Der Retter der Welt - grosses Buch, hart aber gut.