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Iron Maiden kommen nach Luzern—leider!

Dass die britische Metal-Legende auch in der Schweiz Halt macht ist toll. Nur der Ort ist beschissen.
Foto vom Autor

Mit Iron Maiden hat alles begonnen. Nicht die Rockmusik an sich, natürlich nicht, aber mein Leben mit ihr. Ich war noch nicht einmal Teenager, als mir per Zufall eine CD mit einem Haufen Monster—welcher achtjährige Junge kann schon Monstern widerstehen?—darauf in die Hände fiel. Der Titel: „Best Of The Beast“. Meine Mutter hatte sich die Compilation gekauft, aus Nostalgiegründen, in Erinnerung an ihre jungen Jahre vor Familie und Einfamilienhaus.

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Es passierte, was passieren musste: Ich entdeckte meine Liebe zu Heavy Metal. Ich kann mich noch erinnern, wie ich zu „Transylvania“ auf dem Sofa rumhüpfte, wie ich mir in den Strandferien in Spanien in einem dieser T-Shirt-Shops das Cover von „Live at Donnington“ habe aufdrucken lassen. Und als meine Eltern dann 2000 tatsächlich mit mir ins Zürcher Hallenstadion fuhren, um die grösste Metal-Band aller Zeiten—wer jetzt „Aber was ist mit Metallica?“ sagt, kriegt eins gescheuert—live zu erleben, war ich vielleicht wirklich der glücklichste 12-Jährige der Welt.

Seit letzter Woche wissen wir nun: Nächstes Jahr kommt die Legende zurück in die Schweiz. Am 3. Juni spielen die Gitarren-Veteranen, die allesamt mittlerweile um die sechzig sind, auf der Luzerner Allmend (und am selben Wochenende noch in Wien). Und zwar im Rahmen des Sonisphere Festivals. Und das kackt mich ein wenig an.

Ohne Zweifel werde ich dort sein, zum achten Mal meine Jugendhelden bejubeln. Wenn Steve Harris seinen Bass wie ein Gewehr ins Publikum richten, Monster-Maskottchen Eddie über die Bühne humpeln und Bruce Dickinson mit tiefer Stimme „Scream for me Lucerne“ fordern wird, dann werde ich schreien und headbangen und wahrscheinlich auch für einen Moment vergessen, dass ich gerade an einer Veranstaltung bin, die ich eigentlich so gar nicht ausstehen kann.

Nicht dass ich Festivals per se nicht mögen würde. Ich fahre jedes Jahr fürs Roadburn nach Holland und fürs Sweden Rock nach … Schweden. Open-Airs können wunderbar verwunschene Wochenenden sein, abseits der Realität, als wäre man gerade durch den Türschrank nach Narnia gestolpert. Doch gerade diese Stimmung schafft das Sonisphere und andere—es gibt unzählige weitere Beispiele—leider eben nicht. Zumindest bisher nicht. Zumindest in der Schweiz nicht.

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Vor gut 10 Jahren poppten plötzlich überall in Europa Sonisphere Festivals auf. Dass es sich dabei nicht um langsam aus lokalen Strukturen erwachsene Events handelt, sondern (zumindest auch) um Big Business kratzt mich dabei wenig. Warum sollte in einer globalisierten Welt nicht auch das Konzertgeschäft multinational geregelt werden?

Foto via Flickr | adels | CC BY 2.0

Das Problem liegt woanders: Die Schweiz ist einfach keine grosse Heavy Metal-Nation. Klar gibt es eine Szene, klar gibt es Menschen, die mit Herzblut die Flagge der Luftgitarren, der Drum Solos und Nietengürtel hochhalten, doch sind das letzten Endes einfach zu wenig, um ein reines Metal-Festival füllen und somit rentabel durchziehen zu können. Natürlich haben das längst auch die Veranstalter gemerkt und dafür eine (falsche) Lösung gefunden: einen breiter gefächterer Stilmix im Billing.

Der Gedanke dahinter klingt zuerst mal schlüssig: Iron Maiden alleine ziehen in der Schweiz keine 20'000 Leute? OK, bringen wir noch einen zweiten Headliner. Black Sabbath? Nein, die haben dieselben Fans, die kommen sowieso schon. Was für die Jungen! Slipknot? Limp Bizkit? Oder noch etwas für die Freundinnen, zum Beispiel Papa Roach? Iron Maiden traten 2011 schon am Sonisphere in Basel auf und die genannten Bands standen gross nebendran auf dem Poster. Und das Festival wurde ein finanzielles Desaster, wurde zum Todesstoss des traditionellen, seit den 80ern aktiven Konzertveranstalters Free&Virgin.

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Denn was oft vergessen geht und zwar nicht nur von den Festivals, sondern auch von den grossen Acts, die immer häufiger nur noch solche Shows spielen: E-Gitarren sind nicht gleich E-Gitarren. Es mag Leute geben, die jede Art von Rockmusik mögen, doch gibt es eben auch die anderen, die Puristen, die sich genau überlegen, ob sich die 120 Kröten—so viel kostet der Early Bird Stehplatz momentan—auch wirklich lohnen (oder das Risiko beim Einsteigen).

Das erste Sonisphere 2010 versank im Schlamm—Foto via Flickr | andreas_fischler | CC BY 2.0

Und die dann vielleicht schweren Herzens ihre Lieblingsband Iron Maiden sausen lassen in der Hoffnung, dass sie auf der nächsten Tour eine Headliner-Show im Hallenstadion spielen werden. Vielleicht für 80 oder 90, statt 119 Franken und so noch ein Tour-Shirt drin liegt, wobei deren Preise bei den grossen Bands ja mittlerweile auch schon auf dem Niveau von Designer-Klamotten angelangt sind.

Da ich das aber schon das letzte Mal gedacht habe, als Iron Maiden vor zwei Jahren am Greenfield spielten, werde ich im Juni wohl oder übel nach Luzern pilgern. Denn wer weiss, wie oft ich dazu noch Gelegenheit haben werde. Für den kleinen, nerdigen Metal-Jungen in mir drin sind sieben Mal halt einfach immer noch zu wenig. Und Fred Durst kann man sich ja notfalls immer noch lustig trinken. Dafür verzichte ich auf ein Shirt. Ich hab ja noch ein Selbstgemachtes.

Daniel sinniert über die Grandezza von Iron Maiden auf Twitter.

Noisey headbangt ebenfalls auf Twitter und auf Facebook.

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