Jemand beschneidet eine Hanfpflanze
IMAGO / Emmanuele Contini
Drogen

Der VICE-Guide zum legalen Cannabis-Anbauen zu Hause

In Deutschland dürfen Erwachsene ab dem 1. April 2024 legal zu Hause Gras züchten. Unser Autor hat damit schon Erfahrung und weiß, was die Pflanzen am schönsten wachsen lässt.
günther-7
Alles zur Cannabis-Legalisierung

Gras zu Hause anzubauen war bislang illegal. Das wird sich ab dem 1. April ändern. Dann dürfen Volljährige, die mindestens seit sechs Monaten in Deutschland leben drei blühende oder fünf nicht blühende Pflanzen in der eigenen Wohnung oder im Garten heranziehen. 

Wie aber züchtet man sein eigenes Weed? Ich habe sieben Jahre lang in einem Berliner Growshop gearbeitet und schreibe seit fast 20 Jahren über den Anbau von Cannabis – unter anderem habe ich ein Buch darüber veröffentlicht. Man kann also sagen, dass ich einiges über die Cannabis-Zucht weiß. Wie gut ich mich mit dem Thema in der Praxis auskenne, erzähle ich euch dann gerne ab dem 1. April.

Anzeige

Ab diesem Datum könnt ihr auch unbesorgt diese Einstiegstipps anwenden, die ich über die Jahre zusammengetragen habe. Egal, ob ihr auf dem Fensterbrett, dem Balkon, "umfriedet" im Garten oder auch im Schrank unter Kunstlicht anbauen wollt.

Cannabis-Anbau: Die rechtlichen Basics

Das neue Gesetz soll es Volljährigen ermöglichen, genug für ihren eigenen Bedarf anzubauen. Bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis dürft ihr dann zu Hause lagern. Und darin liegt schon das erste Problem: Denn wenn ihr tatsächlich die drei erlaubten Pflanzen anbaut, müsstet ihr euch schon ziemlich doof anstellen, um bei der Ernte nicht mehr als 50 Gramm einzufahren. Der Gesetzgeber schlägt vor, nicht auf einmal zu ernten, sondern nach und nach. Wenn ihr unter natürlichem Licht anbaut, geht das aber nicht. Denn wenn eure drei Pflänzchen unter der gleichen Sonne gedeihen, werden sie auch zur gleichen Zeit Blüten ausbilden. Solange sich an diesen Vorgaben nichts ändert, kann ich euch nur raten, vorsichtig zu sein. Wenn ihr die Höchstmenge um maximal zehn Gramm überschreitet, droht zwar nur ein Bußgeld, darüber müsst ihr aber mit  einer Anzeige und anschließender Strafverfolgung rechnen. 


Auch bei VICE: So entstehen Cannabis-Preise


Mit dem neuen Recht auf Rausch kommen noch weitere Pflichten auf designierte Hobbygärtnerinnen und -gärtner zu. Etwa bei den Räumlichkeiten:  

Anzeige

Gemäß Paragraph 10 CanG müssen Pflanzen und Ernte so gesichert sein, dass niemand sonst darauf zugreifen kann. Den Raum, in dem das Cannabis wächst oder später lagert, müsst ihr abschließen, wenn ihr nicht vor Ort seid. Outdoor-Gärten muss man "umfrieden", also sichtbar gegen unbefugtes Betreten umzäunen oder wenigstens eindeutig markieren.

Für den Anbau braucht ihr natürlich auch Samen. Mit Inkrafttreten des Gesetzes können Erwachsene im EU-Ausland oder in einem der zukünftigen Cannabis-Clubs bis zu sieben Samen legal erwerben. Besitzt ihr mehr, können sie beschlagnahmt werden und euch drohen im Zweifel eine Anzeige und Bußgeld. 

Wenn ihr euch an diese Grundlagen haltet, könnt ihr nach der Teillegalisierung im April in Ruhe gärtnern, ohne dass die Polizei euch stört. Womit wir beim eigentlichen Thema wären.

Cannabis-Anbau: Aufzucht unter natürlichem Licht

Wer alle drei Wochen einen Joint raucht, braucht nur ein paar Samen und Blumentöpfe, gute Erde, ein klein wenig Dünger sowie einen sonnigen Ort auf dem Balkon, im Garten oder auch auf dem Fensterbrett, um zukünftig das ganze Jahr fast kostenlos zu kiffen.

Wer sich fast jeden Abend einen baut, muss ein wenig mehr Aufwand betreiben, um sich ausschließlich an selbst ergärtnertem Weed zu erfreuen. Dazu komme ich später. Da die meisten Menschen, die kiffen, das nur gelegentlich tun, widmen wir uns zunächst der einfachsten Methode, dem Anbau unter natürlichem Licht.

Anzeige

Was ihr dafür braucht:

  • 3 bis 5 Samen
  • 3 bis 5 Torfquelltöpfe
  • 3 bis 5 kleine Anzuchttöpfe
  • 3 bis 5 große (11 bis 16 Liter) schwarze Töpfe
  • 50 bis 70 Liter Erde
  • Etwas Bio-Dünger
  • 1 Schere
  • 1 Wäscheleine
  • 1 Feinwaage

Auch beim Hanfanbau beginnt alles mit dem richtigen Saatgut. Am besten holt ihr euch ein Fünferpaket "feminisierter" Samen. Nur die garantieren, dass aus jedem Korn eine THC-haltige Hanfdame wird. Beim Kauf regulärer Samen wachsen aus durchschnittlich 50 Prozent des Saatguts männliche Pflanzen, die kein THC produzieren und deshalb für euer Vorhaben – dicke Joints bauen – nicht interessant sind.

Zum Keimen steckt ihr die Samen in einen Torfquelltopf vom Baumarkt, stellt ihn an einen hellen Ort und besprüht ihn ab und zu mit Wasser. Ein Mini-Gewächshaus steigert die Überlebensrate, weil Sämlinge eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit mögen. Die Temperatur sollte in dieser Phase zwischen 22 und 27 Grad liegen. Sobald die Samen gekeimt haben und sich die ersten Blätter ausbilden, könnt ihr sie in kleine Töpfe umtopfen, die ihr mit Anzuchterde aus dem Blumenhandel befüllt habt.

Der optimale Zeitpunkt zum Keimen am Fensterbrett wäre Ende Februar bis Mitte März. Dann sind die kleinen Racker beim Umpflanzen Anfang bis Mitte April schon stark genug, sich gegen Umwelteinflüsse wie Schädlinge oder Schimmel zu wehren. Außerdem erreichen die Pflanzen nur so zur Erntezeit im Herbst ihre maximale Größe.

Anzeige

Nachdem die Samen gekeimt haben, stellt ihr die maximal fünf Pflänzchen an einen möglichst sonnigen Fensterplatz und gießt sie mit klarem Wasser. Am besten eignet sich Regenwasser. Zu hartes Leitungswasser kann die Nährstoffaufnahme hemmen und damit auch ein gesundes Wachstum. 

Auf die Frage, wie oft man die Pflanzen gießen muss, gibt es keine pauschale Antwort. Je größer sie werden, desto häufiger brauchen sie Wasser. Beim Anbau in Töpfen kann man am Gewicht der Töpfe ganz gut feststellen, wann es Zeit ist. Im Garten reicht es, anfangs zwei bis drei Mal die Woche zu gießen, im Hochsommer oder bei extremer Hitze brauchen sie aber fast täglich etwas zu trinken. Aber aufgepasst: Viele Neueinsteiger meinen es zu gut und ertränken ihr Hanfdamen frei nach dem Motto “Viel hilft viel".

Cannabis-Anbau: Die passende Erde und der richtige Dünger

Jetzt ist es an der Zeit, dem Fachhandel einen kurzen Besuch abzustatten. Hanf ist ein sogenannter Starkzehrer und braucht eine spezielle Nährstoffkombination. Zertifizierten Bio-Dünger und Spezialerde findet ihr in Growshops. Man bekommt das Basis-Sortiment zum Cannabis-Anbau aber mittlerweile auch in fast jedem Baumarkt.

Wenn ihr normale Gartenerde und Allzweck-Düngemittel oder auch gar keinen Dünger nutzen wollt, bekommt ihr am Ende auch gutes Gras – aber eben viel weniger als mit dem hier beschriebenen, minimalen Aufwand möglich wäre. Denn 50 bis 70 Liter Spezialerde, ein Spezialdünger für Cannabis und fünf schwarze Töpfe mit 11 bis 20 Liter Volumen kosten rund 60 Euro und haben einen ungleich höheren Effekt. Wenn euch das zu umständlich ist, empfehle ich euch zumindest ein paar Euro mehr in komplett vorgedüngte Spezialerderde für Cannabis zu investieren. 

Anzeige

Wenn die Wurzeln den Boden der kleinen Anzuchttöpfe erreicht haben, kommen sie in die großen, schwarzen Töpfe. Die schwarze Farbe hilft, die Erde zu erwärmen. Die Wurzeln wachsen dadurch schneller. Sobald die Nachtfrostgefahr Mitte bis Ende April gebannt ist, können die Pflanzen aus der Wohnung auf den geschützten Innenbereich des Balkons oder in den umfriedeten Garten ziehen. Aber Achtung: Je größer die Pflanze ist, desto mehr Platz braucht sie. Wer sie zu dicht nebeneinander einbuddelt oder stellt, klaut den unteren Trieben Licht und somit Gewicht. Lasst Ihnen so viel Platz, wie Eure Location das hergibt. 

Cannabis-Anbau: Die Blütephase

Wenn die Pflanzen dann im Mai ihren endgültigen Standort bezogen haben, brauchen sie bis zur Ernte nur noch viel Sonne, Wasser und ein paar Nährstoffe, also Dünger. Wie viel Ihr davon braucht, steht meist gut erklärt auf dem Etikett. Bis Ende Juli werden sie schnell in die Höhe schießen, ohne jedoch die begehrten Blüten auszubilden. Die zeigen sich, je nachdem für welche Sorte ihr euch entscheidet, frühestens Ende Juli, meist aber erst im Laufe des Augusts.

Sobald sich an den Verästelungen das erste, zarte Geschlechtsmerkmal zeigt, müsst ihr vorsichtig sein: Wenn ihr bis hierhin vier oder fünf statt drei Pflanzen keimen und wachsen habt lassen, müsst ihr spätestens jetzt ein bis zwei von ihnen töten. Denn ab jetzt gilt: Mehr als drei blühende Cannabis-Pflanzen sind nicht erlaubt. Also wandern die beiden kleinsten mit dem Auftreten der ersten Blütenansätze schweren Herzens in den Häcksler – nur die drei schönsten dürfen bleiben.

Anzeige

Ab September geht alle Kraft in die Blüten, während das Längenwachstum abgeschlossen ist. Besonders am Fensterbrett und auf dem Balkon ist eine gute Durchlüftung jetzt sehr wichtig, weil die dicken Blüten in hiesigen Breitengraden im Herbst schnell mal schimmeln.

Cannabis-Anbau: Richtig ernten und trocknen

Je nach Sorte könnt Ihr dann zwischen Ende September und Anfang November ernten. Sorten, die noch länger brauchen, sind wegen der Nachtfrostgefahr für nordeuropäische Gefilde ungeeignet.

Wann eine Pflanze reif ist, erkennt man neben einer langsam eintretenden Gelbfärbung der großen Blätter am besten mit einer Lupe – oder noch besser mit einem Taschenmikroskop: Die kleinen Harztröpfchen auf der Blüte, die bis jetzt durchsichtig waren, werden langsam milchig. Sobald circa 50 Prozent milchig sind, ist es Zeit für die Ernte. Eine gröbere Orientierung ohne technische Hilfsmittel bietet die Färbung der kleinen Härchen auf den Buds. Je dunkler die werden, desto reifer ist die Pflanze. Färbt sich über die Hälfte rotbraun, ist Erntezeit. 

Eigentlich ist das schonende Trocknen eurer Ernte völlig unkompliziert: Nach der Ernte werden die Pflanzen an ihren Stielen kopfüber an einem dunklen und trockenen Ort aufgehängt – etwa an einer Wäscheleine. Sobald die Stiele knack-trocken sind, befreit ihr die Blüten mit einer Schere von den großen Blättern und trennt die großen und die kleinen Stiele sorgfältig ab. Dann packt ihr sie in ein geschlossenes, aber nicht luftdichtes Gefäß. Darin müsst ihr sie bis zur vollständigen Trocknung einmal am Tag wenden. Je nach Klima und Blütengröße dauert das zwischen zwei und vier Wochen. 

Anzeige

Die Ernte einfach bei 50 Grad in den Backofen zu hängen, ist keine gute Idee. Diese unter Ungeduldigen leider weit verbreitete Schnelltrocknung schmeckt übel.

Denn während das Chlorophyll dabei in den Blüten bleibt und euch zum Husten bringt, verdampfen die leckeren Terpene, die Weed seinen guten Geschmack verleihen. Bei der Trocknung sind Geduld und die Sorgfalt beim Belüften immens wichtig – sonst können die Buds auch während des Trocknens noch schimmeln und so ungenießbar werden.

Wenn ihr alles richtig gemacht habt, könnt ihr aus den drei Pflanzen, je nach Sorte, Arbeitsaufwand und deren endgültiger Größe zwischen 30 und 500 Gramm ernten. Aber bitte nicht auf einmal. Denn, wie schon erwähnt, dürft ihr nur 50 Gramm auf einmal trocken lagern. Das überprüft ihr am besten mit einer Feinwaage. Das Einfrieren der Ernte wäre eine Alternative, bei der ihr das Weed in 50 Gramm Portionen auftaut und trocknet. Das geht zwar ein wenig auf Kosten von Geschmack und Konsistenz, entspricht aber immerhin den Vorgaben des Gesetzes.

Autoflowering-Samen: Wie ihr den Cannabis-Anbau beschleunigt

Noch einfacher geht der Cannabis-Anbau mit feminisierten Autoflowering Samen. Diese "Auto-Fems" werden durch das Einkreuzen von Ruderal-Hanf-Sorten gezüchtet, die schon neun bis zwölf Wochen nach der Aussaat reif sind und insgesamt kleiner bleiben als herkömmliche Sorten. Allerdings ist das Aroma eher flach, die Erträge und der Wirkstoffgehalt geringer. Stellt euch schlechte Holland-Tomaten aus dem Treibhaus vor, die sich mit sonnengereiften Früchten messen müssen.

Cannabis-Anbau: Was ist mit Kunstlicht?

Wenn ihr nicht nur gelegentlich kifft, könnt ihr zur Deckung eures Bedarfs unter Kunstlicht anbauen. Kleine Anlagen für drei blühende Pflanzen starten bei 500 Euro, hinzu kommen Stromkosten von 40 bis 60 Euro im Monat. Für die Gärtnerei mit LED-Lampen braucht ihr allerdings Fachwissen und Zeit. Die Details würden den Rahmen dieses Einstiegs-Guides sprengen, aber zum Glück gibt es auch hierfür viele gute Fachbücher. Empfehlen kann ich Marihuana Drinnen von Jose Cervantes, Marijuana Growers Handbuch von Ed Rosenthal, und natürlich mein eigenes, das vor allem nach der Ernte nützlich wird: Cannabis-Extraktion: Konzentrate, Extrakte und Haschisch-Herstellung

Unter Kunstlicht ist es dann auch möglich, jeden Monat nur eine von drei Pflanzen zu ernten, um die gesetzlich vorgeschriebene Höchstmenge von 50 Gramm nicht zu überschreiten.

Andere Länder, die Cannabis entkriminalisiert haben, sind beim Eigenanbau viel liberaler: So darf man in Uruguay realistische 480 Gramm aus sechs legalen Pflanzen lagern, in Britisch Columbia, Kanada sind es 1000 Gramm aus vier Pflanzen. Was uns also bleibt, ist viel Luft nach oben.

Folge VICE auf Facebook, TikTok, Instagram, YouTube und Snapchat.