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In den Wiener Szenelokalen dominiert eine eiserne russische Faust den Wodkamarkt

Wir haben nicht nur die Tipps fürs Wochenende, sondern auch einen kleinen Gaybarguide für euch zusammengestellt.

Wäre die Welt eine große Familie–Russland wäre der unsympathische Onkel, der sich bei jedem Fest komplett daneben benimmt, die Schwiegermutter zum Heulen bringt, unanständige Witze macht und sich ins Tischtuch schneuzt. Aber er ist so fett und mächtig, dass alle anderen betreten in ihrem Essen herumstochern und gottergeben den Mist über sich ergehen lassen. Ab und zu trauen sich mal Fliegen auf seinen Braten setzten. Wenn er gnädig ist, fallen diese gleich seiner fleischigen Hand zu Opfer. Wenn nicht können sie noch ein bisschen flügelos auf dem Tisch herumlaufen, bevor sie sich in den Insektenhimmel aufmachen.

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So präsentiert sich das Land zumindest dem Rest der Welt. Auf der einen Seite hört man Dinge die schon wieder ganz witzig sind–weil so bizarr–, wie schwule Neonazis oder absurde YouTube-Videos von Russen beim Autofahren. Auf der anderen Seite hat das Land ein totgeschwiegenes Aids-Problem und vom Umgang mit kritischen Stimmen wie Pussy Riot oder generell der Opposition gar nicht zu sprechen. Der homöopathisch große Teil der russischen Bevölkerung, die 0,001%, die Kohle haben, gibt sich auch im Ausland nicht besonders classy. Von den Jogginghosen-mit-Louboutins-tragenden Oligarchen-Frauen kann sich jeder, der keine Zeit für einen Umweg hat und durch den ersten Bezirk gehen muss, am Kohlmarkt selbst ein Bild machen. Und so richtig betreten wird man, wenn man den ersten optischen Schock verwunden hat, erst dann wenn man daran denkt, wessen Geld sie da ausgeben.

Ein ganzes Land pauschal zu verurteilen ist zugegebenermaßen auch nicht gerade super classy, darum mache ich an dieser Stelle darauf aufmerksam, dass auch gute Sachen aus Russland kommen: Die Leningrad Cowboys und Wodka. Ok, die Leningrad Cowboys sind aus Finnland. Und seit am 1. Juli in Russland ein neues Gesetz in Kraft getreten ist, wird plötzlich auch der Wodka problematisch. Dieses Gesetz verbietet „Homosexuelle Propaganda“ und soll Kinder vor „nicht traditionellen“ Einflüssen schützen. Und mit nicht-traditionell meinen sie homosexuell. So merzt man Schwule und Lesben in der Sprache wirklich komplett aus. Als Reaktion darauf haben sich Szenelokale in den USA und Großbritannien dazu entschlossen, russischen Wodka zu boykottieren. Da sich hierzulande Trends für gewöhnlich mit einer verlässlichen Verspätung von ungefähr zwei Jahren bemerkbar machen, wollten wir wissen, ob auch die Wiener Schwulenlokalbesucher ihren Sex on the Beach in Zukunft mit minderem Fusel schlürfen müssen.

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Weil ich am Telefon allerdings niemanden erreicht habe, haben wir beschlossen, uns ein bisschen durch die Gaybars in meinem Lieblingsbezirk zu hoppen und persönlich nachzufragen. Es waren alle wirklich nett und vor allem spendabel, was wahrscheinlich der Grund dafür war, dass wir in der letzten Bar etwas genervt gebeten wurden doch bitte wiederzukommen wenn wir nüchtern sind.

Nachdem wir erfolglos aus der X-Bar abzogen und unseren den ersten Damenspitz von der Atemluft des Kellners im Village ausfassten, trafen wir diesen netten Herren im Goldenen Spiegel. Er hat uns was von Pussy Riot erzählt aber irgendwie hab ich nicht ganz verstanden was er uns sagen wollte. Wir wurden ins Savoy geschickt um dort nach Bobby zu fragen. Beim Ausgang trafen wir noch mehr nette Herren.

Bobby war wirklich für ein Interview bereit, war aber auch sehr beschäftigt und so mussten wir ein bisschen warten. Wir nutzten die Zeit um unsere ersten zwei Bier zu trinken. Aber Bobby ist außerdem Russe, was zum Einen thematisch gut passt, zum Anderen aber der Grund war, warum ich auch bei diesem Gespräch Verständnisprobleme hatte. Er erkannte sofort, dass Kathi auch Russin ist, obwohl sie gar nicht in ihren Jogginghosen und Louboutins unterwegs war (haha).

VICE: Haben Sie von dem Gesetz in Russland gegen “Homosexuellen-Propaganda” gehört?
Bobby: Nein. Leider nein. Ich habe gerade sehr wenig Zeit.

Szenelokale in den USA und Großbritannien boykottieren deshalb russischen Wodka. Finden Sie das gut?
Das kann ich mir vorstellen! Das finde ich sehr gut! Weil die Leute sind so geboren wie sie sind und dafür bestraft und ausgegrenzt zu werden finde ich nicht richtig. Völlig egal in welchem Land.

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Können sie sich vorstellen sich dem Boykott anzuschließen?
Ja, wenn ich das mit der Geschäftsführung, also mit dem Inhaber bespreche, kann ich mir das vorstellen. Nur ich persönlich kann das nicht entscheiden.

Was trinken Sie gerne?
Ich trinke überhaupt keinen Alkohol. Ich trinke gerne Kaffee.

Und Ihre Gäste?
Die trinken schon gerne Wodka. Viel zu viel. Vor allem den russischen.

Im Marea Alta habe ich wieder sehr wenig verstanden, weil die Kellnerin aus der Ukraine war, aber ich habe begriffen, dass sie sowieso immer schon weißrussichen Wodka verkaufen. Nur meint die Frau, ist das auch nicht besser, weil Lukaschenko noch schlimmer ist als

Putin. Später ist uns aufgefallen, dass das gar nicht die mit der blonden Zopffrisur ist, was uns irgendwie dazu gebracht hat–wie es Betrunkene gerne machen–sehr oft zu wiederholen, wie geil wir Lady Gaga finden. Oder es war die Frisur unseres nächsten Interviewpartners, dem Geschäftsführer im Felixx.

VICE: Haben Sie von dem Gesetz in Russland gegen “Homosexuellen-Propaganda” gehört?
Markus Hörmann: Nein.

Szenelokale in den USA und Großbritannien boykottieren deshalb russischen Wodka. Finden Sie das gut?
Das ist schwer zu sagen. Unsere Gäste sind sehr an diesen Wodka gewöhnt, aber wenn dieses Gesetz wirklich so schlimm ist und es wirklich was bringt, so etwas zu tun, glaube ich schon das wir das machen würden.

Welches Getränk verkauft ihr am meisten?
Bei uns ist das sehr schwierig zu sagen, aber da wir die Terrasse haben, ist das im Sommer so typisch österreichisch Weißer Spritzer oder Aperol Spritzer.

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Was ist Ihr Lieblingsgetränk?
Wodka. Aber es muss kein russischer sein. Mein Lieblingswodka ist Ketel One der ist aus Holland. Aber den verkaufen wir hier nicht, der ist preisklassig zu hoch.

Wollen Sie noch einen Wodka mit uns trinken?
Ja, das können wir machen.

Mit der Mango Bar enden die Notizen, die ich mir professioneller weise auf einer Serviette gemacht habe. Auch das Sietzen schien mir einfach nicht mehr angebracht. Leon V. störte das aber nicht. Nur mit Foto und vollem Namen wollte er nicht erwähnt werden, um seine Fußballkarriere nicht zu gefährden.

VICE: Hast Du von dem Gesetz in Russland gegen “Homosexuellen-Propaganda” gehört?
Leon V: Ja davon habe ich gehört. Das ist natürlich schlimm in der heutigen Zeit, aber die Gesellschaft ist, glaube ich, einfach noch nicht so weit. Wenn ich ehrlich bin, finde ich, dass bei uns viel zu viel darüber geredet und alles übertrieben wird. Wie bei der Parade – würden da mehr normale Leute hingehen, würde es viel mehr akzeptiert werden. Trotzdem glaube ich nicht, dass es bei uns so ein Gesetz geben würde.

Szenelokale in den USA und Großbritannien boykottieren deshalb russischen Wodka. Findest Du das gut?
Wir verkaufen ihn hier noch und ich könnte es mir auch vorstellen, das nicht mehr zu tun, aber es gibt natürlich auch Verträge. Das mit dem Boykottieren ist also gar nicht so einfach. Ich glaube aber auch nicht, dass es wirklich einen Unterschied machen würde. Wir haben auch Eristoff, aber der ist nur zum Exen.

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Was trinkst Du am liebsten?
Ich muss ehrlich zugeben, ich trinke auch am liebsten russischen Wodka.

Und was verkauft sich am besten?
Auch der russische.

Wollen wir noch einen russischen Wodka trinken?
Gerne, der geht aufs Haus.

In der letzten Bar wurden wir mit dem berechtigten Einwand nachhause geschickt, dass meine Artikulationsfähigkeit nicht mehr für ein Interview reicht und ich wieder kommen soll, wenn ich noch ganze Sätze formulieren kann. Aber selbst mein, von Hochprozentigem fast bis zur Funktionsuntüchtigkeit weichgeklopften, Hirn war zu dem Zeitpunkt noch zu der Erkenntnis im Stande, dass in den Wiener Schwulenlokalen noch eine eiserne russische Faust den Wodkamarkt dominiert. Vielleicht liegt es an der Trägheit mit der Informationen unser schönes Wien erreicht. Dass zumindest die Lokalbesitzer hier einfach unpolitisch sind und sich freuen, im Gegensatz zu anderswo in der Welt halbwegs in Frieden gelassen zu werden, ist auch eine Möglichkeit. Ist immerhin der Austrian-Way. Weil ich aber keinem was unterstellen will, finde ich sollte man hier weiter Feldforschung betreiben. Was indirekt mit Erkenntnis Nummer 2 zu tun hat: Mit Kamera und Diktiergerät ist der Rausch billig. Vielleicht solltet ihr euch das auch dieses Wochende zu Herzen nehmen.

DONNERSTAG

Ihr solltet das Wochende ruhig angehen. Mit Kunst zum Beispiel. Klassenzimmer. Second Floor nennt sich die Veranstaltung in der Schönbrunnerstrasse 111 und dort gibt es Vodka!

FREITAG

Wie wir hier schon auf zwei Absätzen zu viel ausgeführt haben, gibt es heute nur eine Alternative zu Kingdom im Volksgarten wofür wir übrigens auch Karten verlosen. Das ganze nennt sich Gedenkabend für Carl Andersen, findet im Weberknecht statt und wie ihr richtig erkannt habt, geht es um einen Gedenkabend für den Wiener Filmkritiker Karl Brazda aka Carl Andersen alias Caro B. Solltet ihr hingehen.

SAMSTAG

Ihr solltet um 12 Uhr Mittag schon fit sein und das VICE Paranormal Olympics Team anfeuern, das beim zweiten Wiener Susikup antritt und allen anderen ordentlich den Popo versohlen wird. Nach den sportlichen Aktivitäten gehts zur Geburtstagsfeier unseres Lieblingsschimpfers Dierkiman auf der Grellen Forelle Terasse und in der Nacht lassen wir uns bei der Susiklub Siegesfeier in der Pratersauna feiern.