Die Tiger Bar in Berlin: Etwas verrückt und „unglaublich nachhaltig“
Alle Bilder: Elif Küçük

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Berlin

Die Tiger Bar in Berlin: Etwas verrückt und „unglaublich nachhaltig“

Fernweh? Versuch es mal hier.

Am Anfang dieser Bar steht die berühmte Geschichte von Janosch, sie erzählt viel über diese Bar: Als der Tiger und der Bär die leere Bananenkiste finden, werden sie neugierig. Sie ist leer, sie riecht aber nach der Banane und auf der Box steht „Panama". Die beiden entschließen sich, diesen Ort zu suchen, den sie nicht kennen und der so fantastisch riecht. Sie machen sich auf den Weg, versorgen sich selbst, der Bär angelt, während der Tiger in den Wald geht, um Essbares zu sammeln. Der Ort, den sie am Ende finden werden, ist ihre eigene Hütte, sie sind im Kreis gelaufen. Ein Kreislauf, im Wortsinne. Nachhaltigkeit ist ein großes Thema bei der Tiger Bar. Ein bisschen ist die Geschichte schon kitschig, aber gut. Doch die Geschichte von Janosch kennt jeder, auch heute lesen die Eltern sie ihren Kindern vor, sie ist eine Mischung aus Fern- und Heimweh.

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Alle Fotos von Elif Küçük

Panama ist das Restaurant, das im letzten Jahr im Berliner Westen aufmachte und sofort ein Erfolg wurde. Die Idee ist genau die der Geschichte, „eine Hommage an ­­Fernweh und Heimatliebe", so drückt es zumindest Phum Sila-Trakoon aus. Ein paar Monate später, im Dezember, machte direkt neben dem Panama die Tiger Bar auf. Die beiden Läden versuchen eine interessante Symbiose. Sie versuchen nachhaltig zu arbeiten und die Tiger Bar verarbeitet deswegen Dinge, die in der Küche der allermeisten Restaurants weggeworfen werden würden.

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Phum Sila-Trakoon und Max Heidenreich in ihrer Bar.

Phum Sila-Trakoon ist einer der beiden Bartender in der Tiger Bar, zusammen mit Max Heidenreich haben sie eine Idee entwickelt, die etwas „verrückt" ist, wie sie selber sagen. „Die Bar soll unglaublich nachhaltig sein", sagt Phum. Sie gehörten einer Generation an, der „gepredigt" worden ist, möglichst keine Lebensmittel wegzuwerfen. Die beiden haben es sich mit diesem Konzept nicht leicht gemacht, es erfordert eine ganze Menge kreativer Arbeit. Es gibt keine Karte voller Klassiker, auf die man sich auf ewig verlassen kann, sie muss immer wieder neu erstellt werden. Sie reden viel mit der Küche, klären, was sich gemeinsam einkaufen lässt oder was auf die neue Speisekarte des Restaurants kommt. „Es gilt, die Prozesse zu Ende zu denken", sagt Max.

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Küchenchefin Sophia Rudolph in der Küche des Panama.

Sie sammeln die Abschnitte und bereiten sie so auf, dass sie sich in der Bar verwerten lassen. Sophia Rudolph, die Küchenchefin im Panama, hilft, wo sie kann. Ein Gericht auf der Karte ist immer mit Banane, ein Hommage an Janoschs Geschichte. Die Schale ist in der Küche jedoch kaum zu gebrauchen. Sicher, daraus lässt sich ein Curry machen, doch die Möglichkeiten sind begrenzt. In der Bar kochen sie aus den Schalen einen Sirup, der dann in die Drinks kommt. Sirup herzustellen und in die Cocktails zu geben, ist eine ihrer Standardtechniken. So machen sie das auch mit der Quitte, die gerade im Dessert auf der Karte steht, oder mit Orangenschalen. Diese werden erst mit Zucker vakuumiert, um den Sirup zu erzeugen. Dabei verwenden sie kein Wasser, denn das würde den Geschmack verfälschen. Danach trocknen sie die Schale wieder, sie wird dann als süß-bitterer Chip zum Drink gereicht.

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Die Orangen-Abschnitte landen später in den Drinks.

Die Tiger Bar ist gedacht, das Restaurant zu ergänzen, die Ideen und Gerichte sollen sich in beiden Läden wiederfinden. Eine Bar, die man nicht gleich versteht, die etwas Neugier beim Gast voraussetzt und den Willen, Neues auszuprobieren. Eine Bar mit Wille zum Stil, ohne das erzwingen zu wollen.

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Alkohol läuft durch Schiefer. Der Apparat ist eigentlich in Japan entwickelt worden, um Tee zu machen.

Dabei geht auch schon einmal was daneben. Bei Phums ersten Versuchen wollte er die Bloody Mary ein wenig verbessern und sie mit einem Sirup aus Bacon und roten Zwiebeln auffüllen, was einfach nur „falsch" schmeckte, und doch hatte es ihm so viel Freude gemacht, dass er weiter experimentieren wollte. In der Bar stehen Vorrichtungen, die Alkohol durch Schiefer fließen lassen, um ihm ein neues Aroma zu geben. Durch Erde von der Mosel und aus Baden-Baden, durch Gestein aus Sambia – alles, um neue Bitters herzustellen. Max liebster Cocktail ist mit Haferflocken und Quitte. Dafür hat er sie angeröstet, in Bourbon gelöst, dazu etwas Quittensirup. Er hat die Haferflocken auch einmal später in Honig angerührt und getrocknet und „unglaubliche" Bourbon-Chips herausbekommen. Es wird nicht langweilig in einer Bar, die immer auf der Suche ist, immer auf Reisen ist.

Die Bar und die Küche in Bildern:

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