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Schon wieder Wahlen!!!

"Wenigstens wissen wir jetzt, was die Parteien NICHT können"

Das VICE-Tagebuch zur Nationalratswahl. Weil das Leben kein Wunschkonzert ist, aber erträglicher wird, wenn man darüber schreibt.

Tagebuch zu schreiben ist gar nicht so einfach wie ihr denkt. Erst recht nicht, wenn es auch noch gut und kurz sein soll. Ein gutes Beispiel für beides war Leo Tolstoi, der zum Beispiel am 25. Jänner 1851 folgenden Eintrag in sein Tagebuch schrieb: "Ich habe mich verliebt oder bilde es mir wenigstens ein; ging auf eine Feier und verlor meinen Kopf. Kaufte ein Pferd, das ich absolut nicht brauche." Was für ein Burner von einem Tagebucheintrag!

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Andererseits schrieb Tolstoi auch über Partys und Liebe und sinnlose Pferdekäufe und nicht über den österreichischen Nationalratswahlkampf. Das macht unsere Ausgangslage natürlich um einiges schwieriger.

Weil wir aber überzeugt sind, dass ihr im Wahlkampf die Erheiterung viel dringender nötig habt als Tolstoi, wenn er Jahre später seine besoffenen Notizen durchgeblättert hat, versuchen wir trotzdem unser Bestes und schreiben jeden Tag bis zur Wahl am 15. Oktober für euch auf, was sich politisch in unsrem Land und in unsren Köpfen tut.

08. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
nachdem wir die Plakate aller Parteien einer gründlichen und total seriösen Analyse unterzogen haben, wissen wir jetzt, dass die Grünen nicht mitdenken, die Roten nicht mehr lächeln können, die Schwarztürkisen nichts zu sagen haben, die NEOS nicht wirklich wen umwerben außer sich selbst, die Liste Pilz nicht blöd bei der Ressourcen-Planung ist und die Blauen nicht sehr viel Kontrolle darüber haben, wen sie auf ihr Fahrrad steigen lassen.

07. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute von der ÖVP endlich mit Frauenpolitik beschenkt worden – wenn auch nur genau vier Sätze lang – und in der begleitenden Illustration gelernt, dass sich Menschen mit XX-Chromosomenpaar durch Füllfeder, Babyflasche, Gurke, Lippenstift, iPad und Stöckelschuhen darstellen lassen.

06. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute den Selbsttest auf wahlkabine.at gemacht und nicht nur gelernt, was die Parteien eigentlich wirklich wollen, sondern auch, dass bei absolut jedem Menschen die KPÖ rauskommt – wenn man Twitter glauben darf, sogar bei Sebastian Kurz (und wenn es auf Twitter steht, ist es bekanntlich die Wahrheit).

05. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute hat ein SPÖ-Mitglied auf Kerns Stammtisch-Video reagiert und gemäß dem antiken Verständnis von Rhetorik als "die Kunst des angemessenen Redens" folgenden Leitsatz formuliert: "Gebt diesen reaktionären Scheißdreck weg, entschuldigt euch und schämt euch in Grund und Boden, dass sowas überhaupt durchgegangen ist!"

04. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute hat Sebastian Kurz beziehungsweise die Neue Volkspartei beziehungsweise die Liste Kurz beziehungsweise die ÖVP den ersten Teil seines/ihres Wahlprogramms an die Medien weitergeleitet – was ziemlich klug von ihnen ist, weil sie bisher so inhaltsleer waren, dass schon die bloße Existenz des Wahlprogramms genug Inhalt für eine Meldung ist, wie zum Beispiel beim ORF, der heute schreibt: "Wahlprogramm: ÖVP leitet ersten Teil an Medien weiter" und sehr viel mehr muss man dann eigentlich auch gar nicht mehr über die ÖVP sagen, außer vielleicht: Lorem ipsum.

03. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute breit angelegtes Staunen über SPÖ und ÖVP bei Im Zentrum, weil beide alles ändern und eine dynamische Bewegung für junge Menschen sein wollen, aber gleichzeitig beide Parteien seit 1945 nur 7 Jahre (SPÖ) beziehungsweise 17 Jahre (ÖVP) nicht selbst mitregiert haben.

02. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute Straches "Bitte wählt nicht den Kurz"-Wahlkampfauftakt in der Lugner City mitverfolgt und anschließend beim Swipen auf Tinder heute den Kanzler entdeckt – wenn auch nicht als User, sondern nur in der Form eines Wahlkampfspenden-Aufrufs –, woraufhin wir uns gefragt haben, wie oft wohl sexhungrige Millennials wirklich 10 Euro auspacken, um dem Regierungschef unter die Arme zu greifen, wenn sie eigentlich da sind, um andere Dinge auszupacken und noch mal ganz andere anzugreifen.

01. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute biedert sich Christian Kern in einem neuen SPÖ-Werbevideo der FPÖ-Wählerschaft an, indem er sich an einen Stammtisch setzt und den rassistischen Ressentiments der "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!"-Kundschaft freien Lauf lässt – anstatt zum Beispiel auf so sinnbefreite Sager wie "Wenn ich auf der Kärntner Straße, meinem Heiligtum, jemanden in Burka sehe, bekomme ich Angst; ich weiß ja nicht, ob da ein Mann oder eine Frau drinnen ist" sowas zu antworten wie: "Wenn Sie, gnädige Frau, auf der Kärntner Straße jemanden in einer Burka sehen, ist das erstens mit ziemlicher Sicherheit eine Frau, auch wenn sie ihr Geschlechtsteil nicht frei einsehbar trägt, und zweitens wahrscheinlich eine steinreiche Touristin aus den Emiraten, keine radikalisierten Ottakringerin … denkt denn niemand an die armen Juweliere???"

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