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Politik

„ACAB" bleibt erlaubt, doch die Polizei hat neue Methoden, Fans dafür anzuzeigen

Das Bundesverfassungsgericht spricht vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit. Die Polizei weiß trotzdem, wie sie aus ACAB eine persönliche Beleidigung machen kann.
Schriftzug ACAB auf einer Fahne
Ultras von Rapid Wien wollen scheinbar „Acht Cola, Acht Bier" bestellen. Foto: Imago

ACAB kann für vieles stehen: „Acht Cola, Acht Bier", „All Colours Are Beautiful" oder „Acht Cookie, Acht Banane" . Meistens ist mit diesem Schriftzug jedoch „All Cops Are Bastards" gemeint. Nach einigen Urteilen sprach das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nun ein Machtwort: ACAB ist nicht automatisch eine strafbare Beamtenbeleidigung. Das Gericht beruft sich auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit.

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„Die Kundgabe der Buchstabenkombination 'ACAB' im öffentlichen Raum ist vor dem Hintergrund der Freiheit der Meinungsäußerung nicht ohne weiteres strafbar", heißt es in einer Pressemitteilung des BVerfG. Eine Verurteilung wegen Beleidigung gemäß § 185 Strafgesetzbuch (StGB) setze jedoch voraus, dass sich die Äußerung auf eine „hinreichend überschaubare und abgegrenzte Personengruppe" beziehe. Ansonsten sei der Eingriff in die Meinungsfreiheit nicht gerechtfertigt. Doch die Parole ACAB verletzt laut BVerfG nicht automatisch einzelne oder mehrere Polizisten, sondern bringe vielmehr „eine allgemeine Ablehnung der Polizei und ein Abgrenzungsbedürfnis gegenüber der staatlichen Ordnungsmacht zum Ausdruck." Beleidigt werde nämlich das ganze Kollektiv sowie dessen soziale Funktion und nicht ein einzelner Beamte.

Das Gericht bezog sich auf zwei konkrete Fälle: Beim Besuch eines Fußballspiels hatte ein Mann eine Hose mit dem Schriftzug ACAB getragen und war daraufhin von Bereitschaftspolizisten angezeigt worden. Das Amtsgericht verurteilte den Mann wegen Beleidigung und die Berufung am Landgericht und die Revision am Oberlandesgericht blieben erfolglos. In einem anderen Fall hatten Fans ein Banner mit den vier Buchstaben im Stadion gezeigt und wurden ebenfalls wegen Beleidigung verurteilt. Ihre Beschwerden vor dem Verfassungsgericht wurden nun angenommen. Trotzdem müssen ACAB-Freunde aufpassen: Vor allem Polizisten haben sich auf das Urteil eingestellt.

„Die Tendenz in der Rechtssprechung war schon ähnlich und die Parole wurde eigentlich nicht mehr ernsthaft verfolgt. Aber seit ein bis zwei Jahren geht die Polizei wieder vermehrt gegen den Schriftzug vor", erklärt Anwalt Dr. Andreas Hüttl im Gespräch mit VICE Sports. Der Strafverteidiger aus Hannover ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte und vertrat auch schon Fans wegen ACAB-Anzeigen. Der Trick der Polizei: Die Beamten konkretisieren in letzter Zeit immer häufiger ihre Anzeigen. „Polizisten haben sich auf das Urteil eingestellt und bringen mittlerweile einen persönlichen Bezug in ihre Anzeigen", erklärt Dr. Hüttl. „Da heißt es dann, dass jemand ein ACAB-Shirt getragen und extra gehässig einen Polizisten angegrinst hat oder er hat eine Handbewegung in Richtung bestimmter Polizisten gemacht."

Trotz des Urteils rät der Anwalt seinen Mandanten das Tragen von ACAB-Schriftzügen im Stadion zu unterlassen. „Das Urteil ist gut, aber kein Freibrief. Man kann mit einem ACAB-Schriftzug ins Stadion, aber ich sage meinen Mandanten, dass man trotzdem immer Stress und viele Kosten hat", so Dr. Hüttl. „Die Beamten wissen von dem Urteil und werden die Beleidigung nun vor Gericht auf eine konkrete und persönliche Ebene herunterbrechen."

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