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Die Japaner können nicht damit aufhören, gefährdete Meeressäuger zu essen

Japan liebt verständlicherweise Meeressäugetiere. In der Tat sind sie typischerweise niedlich und oft Intelligent. Aber was viele Japaner anscheinend am meisten an ihnen lieben, ist, wie köstlich sie sind.

Japan darf laut UN-Beschluss in der Antarktis zwar keine Wale mehr abschlachten, aber es gibt noch genügend andere Meeressäuger, die auf den Tellern landen.

Japan liebt verständlicherweise Meeressäugetiere. In der Tat sind sie typischerweise niedlich und oft Intelligent. Aber was viele Japaner anscheinend am meisten an ihnen lieben, ist, wie köstlich sie sind.

Die jährliche Delfinjagd in der berüchtigten Bucht von Taiji war im letzten Januar mal wieder Quelle von vielen Kontroversen. Die kürzlich ernannte US-Botschafterin Caroline Kennedy sorgte sogar für eine kleine diplomatische Krise, als sie tweetete, dass sie „zutiefst besorgt" über die „Unmenschlichkeit" dieser Praxis sei.

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Japan hat die Welt auch mit seiner jährlichen Walfang-„Forschung" erzürnt, bei der japanische Fischerboote in die Antarktis fahren, um Wale zu studieren, indem viele von ihnen umgebracht werden. Daraufhin bringen „die Forscher" das Fleisch zurück nach Hause und versuchen, es zu dort verkaufen, obwohl der Markt für Walfleisch in Japan sehr klein ist.

Vor Kurzem fanden die Japaner noch um einiges süßere Meeressäugetiere für ihre Speiskarten. Bedrohte Seelöwen und Seehunde. Regierungsquellen schätzen, dass einige Hundert von ihnen jährlich gegessen werden, wobei nicht klar ist, ob jemand mitzählt, wie viele getötet werden.

Laut Greenpeace sind etwa 85.000 Stellersche Seelöwen im Nordpazifik übrig. Die Spezies ist in Alaska bedroht, und die Internationale Union für die Erhaltung der Natur (IUCN) hat sie auf ihre rote Liste gesetzt. „Stellersche Seelöwen waren das meistvorgefundene Meeressäugetier, bis ihre Population in den frühen 1980ern rapide sank", sagt Greenpeace. „Die Gründe für den Abfall sind nicht bekannt."

Um einen möglichen Grund dafür zu entdecken, brauchst du nur einen Dosenöffner.

Seelöwen und Seehunde werden an den Küsten von Hokkaido gejagt und getötet und tauchen dann in Souvenirläden und auf Webseiten wie Rakuten, Amazon Japan, und Yahoo! wieder auf. Dort können Käufer die Tiere schwimmend vorfinden … schwimmend in Currysoße. (Falls Meeresgetier nicht dein Ding ist, kannst du auch Braunbär bestellen, ebenfalls eine bedrohte Tierart.)

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Aber es ist kein großes Profitunternehmen. „Es gibt zwar Touristenläden, die Seehund und Seelöwe in der Dose verkaufen, aber ich würde sie nicht die beliebteste Souvenirwahl nennen", sagt Masahide Obura, ein Sprecher der lebensmittelindustrienahen Industrie und Handelskammer in der Präfektur Hokkaido. Stattdessen scheint der Verkauf des Fleisches ein Nebenweg zu sein, etwas Geld zu verdienen, nachdem die Tiere geschlachtet wurden, damit sie japanische Fischer nicht bei ihrer Arbeit stören oder ihnen ihren Fang wegfressen. Ein Regierungsbericht vom August 2012 besagt, dass Meeressäugetiere jährlich etwa 22,3 Millionen Dollar Schaden anrichten, indem sie sich durch Fischernetze beißen und die Fische, die die Fischer fangen wollen, fressen.

So informiert eine Webseite, die Seelöwenfleisch in der Dose anbietet, den Käufer: „Seelöwen werden die ‚Gangster des Ozeans' genannt; sie machen Netze kaputt, konsumieren große Mengen Fisch. Sie sind der Erzfeind des Fischers. In Hokkaido allerdings sind sie eine Delikatesse. Um ihre Köstlichkeit zu bewahren, werden sie auf die traditionelle japanische Art gekocht (mit Ingwer, Miso, Zucker)."

Also kannst du für gerade mal 735 yen (etwa 5 Euro) nicht nur den Kampf gegen das Übel, genannt Seelöwe, aufnehmen, du kannst auch ihr schmackhaftes Fleisch genießen—auf japanische Art gekocht!

Wir kauften also eine Dose Seelöwencurry und eine Dose Seehundcurry aus dem Laden ‚Village Vanguard' in Tokio. Das Curry, noch in der zylindrischen Form der Dose, landete mit einem *plop* im Topf und bereicherte die Küche mit dem salzigen Duft der japanischen Nordküste.

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Als Erstes probierten wir den Seelöwen. Das Fleisch war zart, mit einer Textur ähnlich der von Lamm. Der Salzgeschmack des Fleisches war eher subtil und wurde nicht komplett von den starken Gewürzen des Curry überdeckt. Um es kurz zu machen, es war ziemlich gut. Obwohl das Essen von Seelöwenfleisch und auch Seehundfleisch ein Verbrechen gegen die Natur ist, ist Seehundfleisch auch ein Verbrechen gegen den eigenen Gaumen.

Seehundcurry sollte einfach nicht existieren. Sowohl, weil es unethisch ist, bedrohte Tierarten zu jagen, zu töten und zu essen, aber auch, weil all die Currygewürze und scharfen Chillischoten den unglaublichen Gestank und Geschmack des Seehundes nicht übertünchen können.

Wir entschieden uns also dazu, die Firma, die diese Dosen mit in Curry eingelegten bedrohten Tierarten herstellt, die Hokuto Corporation aus Sapporo, um eine Erklärung zu bitten.

„Wir sind eine kleine Firma, also haben wir nicht wirklich die Arbeitskräfte oder Zeit, um Medienanfragen zu beantworten", sagte der Stellvertreter der Firma, der seinen Namen nicht nennen wollte. „Wenn wir einem Medienunternehmen ein Interview geben, müssten wir dies auch für den Rest tun, also gibt es keinerlei Ausnahmen."

Er fügte allerdings hinzu, dass all das Seehund- und Seelöwenfleisch in der Hokkaido-Präfektur gejagt wird, und dass man ein besseres Angebot bekommt, wenn man gleich große Mengen kauft.

2002, inmitten einer Debatte um Änderungen an Japans Tierschutzgesetz, sagte der Leiter des Resources Enhancement Promotion Department in der Fischereiagentur einem Mitglied des Upper House Environment Committee, dass er fand, dass Stellersche Seelöwen nicht „als bedrohte Tierart in Erwägung gezogen" werden sollten, da Statistiken der Zeitung Yomiuri zufolge die Seelöwenpopulation in Japan angestiegen sei. Aber das war nur die halbe Wahrheit; die Population der Stellerschen Seelöwen ist in Japan nur deshalb angestiegen, weil die Seelöwen wegen der Erderwärmung näher an die Küsten migriert sind. Die Seelöwenbevölkerung im Osten ist insgesamt stark gesunken.

Seehunde und Seelöwen wären ansonsten als gefährdete Tierarten klassifiziert. Aber das Ministerium für Umwelt degradierte Seelöwen von Klasse 2 der gefährdeten Tierarten zu einer fast gefährdeten Tierart. Wieso? Vielleicht, weil sie nicht so süß wie Seehunde sind. Sie bellen sehr laut und haben eine borstige Gesichtsbehaarung, und sie hatten nie ein süßes Maskottchen namens Tama-Chan, das in den Wasserwegen von Tokio rumschwimmt und die Leute daran erinnert, sie nicht zu töten und zu essen. Seelöwen sind es auch, die eher Fischernetze zerstören und die lokale Fischpopulation fressen.

Also sind Seelöwen in Japan nicht mehr geschützt—aber Seehunde sind es immer noch, was bedeutet, dass die Jagd auf sie zwecks Konsum illegal ist. Zufälligerweise sieht man auch kein Seehundcurry mehr im Angebot der Webseite von Hokuto. Wir fanden einen Zeitungsartikel der Zeitung Mainichi aus dem Jahre 2004 über ein Meeresfrüchteverarbeitungsunternehmen in Hokkaido, das verkündete, dass es die Produktion von Seehunderzeugnissen eingestellt hatte und Seehundfleisch in Dosen aus den Regalen verschwunden war. Die Zeiten haben sich geändert.