Markusplatz in Venedig

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Die Welt ist nicht genug für diese gnadenlosen deutschen Tripadvisor-Nörgler

"Dieses spektakuläre Naturereignis verdient nicht mal zwei Punkte."

Es ist eine Schande: Das deutsche Kulturerbe ist nicht gut genug für die gnadenlosen Touristen, die sich nach ihren Reisen ins Land der Dichter und Denker auf Tripadvisor der Welt mitteilen.

Doch auch der gemeine deutsche Tourist ist nicht leicht zufrieden zu stellen. Statt sich bei seinen globalen Abenteuern genügsam auf ein buddhistisches Meditationskissen zu betten, besinnt er sich nur allzur oft auf eine seiner größten Tugenden: Meckern. An der digitalen Reise-Bewertungsfront lässt er dann gerne ein bisschen Dampf ab, wenn er im Urlaub nicht alles so vorfindet, wie er es sich erhofft hatte.

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Da der Deutsche aber nun mal gerne fremde Länder erkundet, kommt auf Rating-Portalen wie Tripadvisor einiges an Nörgeleien zusammen. Eine längere Durchsicht der hinterlassenen Bewertungen offenbart dabei die höchsten Güter deutscher Touristen: ein passendes Preis-Leistungs-Verhältnis (Geiz ist auch beim Spektakel geil), kurze Wartezeiten und eine möglichst geringe Menge an sonstigen Touristen beim Besuch der Highlights dieser Welt.

Ein richtiger Scheißurlaub und das nur wegen unzureichender Warnschilder!

Eine kleine Reise in die Tripadvisor-Spalten dieser Welt offenbart, dass manche Touristen auch noch deutlich spektakulärere Ansprüche hegen:

Taj Mahal — Agra, Indien

Ein Berliner Indientourist fasst die Unzulänglichkeiten des schneeweißen Grabmals gekonnt zusammen:

„Enttäuschend — völlig überbewertet". Solch eine Beurteilung kommt leicht von den Lippen und kann eigentlich jede Sehenswürdigkeit mit einem kalten Faustschlag abkanzeln. Doch im Gegensatz zu anderen passionierten Motzern, begründet diese Person ihren Unmut noch mit eleganten Worten:

„Das Gebäude ist zwar schön, aber alles ist überfüllt mit Touristen und Einheimischen, die dein Geld haben wollen, dass es schwierig ist irgendwas daran zu genießen, vor allem, wenn du es schon Millionen mal auf Postkarten gesehen hast."

Touristen scheuen Sehenswürdigkeiten normalerweise ja wie der Teufel das Weihwasser—die Info ist also hilfreich und berechtigt. Obwohl das Taj Mahal eines der Sieben Weltwunder der Neuzeit ist wundert es schon sehr, wenn irgendendwelche findigen Kleinunternehmer (womöglich auch noch illegal) damit Geld verdienen wollen.

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Akropolis —Athen, Griechenland

Akropolis. Bild: Wikimedia, Dzenanz | Public Domain | Montage: VICE

„Sehr enttäuscht" schreibt ein Reisender aus Remagen, diesmal über die Akropolis. Wie gesagt, enttäuscht geht immer. Aber es ist natürlich auch eine bodenlose Frechheit, wenn ein auf einem Hügel befindliches antikes Bauwerk nicht über einen Treppenlift zu erreichen ist.

„Der einzige Zugang zum Plateau erfolgt über steile ungesicherte Stufen ohne Möglichkeit zum Festhalten. Das erfährt man leider erst, nachdem man den stattlichen Eintritt von 12.- Euro schon bezahlt hat." Auch die Griechen machen sich also den alten Finanztrick der Katze im Sack zunutze. Erst zahlen, dann die bröckelige Architektur präsentieren, das wäre bei der antiken Hochkultur damals nicht passiert.

Auch haben die Akropolis-Verwalter vergessen, das Schild mit der Aufschrift „Obacht Hügel" für alle sichtbar anzubringen. „Nur für absolut Schwindelfreie geeignet. Im Gedränge ist der Aufstieg höchst riskant. Als ich dort war, gab es einen Unfall. Ich bin von der Antike fasziniert und war wegen der miserablen Organisation sehr frustriert."

Ein richtiger Scheißurlaub und das nur wegen unzureichender Warnschilder! Mist!

Sagrada Familia — Barcelona, Spanien

Dieses Bauwerk ist in seiner unendlichen Entstehungsgeschichte die direkte Konkurrenz zum Berliner Flughafen. Nur, hier meckert keiner, sondern die Sagrada Familia wird uns auch noch als Sehenswürdigkeit verkauft.

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Wie wärs, wenn wir den BBI auch in die angesagten Berlinführer aufnehmen und überteuerte Flughafenführungen anbieten, um die Finanzierung von Licht-, Sprenkelanlage und Landebahnen ein wenig anzukurbeln? Vielleicht würde dann sogar der arbeitslose Wowi die Verantwortung für das touristische Spaßobjekt übernehmen und die Baustelle mit einem Riesenrave aus den roten Zahlen holen.

Nicht einmal schön muss eine Sehenswürdigkeit aussehen, um erfolgreich abgefeiert zu werden. Dieser Bochumer zieht über die Gaudi-Kirche eine vernichtende Bilanz:

„Unglaublich hässlich und kalt. Gaudi hin, Gaudi her, Kunst ist Geschmacksache und die Sagrada Familia wirkte auf mich kalt, diabolisch, dämonenhaft. Nicht nachzuvollziehen dass man Millionen ausgibt um so etwas zu bauen. Böses Wort aber es fällt mir dazu ein: Entartete Kunst!"

Das musste mal gesagt werden. Diese pastorale Baustelle hat ihr Ansehen nicht verdient. Nicht einmal die Japaner und Amerikaner lassen sich von dem diabolischen Machwerk abschrecken. Sie lassen den Deutschen überhaupt keinen Platz zum Gucken, wie diese Duisburgerin richtig erkennt:

„Menschenmassen aus aller Herren Länder. Die meist besuchte Baustelle der Welt, völlig überbewertet, wir haben es uns geschenkt mit Horden von Japanern, Amerikanern in dieses Gemäuer zu gehen."

Die Sagrada Familia ist das Hassobjekt deutscher Barcelona-Besucher. Hier können sie ihren Frust über den ungeliebten Nachbarn in Duisburg Meiderich einfach mal so richtig rauslassen.

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Was muss der Gaudi nur für ein schlechter Mensch gewesen sein, das hätte der 12-jährige Sohn meiner Cousine dritten Grades genauso zusammen basteln können, urteilt auch eine Münchenerin:

„Hässlicher Stilmix. Als großer Fan englischer Kathedralen habe ich mir die Sagrada Familia nicht entgehen lassen können, wurde aber bitter enttäuscht: Selten so ein geschmackloses Mischmasch verschiedener Stile gesehen. Fand aber auch alle anderen Gaudi-Werke recht bescheiden…"

Markusplatz — Venedig, Italien

Was soll man schon in Venedig?! Eine Stadt, die bald in ihren eigenen Straßen versinken wird, ist einen Besuch nicht wert. Das wäre unserem König Ludwig nicht passiert, nicht mal der alte Fritz hätte so einen Mist gebaut.

Und so kann auch der berühmte Markusplatz im innerdeutschen Ranking keinen Vogel abschießen (obwohl es ja genug Tauben dafür gäbe).

„Wir können nicht verstehen warum dieser Platz so angepriesen wird. Es laufen viele Afrikaner herum die Kopien von Handtaschen verkaufen wollen. Inder drücken einem pausenlos Rosen in die Hand und man muss aggressiv werden damit sie nicht wieder kommen. Zudem verkaufen die Inder sinnlose Lichtspielzeug was sie pausenlos in die Luft feuern. Links und rechts des Platzes alles überteuert und keine Qualität."

Colosseum — Rom, Italien

Das Colosseum ist nicht nur hoffnungslos überfüllt, es ist auch noch kaputt. Doch zum Glück gibt es eine Hauptstraße die direkt vor dieser umansprechend präsentierten antiken Kulisse vorbeiführt.

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Der praktische Tipp aus Böblingen:

„Mehr Schein als Sein! Im TV sieht alle besser als in der Realität aus. Die fahrt mit Auto am Colosseum vorbei reicht vollkommen aus."

 Grand Canyon, USA

Nein, nein, nein. So geht es nicht. Der Grand Canyon an sich ist ja schon echt toll, aber das mit den vielen Menschen dort, das macht einfach keinen Spaß. Haben die etwa diese Darmstädter am Frühstückstisch belauscht und ihnen die tolle Ausflugsidee geklaut? Was ist nur los mit dieser Welt…

„Ich bewerte hier das "Erlebnis Grand Canyon". Und das ist schlichtweg eine Katastrophe, verdient kaum noch die zwei Punkte. Jeder gute Viewpoint ist massiv überlaufen, auch außerhalb der Saison. Hunderte von Menschen quälen sich aneinander vorbei, auf jedem Foto vor der traumhaften Kulisse sind mehr Touristen als Felsen zu sehen. Selbst die Wanderung ins Tal hinein trauen sich inzwischen anscheinend auch Familien mit mehreren Kinderwagen zu. Von einem traumhaften Naturerlebnis kann hier also keine Rede mehr sein, keinen Moment ist man allein."