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FIGHTLAND

Es ist zu heiß für Bareknuckle-Boxen in Südafrika

Boxkämpfe mit bloßer Faust haben in Südafrika jahrhundertelange Tradition. Doch dieses Jahr müssen selbst die unerschrockensten Kämpfer im Schatten die Hitze aussitzen. Schuld ist der Klimawandel.

Weihnachten habe ich in New York verbracht und es hat sich für viele wie Frühling angefühlt. Nicht aber für mich. Für mich hatte es eher was von Endzeitstimmung. Draußen sah man Knospen sprießen und Tau auf Grashalmen glitzern. Jeder zwitschernde Vogel und jede blühende Pflanze ließ bei mir die Alarmglocken schrillen: Die Meeresspiegel steigen, unsere Pole schmelzen und das alles ist verdammt nochmal unsere Schuld. Ich mach mir eigentlich nichts aus Weihnachten und trotzdem war mein Weihnachten dieses Jahr ruiniert.

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Und nicht nur der Traum weißer—oder wenigstens winterlicher—Weihnachten war im Eimer. Wer vor Kurzem die erste Etappe der diesjährigen Tour de Ski gesehen hat, sah so ziemlich alles außer (natürlichem) Schnee. Die Situation hat sich so weit zugespitzt, dass dieses Jahr in Südafrika—nicht gerade ein Ort, an dem Hitze ein Fremdwort ist—aufgrund unerträglicher Temperaturen ein jahrhundertealtes Bareknuckle-Turnier de facto eingestellt werden musste. Nichts scheint mehr sicher zu sein.

In diesen Tagen befindet sich das Volk der Venda aus der südafrikanischen Provinz Limpopo noch immer in seinen wochenlangen Neujahrsfeierlichkeiten. Traditionell gehören zu dem rauschenden Fest auch Boxkämpfe mit der bloßen Faust, bekannt als „Musangwe". Hunderte Schaulustige versammeln sich dann um den provisorisch errichteten Kampfschauplatz und schauen gebannt zu, wenn wütende Männer aufeinander losgehen. Gekämpft wird, bis Blut in Strömen fließt, ein K.o. eintritt oder einer der Kämpfer aufgibt. Pistolen, Messer oder Kickboxing sind nicht erlaubt, dafür aber Muti, eine Form von Hexerei.

All das sollte gerade in dem Dorf Tshifudi stattfinden, wo die Faustkämpfe kulturell so tief verankert sind wie bei uns Weihnachtsliedertrallern oder Christbaumschmücken. Doch aktuell plagt eine unfassbare Hitzewelle das Land. Vor wenigen Tagen war es fast 40 Grad heiß. Organisator Tshilidzi Ndevane meinte, dass einige Kämpfer—mutige und waghalsige Männer, die sonst im Namen der Ehre bereitwillig ihr Leben aufs Spiel setzen—aktuell nur unter Schatten spendenden Bäumen anzutreffen sind und sich weigern zu kämpfen. „Es ist sehr, sehr heiß", sagt Ndevane und ergänzt, dass dieses Jahr auch viele Zuschauer ausgeblieben sind.

Und das sollte man durchaus als alarmierend ansehen, sind die Musangwe-Kämpfe doch nicht nur eine uralte Tradition, sondern auch ein echtes Highlight im Kalender der Venda, bei dem junge Männer aus der Gegend für die Herausforderungen des Lebens gestählt werden sollen.

Wir sollten hoffen— und, wer will, auch beten—, dass den Beschlüssen der Klimakonferenz in Paris alsbald Taten folgen werden. Sonst könnte schon bald noch viel mehr verloren gehen, auch außerhalb der Welt des Sports, versteht sich.