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Shanghai

Der seltsame M&M's-Kult hat auch China erreicht

So allgegenwärtig die süßen, bunten Kleinen auch sind, waren sie für mich noch nie viel mehr als eine 08-15-Naschoption. Dass dies aber einige Menschen ganz anders sehen, habe ich vor Kurzem in der M&M’s World in Shanghai erlebt.

Ich habe noch nie verstanden, was an M&M's so fesselnd sein soll.

So allgegenwärtig die süßen, bunten Kleinen auch sind, waren sie für mich noch nie viel mehr als eine 08-15-Naschoption. Sie sind wie eine Cola an einem heißen Tag; eine Friends-Folge, wenn mal wieder nichts anderes läuft; ein Sandwich für die Zugfahrt—ganz nett, verlässlich und immer zu haben, wenn auch nicht unbedingt Auslöser von Hochgefühlen.

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All images by the author.

Bunte SchokoWelt

Aus diesem Grund fand ich die riesige Beliebtheit, der sich die riesigen, farbverliebten Schokoschreine namens M&M's World erfreuen, schon immer sehr befremdlich. Im Gegensatz etwa zu der durchaus verständlichen Begeisterung für die von RITTER SPORT in Berlin, ebenfalls ein PR-Fest, aber immerhin nicht ausschließlich ein architektonischer Gaumenschmaus—denn hier werden auch ein paar Informationen zur Schokoladenherstellung vermittelt.

Dagegen sind die M&M's Worlds nichts weiter als kitschig-grelle Shops, die ihre Süßigkeiten in XXL-Verpackungen anbieten und so viel Werbeartikel verhökern, dass jeder Merchandising Division von Disney der Atem stocken würde.

kid with orange toy

Alle hier abgebildeten Fotos wurden in Shanghai aufgenommen, wo nach Las Vegas (hier begann der Spuk), New York, Orlando, Henderson und London schon die sechste Dependance von M&M's World ihre schokoladenverschmierten Pforten geöffnet hat.

Die 1.600 m² große Ladenfläche verblasst jedoch im Vergleich zu der 35.000 m² fassenden Location in London, direkt am Leicester Square. Doch damit nicht genug. In Shanghai musst du zur Zeit auch noch auf schwofende M&M's verzichten, deren Anblick dich glauben lässt, dass sich unter deine bunten Kugeln noch was anderes als Schokolade gemischt haben muss.

Outside shot

Aber keine Sorge, der Laden ist immer noch ziemlich groß. Und wie so ziemlich alles in China, das groß, schrill, neu und bunt ist und mit niedlichen Figuren daherkommt, hat sich auch der hiesige M&M's-Vorposten schon längst zum Publikumsmagnet entwickelt, seit vor einem Monat ein roter und ein gelber M&M die ersten Besucher herzlich in Empfang genommen haben.

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Da hat sich mir eine Frage aufgedrängt. Kann es für ausgeprägte M&M's-Manie überhaupt einen besseren Ort geben als Shanghai, DIE Kapitalismus-Hochburg, wo auch schon andere westliche Brands überschwänglich verehrt werden? Der Frage musste ich einfach nachgehen.

Red M&M kid photo

Selfies und Familienschnappschüsse mit skurrilen Objekten im Hintergrund sind ja ein beliebter Volksport in China. Und die M&M's World lässt diesbezüglich keine Wünsche offen.

Panda statue

Allein schon deshalb, weil ein Großteil der Deko alle gängigen China-Klischees großzügig bedient. Darum wurde natürlich auch an einen Panda-M&M gedacht.

Terracotta warrior M&M

Und natürlich durften ebenso wenig M&M's im Terrakotta-Krieger-Gewand fehlen. Selbst ein M&M mit frecher Mao-Zedong-Frise hätte mich nicht groß überrascht.

the great wall of chocolate

Die Hauptattraktion war aber ein Wasserfall aus abertausenden M&M's, die aus riesigen Rohren direkt in die wartenden Plastiktüten der begeisterten Kunden purzelten. Willkommen an der Großen Mauer der Schokolade.

An alle Nörgler: OK, es mag vielleicht nur drei verschiedene M&M's-Sorten (Milchschokolade, Erdnuss und Mandel) geben, aber hier kriegst du sie in sage und schreibe 22 unterschiedlichen Farben.

Chocolate scramble

Obwohl ich an einem stinknormalen Donnerstag vorbeigeschaut habe, gab es einen regelrechten Run auf die besten Farben. Ich hatte ursprünglich gedacht, dass die Begeisterung der Chinesen mehr mit den niedlichen Figuren als dem Produkt selbst zu tun haben muss, doch weit gefehlt: Ja, auch die Werbeartikel fanden viele gierige Abnehmer, doch die wahre Attraktion und Magnet der Massen war nun mal The Great Wall of Chocolate, vor der es—im erbitterten Kampf um die buntesten M&M's—zu tumultartigen Szenen kam.

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Du findest hier übrigens keine handelsüblichen M&M-Packungen—hier ist Exklusivität der ausschlaggebende Punkt.

Guy buying M&Ms

Ein Mädchen, das sich als echte M&M-Expertin erwiesen hat, hat mir zugestimmt: „Die meisten Sachen, die du hier siehst, kriegst du nirgendwo sonst." Der junge Mann mit dem Hipanda-Shirt, zum Urlaub in Shanghai, hat mir dann noch verraten, dass ihn die Farbauswahl ziemlich überfordert hat. „Warum ich mich am Ende hierfür entschieden haben? Weil diese Farben für Mädchen sind. Das schenke ich meiner Freundin."

Phone cover

Dass du hier wirklich ganz seltene Artikel schießen kannst, ist beim Anblick dieser zum Anbeißen süßen iPhone-Hülle kaum von der Hand zu weisen. „In normalem Supermärkten sind M&M's ja schon verpackt", klärte mich eine weitere M&M-Jüngerin auf. „Hier aber können wir die Farben aussuchen und das Ganze auch noch selber einpacken. Mit einer eigens dafür bereitgestellten Maschine!"

Mood machine

Doch das ist nicht die einzige Maschine, die für Jubelstürme sorgt. Eine andere verrät dir dank bestimmter Sensoren (ich weiß nicht, ob ich vielleicht selber schon zu viele M&M's intus hatte, verstanden habe ich die Technik dahinter auf jeden Fall nicht), in welcher „Farbstimmung" du gerade bist—überraschenderweise werden nur solche Farben diagnostiziert, für die es auch entsprechende M&M's gibt. Diesem Mädchen wurde verkündet: „Du bist äußerst angetan von der Kunst der Schokoladenherstellung." Ich blieb kurz stehen, weil ich wissen wollte, ob die Prophezeiung noch ein Sequel hätte, vielleicht in Form einer unheilvollen Botschaft à la „Du hast nur noch sechs Monate zu leben." Ich kann aber Entwarnung geben. Der Nasch-Nostradamus hat sich nur von seiner Schokoladenseite gezeigt.

Ich habe Shanghais M&M's World mit der Erkenntnis verlassen, dass die Popularität des Ladens eng mit dem Charakter der Stadt verknüpft ist. Denn hier ist der Ort, wo selbst kühne Träume wahr werden können. Das zeigt sich auch daran, mit welcher Geschwindigkeit Wolkenkratzer hochgezogen werden (schneller als in New York und Tokio) und immer neue Mega-Malls das Bild der Stadt bestimmen.

Doch nachdem ich in unzähligen Kindergesichtern ein süßes Freudenstrahlen erblicken konnte (und die meisten Eltern dabei ertappte, wie sie sich über das bunte Treiben fast mehr als ihre Sprösslinge freuten), muss ich zugeben, dass M&M's bei mir einige Pluspunkte sammeln und dadurch sogar Smarties abhängen konnte. Und daran wird sich auch nichts ändern, bis, ja bis das erste Smarties World seine Pforten öffnet, um seine Süßigkeiten in Farben anzubieten, die du so nirgendwo sonst finden kannst, die aber dennoch alle gleich schmecken.

Yellow statue