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Udo Vetter: Ja, das Urteil ist ein gutes Beispiel dafür, wie wenig die Gerichte der unteren Instanzen sich mitunter um die Vorgaben aus dem Bundesverfassungsgericht kümmern. Da wird mit fadenscheinigen Argumenten die Rechtslage nochmal zurechtgebogen, nur damit man doch zu der gewünschten Verurteilung kommen kann.
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Natürlich haben die Urteile des Bundesverfassungsgerichts Signalwirkung, die sollen eine klare Vorgabe für die unteren Instanzen sein. Aber man erlebt das als Strafverteidiger jeden Tag: Zum Beispiel beim Thema Hausdurchsuchungen, da kommen aus Karlsruhe praktisch im Wochenrhythmus klare Signale, dass man die Verhältnismäßigkeit beachten muss, und das wird trotzdem missachtet.Dieses Urteil finde ich ein krasses Beispiel dafür, dass man sich das Recht mit reichlich an den Haaren herbeigezogener Rabulistik doch noch zusammenbiegt. Nach dem Motto: „Das ist ja nicht genau der gleiche Fall, da waren ja Polizisten vor Ort, die haben sich konkret beleidigt gefühlt."Aber es ist ja fast exakt der gleiche Fall—ein Aufnäher auf einer Demo.
Ja, eigentlich schon. Es ist eben auch oft so, dass manchen Richtern die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts einfach nicht gefallen, und die halten sich dann auch nicht dran. Aus juristischer Sicht ist es zwar fast unmöglich, hier von einer Rechtsbeugung zu sprechen, das ist zu genau definiert. Aber für den normalen Bürger sieht das natürlich schon so aus, und im praktischen Sinne ist das eine Rechtsbeugung, die da stattgefunden hat. Also ich bin schon empört.Kann das Mädchen jetzt Berufung einlegen?
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, also ja.Und könnte sie dann theoretisch wieder vor dem Verfassungsgericht landen?
Theoretisch ja. Praktisch wäre das wahrscheinlich so unwahrscheinlich wie ein Fünfer im Lotto, eben gerade weil das Gericht diese Frage schon einmal entschieden hat. Sie könnten ihre Verfassungsklage einfach mit der Begründung ablehnen, dass sie die Rechtsgrundlage in dieser Frage schon geklärt haben. Ob die unteren Gerichte sich daran halten, ist eine andere Frage.Das klingt irgendwie kafkaesk. Ist das nicht schlecht für den Ruf unseres Verfassungsgerichts, wenn niedere Instanzen es einfach ignorieren?
Doch, schon. Ich finde auch, dass das Verfassungsgericht viel mehr aus seinem Elfenbeinturm herauskommen sollte und darauf achten, was wirklich passiert. Aber sie hängen da einer überkommenen Vorstellung nach, laut der sie eben Grundsatzentscheidungen treffen. Dieser Fall ist allerdings wirklich etwas krass. Es kann also vielleicht schon sein, dass sie diese Klage annehmen würden und das Urteil kassieren, einfach weil dass Münchner Amtsgericht ihnen diesmal zu sehr auf der Nase rumgetanzt ist.