​Hinter dem Schweinefleisch-Vorschlag steht eine brutale Mast-Industrie
Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Animal Equality

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​Hinter dem Schweinefleisch-Vorschlag steht eine brutale Mast-Industrie

Ein Tierschützer erklärt, warum die Schweinefleischpflicht-Debatte gar nicht so lustig ist.

Es ist keine zwei Monate her, da machte die rechte Dänische Volkspartei gegen den sinkenden Schweinefleischkonsum in Schulen und Kitas Stimmung: Angeblich würden muslimische Einwanderer in der dänischen Stadt Randers dafür sorgen, dass öffentliche Kantinen immer häufiger kein Schweinefleisch mehr anbieten. Prompt verordnete der Stadtrat, in öffentlichen Einrichtungen müsse häufiger Schweinefleisch serviert werden. Niemand müsse Schweine essen, doch es gehe um die dänische Esskultur, so die rechtskonservative Partei.

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So sieht es jetzt auch die schleswig-holsteinische CDU. Sie möchte mit einem ähnlichen Antrag auf Landesebene dafür sorgen, dass Schweinefleisch auf den Tellern bleibt. Auch wenn das den Alltag in den Kantinen komplizierter macht. Neben den landwirtschaftlichen Subventionen soll nun auch noch die Abnahme der geschlachteten Tiere an Kitas und Schulkantinen öffentlich unterstützt werden. Wirklich Ernst genommen wird die CDU mit ihrem Vorschlag nicht.

Deutschlands Identität wird nun also auch in der Kantinenschlange verteidigt.— Hanning Voigts (@hanvoi)1. März 2016

97% der befragten Schweine sprachen sich gegen eine — Maori (@Maori)1. März 2016

Die — Erik Marquardt (@ErikMarquardt)1. März 2016

Es muss klar gestellt werden: Natürlich will die CDU niemanden dazu zwingen, Schweine zu essen—aber sie scheint unruhig zu werden, wenn das selbstverständliche Schweinefleisch in Frage gestellt wird. Denn der Hebel, der hier bedient werden soll, ist ein großer: Es geht um öffentliche Kantinen, Schulen und Kitas. Wo sonst kann mit einer Richtlinie über so viele Teller bestimmt werden? Wenn es schon keine Schweinefleischpflicht geben kann, dann zumindest ein Schweinefleischgebot. Die Politik muss also einschreiten, bevor noch weniger Tiere auf Schleswig-Holsteins Tellern landen.

Ähnlich wie in Dänemark gilt die Schweinemast auch in Schleswig-Holstein als sehr wichtig. Zwar sind die Zahlen der Schweinehalter in dem Bundesland rückläufig, doch die Zahl der neu genehmigten Mastplätze ist mit über 60.000 so hoch wie in fast keinem anderen Bundesland. Nur in Niedersachsen, Deutschlands Nummer Eins in Sachen Tierhaltung, sind mehr neue Anlagen geplant. Der Trend scheint also auch in Schleswig Holstein angekommen zu sein: Mehr Tiere in weniger Anlagen.

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Und auch den Tieren in der sogenannten bäuerlichen Landwirtschaft, die gerne als Alternativmodell zur Intensivtierhaltung gesehen wird, scheint es nicht allzu gut zu gehen.

Auf Munchies: Ein 360-Grad-Video aus dem Schlachthof

2014 veröffentlichte die Tierrechtsorganisation Animal Equality Videomaterial und Bilder aus mehreren Schweinemastbetrieben in Schleswig-Holstein. Gezielt wurden die Aufnahmen von Zulieferern der Edeka-Marke Gutfleisch veröffentlicht. Die Marke stand für Regionalität, Transparenz und für Tierschutz. In allen Betrieben wurden leidende Tiere gefunden. Viele der Schweine hatten unbehandelte, blutende Verletzungen. Viele Verbraucher kauften gezielt Gutfleisch, da es als Alternative zur Massentierhaltung gesehen wurde.

Das soll also die deutsche Esskultur sein, die gerettet werden muss? Laut CDU gehe es um eine „gesunde und ausgewogene Ernährung". Und das ist ohne Mettigel nicht möglich? Oder geht es der CDU um zutiefst konservative Weltbilder, die sie bedroht sieht: Tiere sind zum essen da und Muslime sind hier nur zu Gast.

Hendrik Haßel hat bei Animal Equality gearbeitet und ist jetzt freier Journalist. Ihr könnt ihm hier auf Twitter folgen: @Hendrik_Hassel