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Musik

Ein Interview mit CSS

CSS waren letztens beim Waves Festival in Wien. Bei so Bands wie CSS werde ich immer sehr nostalgisch und denke zurück an eine simplere Zeit. Eine Zeit in der Jungs wie Mädchen aussahen und jeder nach London ziehen wollte. Ich habe mit ihnen über ihre...

CSS waren letztens beim Waves Festival in Wien. Bei so Bands wie CSS werde ich immer sehr nostalgisch und denke zurück an eine simplere Zeit. Eine Zeit in der Jungs wie Mädchen aussahen und jeder nach London ziehen wollte. Eine Zeit in der Pete Doherty noch Musik gemacht hat und nicht Ramschladenbesitzer war. Es waren die Nullerjahre und jeder trug enge Hosen und hörte schwedische Bands. Für mich war ein Gespräch mit CSS (Lovefoxx war nicht dabei, weil sie lieber ins Museum wollte), wie ein Besuch vom Geist of Popculture Past, bei dem es ab und zu schwierig war, nicht "Humbug" zu rufen, aber mein kaltes, zynisches Herz am Ende doch etwas geschmolzen ist.

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VICE: CSS habe ich zum letzten Mal 2007 gesehen. Das war auch, wie heute, im Flex. Zu der Zeit war das ganze Indie Ding für mich und viele andere ziemlich riesig und Bailefunk und Nu Rave waren der neue heiße Scheiß. Was hat sich seitdem bei euch verändert?
Ana Rezende: Vieles. Also nicht wirklich in Bezug auf die Sachen, die du erwähnt hast, weil wir nie Teil einer Szene waren. Das war mehr eine Sache die uns, vor allem britische Magazine aufzwingen wollten. Die wollten einfach nur einen Haufen erfolgreicher Bands in einen Topf schmeißen. Wir sind zwar mit vielen Bands befreundet, aber wir hatten nie das Gefühl, dass es eine Art kreative Bewegung gab.
Den Bailefunk Connect gibt es ja eigentlich auch nur, weil wir mal mit Bonde do Rolê getourt haben. Für uns war das einfach nur eine Zeit in der eine Sache los war und jetzt ist eben was anderes los.
Carolina Parra: Wir haben nie versucht etwas zu konzeptualisieren. Das machen wir noch immer nicht.
A. R.: Wir sind, glaube ich, erwachsener geworden. Und das alles ist zu einer Profession geworden—ich sage da bewusst nicht "Job", weil es sich nicht wie ein Job anfühlt. Dafür macht es zu viel Spaß.

CSS scheint eine Band zu sein, die es nach knapp 10 Jahren irgendwie noch geschafft hat, nicht total unterzugehen. Wie meint ihr, habt ihr das geschafft?
A.R.: Für sowas gibt es zwar kein Rezept, aber wir versuchen die Dinge nicht zu überdenken und eben auch nicht zu konzeptualisieren. Deswegen sind unsere Alben ein wenig schizophren. Es gibt immer einen eingestreuten Reagge- oder Punktrack.
C.P.: Es geht mehr um die Freiheit, das zu tun, worauf man Lust hat.
A.R.: Es hilft auch, dass wir nicht wirklich Musiker sind und auf Englisch singen. Weil Englisch nicht unsere Muttersprache ist, haben unsere Texte nicht so eine überbordende Intensität. Macht das eure Musik ironischer, als die Musik einer Band, die all ihre Instrumente perfekt beherrscht und in der eigenen Muttersprache singt?
C.P.: Ja. Ich glaube, wenn man ganz genau weiß, was man da tut, dann limitiert das deine Freiheit zu Experementieren. Ich weiß ja nicht wie andere Bands arbeiten, aber bei uns sind Fehler Teil des Prozesses.
A.R.: Ich glaube nicht, dass es etwas mit der technischen Fertigkeit, Instrumente spielen zu können, zu tun hat. Wir beherrschen unsere Instrumente nämlich. Bei unseren Shows spielen wir ja teilweise mehrere Instrumente. Wir waren nur technisch gesehen nie Musiker. Wir waren nie auf einer Musikschule. Dave Sitek (TV On The Radio), der unser letztes Album produziert hat, ist auch kein gelernter Musiker. Viele Produzenten sind das nicht. Es geht eigentlich nur um das Feeling bei dem was man macht.
C.P.: Punk.

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Ihr seid jetzt seit einer Weile eine reine Mädchen Band. Gibt das CSS eine neue Dimension. Hat Girlband sein einen artistischen Mehrwert?
C.P.: Wir denken über sowas nicht nach.
A.R.: Es schränkt uns auf jeden Fall nicht ein. Wir haben nie wirklich darüber nachgedacht. Als CSS sich gründete, gab's auch keine Überlegungen zur Konstellation der Band. Es ist einfach so passiert. Genauso wie es einfach passiert ist, dass The Strokes nur aus Typen besteht. Es war nie kalkuliert. Obwohl ich ja einen haufen Girlbands liebe und mit Girlbands aufgewachsen bin. Ich finde es also toll, Teil einer Girlband zu sein. Keine Ahnung, ob uns Girlband sein etwas bringt, aber es schadet auf jeden Fall nicht.

Zur Zeit gibt es ja viele reine Mädchenbands die am aufkommen sind. Es scheint eine neue Girlpower Welle mit Zugpferden, wie dem Rookiemag aufgekommen zu sein. Ist das etwas, das ihr spürt?
A.R.: Wir haben nur ganz selten das Gefühl, dass uns wer anders behandelt, weil wir Mädchen sind. Wir werden respektiert. Ich glaube auch, dass man etwas mehr Aufmerksamkeit als reine Mädchenband bekommt.
Als wir angefangen haben, gab es kaum Girlbands. Eine Weile davor schon. Aber als wir angefangen haben nicht. Und jetzt kommt das alles wieder zurück. Ist das zyklisch?
A.R.: Ich glaube schon. Hoffentlich hört das mal auf und es gibt ständig viele Girlbands.

2005, als euer erstes Album rausgekommen ist, wart ihr eine der "it"-Bands. Welche Bedeutung hat "cool" für euch mittlerweile?
A.R.: Ich glaube, dass das Wort missbräuchlich verwendet wird. Alle suchen nach dem was cool ist, was cool zum anziehen, hören oder machen ist, während diejenigen, die wirklich cool sind, es gar nicht absichtlich sind. Sie versuchen es erst gar nicht. Deswegen konzeptualisieren wir nicht, weil wir sonst versuchen würden, etwas zu erreichen und dabei scheitern könnten. Coole Menschen versuchen einfach nicht cool zu sein. Versucht ihr cool zu sein?
C.P.: Nein.
A.R.: Ich will nicht damit sagen, dass ich mich cool finde, weil ich nicht versuche cool zu sein. Aber ich mag diese ganze Suche nach dem was cool ist nicht.
Ich lebe seit einem Jahr in New York und es ist total nervig. In Brooklyn versucht jeder angestrengt das nächste große Ding zu sein. Es sollten sich alle entspannen und sie selbst sein.

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FOTOS: EVA ZAR