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Diät

Kalorienzählgeräte sind der Teufel

GE hat ein Gerät entwickelt, das den Kaloriengehalt deines Abendessens analysiert. Gut für die Wissenschaft, aber wir befinden uns sowieso schon in einem furchtbaren Choas mit unserer Ernährung. Wir brauchen nicht noch etwas, das Essen in eine...

Wenn ich könnte, würde ich vor der dem Erfinder der Käsereibe auf die Knie fallen und ihm die Füße küssen. Und wenn es kein Grund für eine Zwangseinweisung wäre, würde ich in die französische Stadt Fresnoy-le-Grand pilgern—wo Le Creuset gegründet wurde—und private meditative Besinnungstage in einem Ein-Mann-Zelt im Freien einlegen, als Zeichen des Respekts.

Manchmal erfinden Leute aber auch echt dämliche Sachen, besonders wenn es um Küchengeräte und -utensilien geht. Diese Gitterschneider, mit denen du ein gekochtes Ei aufschneiden kannst? Bitte. Ein Gerät, das mit einem Klick ein perfektes Rechteck Butter auf deinen Toast wirft? Scheiß auf Messer! Mit Knoblauchschälern fange ich gar nicht erst an.

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Jetzt haben General Electric Global Research in Niskayuna, NY, ein Gerät entwickelt, das über Mikrowellen ermittelt, wie viele Kalorien dein Essen hat, indem es das Gewicht, den Wasser- und den Fettgehalt des Gerichts berechnet. Nach bisher 50 Tests liegen die Berechnungen in einem Spielraum von fünf bis zehn Prozent des tatsächlichen Kaloriengehalts.

Der Erfinder des Produktes, Matt Webster, kam die Idee, nachdem er seine Frau gefragt hatte, ob ihr ein Aktivitätsmonitor gefallen würde, der ihre Kalorienzufuhr zählt. Und da soll noch einer sagen, die Romantik wäre kalt und tot.

General Electrics Kalorienzählgerät. Foto via GE auf Youtube.

„Zu meiner Verwunderung antwortete sie: ,Zählt es automatisch die Kalorien, die ich esse?' Ich antwortete, das wäre verrückt und nicht möglich", gab Webster auf der Website von General Electric Global Research an. „Zu ihrem Geburtstag schenkte ich ihr trotzdem einen Aktivitätsmonitor (er gefällt ihr), aber es entstand eine Idee in meinem Kopf, als ich hinterfragte, ob das wirklich verrückt und unmöglich ist." Unmöglich? Ganz klar, nein. Deprimierend? Auf jeden Fall.

Wir sind fett und werden immer fetter. Weltweit hat sich die Adipositasrate seit 1980 fast verdoppelt. Die Zahlen sind erschreckend. Aber wenn es um Essen geht, gab es noch keine verwirrendere Zeit als die heutige. Fett war mal unser Feind, jetzt aber nicht mehr. (Wir geben zur Leistungssteigerung sogar Butter in unseren Kaffee). Zucker ist Lord Voldemort. Wir verehren Eiweiß wie eine Gottheit. Scheinbar hat sich Essen in zwei Lager geteilt—„sauberes" und „dreckiges"—und mir wird ganz schwindlig davon.

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Trotz der ganzen Paleo-Diät- und Clean Eating-Freaks, der Vegan Before 6-ers, der Saftfaster und Rohkostfanatiker, ist das Kalorienzählen eine der am längsten aufrecht erhaltenen Ernährungs-Binsenwahrheiten. Einer der Gründe, warum immer noch die Weight Watchers existieren.

Dieses punktbasierte System—das oft von übermotivierten 50-Jährigen in Trainingsanzügen in der Aula der örtlichen Schule gepredigt wird—funktioniert für manche auch. Es ist einfach, sich daran zu halten, weil du etwas auch essen darfst, wenn du das Verlangen danach hast. Vorausgesetzt, du machst es mit dem Abendessen wieder gut, indem du eine halbe Hühnerbrust und eine Handvoll Zuckerschoten isst. Genau genommen, ist also nichts verboten.

Die Regeln sind ausgelegt wie Bodenplatten und ein Weg, der von einem anderen geebnet worden ist, lässt sich natürlich leichter folgen als dem Vertrauen in die eigene Fähigkeit, die Ernährung unter Kontrolle zu halten.

Die Vorstellung, dass es ein Produkt für den Massenmarkt geben soll, das die Kalorien deines Abendessen berechnet, ist furchtbar traurig.

Frauen wird ständig gesagt, dass der einfachste Weg, ein gesundes Gewicht zu halten, sei, täglich nicht mehr als 2000 Kalorien zu sich zu nehmen. Das ist natürlich eine wackelige Logik. Öliger Fisch hat beispielsweise extrem viele Kalorien. Genauso verhält es sich mit Nüssen, Kokosnussöl, Avocado und Quinoa. Ein Teller Salat mit Quinoa, einer halben Avocado, ein bisschen geräucherter Makrele und Olivenöldressing, ein bisschen Feta und ein paar Nüsse kommt leicht auf mehr als 800 Kalorien. Die Produkte, die diese Kalorien beinhalten, werden dir aber gut tun.

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Ich muss unweigerlich daran denken, dass Erfindungen wie diese nur dazu dienen, das, was Susie Orbach in ihrem Buch Lob des Essens als „gestörtes Essverhalten" bezeichnet, noch weiter anzutreiben. Wir leben in einer Zeit, in der junge Mädchen in Privatschulen um gesundes Essen betteln und von Thigh Gaps (dem Abstand zwischen den Oberschenkeln) besessen sind, clevere erfolgreiche Frauen an Orthorexia Nervosa leiden und in der wir mit unseren natürlichen Rhythmus so wenig im Einklang sind, dass die Vorstellung, nach einer Mahlzeit richtig voll zu sein, schon fast abstoßend ist.

Das soll nicht heißen, dass Kalorienzähl-Apps wie MyFitnessPals für den ein oder anderen nicht hilfreich sein können. Viele Leute sind sich nicht sicher, was sie mit Essen anstellen sollen. Die Frauen einer bestimmten Generation (die meiner Mutter) stecken immer noch im Denken von Rosemary Conely mit dem Mantra Fett-ist-der-Teufel fest. Wenn es dann eine App, eine Armbanduhr oder ein Meeting gibt, das dir dabei helfen kann, auf dem richtigen Ernährungsweg zu bleiben, ist das natürlich fantastisch.

Aber die Vorstellung, dass es ein Produkt für den Massenmarkt geben soll, das den Kaloriengehalt deines Abendessen berechnet und vielleicht ein bisschen davon wegkratzt und in einen Container gibt, weil die Mahlzeit dein Kalorienlimit übersteigt, ist furchtbar traurig.

Besonders weil es so erfolgreich wäre. Du siehst die Slogans schon vor dir: Du denkst, dieses Sandwich hat nur 400 Kalorien? Denk noch mal drüber nach! Behalte dein Hinterteil mit unseren neuen, praktischen Kalorienzähler im Auge.

Wir befinden uns sowieso schon in einem furchtbaren Chaos mit unserer Ernährung. Wir brauchen nicht noch etwas, das Essen in eine mathematische Gleichung verwandelt.