Der Kreml zensiert sein eigenes Comicbuch

An Vladimir Putins Geburtstag letzten Sonntag platzierte die Super Putin!-Comiccrew eine eigenartige Statue des russischen Premierministers und wiederkehrenden Präsidenten vor dem früheren KGB-Gebäude im Zentrum Moskaus. Vorbeigehende Passanten waren ein wenig überrascht und viele fragten sich, warum der neue Zar Russlands Judo-Hosen trug.

Vielleicht stimmen die Gerüchte. Vielleicht stehen die Leute von Super Putin! wirklich auf der Gehaltsliste des Kreml und diese Aktion war ihre letzte Masche, den ganz realen Putin als einen Sensei-Cum-Superhelden ihrer Comics darzustellen. Oder aber es handelt sich bei ihnen nur um eine Gang verspielter Dissidenten, die sich einen Scherz erlaubt haben.

Das hier ist Sergey Kalenik, dieser Typ hat Super Putin! geschaffen. Wir haben einen unserer russischen Korrespondenten zu Sergeys Wohnung in Moskaus Innenstadt geschickt, um herauszufinden, was da vor sich geht. VICE: Du wirst doch nicht vom Kreml dafür bezahlt, um Putin bei den Jugendlichen beliebt zu machen, oder? Sergey Kalenik: Nein. Im Gegenteil, wir wollen die Leute zum Nachdenken anregen: „Wer ist Putin wirklich?“ Du könntest unsere Arbeit als eine Art unschuldige Politsatire bezeichnen. In unserem ersten Comicstreifen beispielsweise fährt Super-Putin Medvedev im Bus umher. Ihr legt großen Wert auf Symbolismus.

Außerdem stellen wir Putin nicht als ultimativen Problemlöser vor, eher als einen Problemverursacher.

OK … Warum porträtiert ihr Medvedev als Zwerg?

Na ja, als Medvedev Omsk besuchte, entschied man sich dafür, das Poster für eine örtliche Theatershow abzunehmen, auf dem „Herzlich willkommen, lustiger Zwerg“ stand. Sie hatten Angst, dass Medvedev ihnen das übel nehmen würde. Das fanden wir lustig, deshalb entwarfen wir ihn als Zwerg. Nebenbei bemerkt, laut letzter Volkszählung haben wir über 10.000 Zwerge in Russland. Wie kamt ihr auf die Idee für die Super Putin!-Comics?

In Russland kannst du über nichts anderes Witze reißen als über Putin. Er ist sehr medienpräsent und immer sehr beherrscht. Lässt du ihn verrückte, dumme Sachen machen, ist das immer sehr lustig. Außerdem inspiriert uns Superjail! [psychedelische, ultrabrutale Cartoonserie, die in einem Vulkangefängnis spielt].

Hat der Kreml zu dem Comic einen Kommentar abgegeben?

Offiziell nicht, aber es gibt Gerüchte, dass es zuerst negative Reaktionen in der Regierung auslöste, dann aber lasen Putin und Medvedev den Comic. Er gefiel ihnen und sie legten uns nahe, weiterzumachen. Von den russischen Medien werden wir dennoch blockiert und Rykov [ein Pro-Putin-Blogger] erzählte mir, dass wir auf einer sogenannten „Liste“ stehen. Also werdet ihr nicht irgendwie vom Kreml bezahlt, sondern prinzipiell zensiert?

Ja.

Mit dieser Sache im Hinterkopf: traut ihr euch, dem Regime gegenüber noch kritischer zu werden?

Du kennst die Regel aller Sitcoms, oder? Keine Pornografie, keine Drogen, keine Politik, keine Abartigkeiten und keine kritischen Witze vor der vierten Episode. Kannst du dir vorstellen, wie schwer es ist, sich selbst davon abzuhalten, Putin und Medvedev in inniger Umarmung und küssend auf der Spitze des Mausoleums zu zeichnen, und sich endlich outen? Ich kann es mir jetzt vorstellen. Danke für das Gespräch, Sergey. Ich bin froh, dass wir das geklärt haben.