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Direkte Demokratie

Ein Aargauer Dorf stimmte zweimal gegen Hochwasserschutz und wurde jetzt überschwemmt

Der Kanton sagte vor den Abstimmungen ziemlich genau voraus, welche Stellen im Dorf überschwemmt werden.
Foto von Christoph Suter auf Facebook

Anfang Woche überrollte ein schweres Gewitter die Schweiz und hinterliess besonders im Kanton Aargau durch Überschwemmungen Schäden in dreistelliger Millionenhöhe. Abgesehen von zwei Leuten, die im Schlamm ausrutschten und deswegen ins Spital mussten, gab es schweizweit glücklicherweise keine Toten oder Verletzten.

Ein besonders bitterer Tag muss es für die Einwohner der Gemeinde Uerkheim gewesen sein. Bereits vor fünf Jahren wurde der Ort überschwemmt, diese Woche traf es sie erneut. Weil der Kanton von der Gefahr in dem Aargauer Örtchen wusste (es gibt Gefahrenkarten, bei denen du nachschauen kannst, ob deine Region gefährdet ist), sollte das Dorf einen besseren Hochwasserschutz erhalten.

Doch die sparsamen Uerkheimer hatten etwas dagegen und ergriffen sowohl 2013 wie auch 2015 das Referendum gegen das Projekt – und das obwohl Bund und Kanton ganze 74 Prozent der Kosten übernommen hätten. "Zuerst braucht es eine Gegenüberstellung der Investitionen und der verursachten Schäden", sagte der sparsame Bürger und Initiant des Referendums, Peter Leuenberger, gegenüber der Aargauer Zeitung. Dabei haben Versicherungsexperten ausgerechnet, dass ein Franken Investition einen Schaden von fünf Franken verhindern kann. Ob Leuenberger damals wusste, was für einen Deal er und seine Mitbürger da ausgeschlagen haben?

Finde die Gemeinsamkeit: Links die Gefahrenkarte des Kantons, rechts ein Luftbild von Uerkheim während der Überschwemmung | Collage von VICE Media; Karte vom Kanton Aargau; Bild von Christoph Suter auf Facebook

Ein Luftbild von den Überschwemmungen zeigt, dass die Leute vom Kanton schon sehr richtig lagen mit ihren Gefahrenprognosen. Die Ränder des überschwemmten Gebietes entsprechen verblüffend genau denen auf der Gefahrenkarte. Auch der Gemeindevorsteher von Uerkheim, Markus Gabriel, warnte 2015 nach dem Nein seiner Bürger schon: "Nach dem Hochwasser ist vor dem Hochwasser." Wahrscheinlich gibt es andere Vorhersagen, bei denen er lieber Recht behalten hätte. Ob der sparsame Bürger Leuenberger wohl noch einmal gegen Hochwasserschutzmassnahmen das Referendum ergreifen wird? Für eine Stellungnahme war er leider nicht zu erreichen. Sicher ist aber, dass dank Uerkheim jeder dabei zusehen kann, wie direkte Demokratie schief gehen kann.

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