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KHARTOUM VON أ BIS ي (TEIL III)

Der dritte Teil des sudanesischen Alphabets

Nachdem wir uns Weihnachtsgans und Weihnachtssingsang zu Gemüte geführt haben, geht’s heute mit dem dritten Teil Khartoum von A-Z weiter.

SCHA STEHT FÜR SIT AL SHAI

An jedem Eck der Stadt findet man “Teefrauen” die auf einem niedrigen Hocker sitzen und vor sich ausgebreitet, alles liegen haben, was sie zum betreiben eines Straßencafe brauchen. Die meisten von ihnen sind Witwen, die mit ihren Kindern vor dem Ärger in Darfur, in die Hauptstadt geflohen sind. Sie sind zwar meist Analphabeten und haben nie wirklich Rechnen gelernt, trotzdem werden sie euch fünf mal durchschaut haben, wenn ihr versucht sie, um ihre fünfzig sudanesischen Pfund für ein Glas Mangosaft zu bescheißen. Manchmal beschlagnahmt die Polizei ihr ganzes Zeug, weil sie ohne Genehmigung arbeiten, die verdammten Bullen machen das meistens, aber erst nachdem sie mal gemütlich einen Kaffee bei ihr getrunken haben. Man munkelt auch, dass man bei der richtigen Teefrau mit dem richtigen Handzeichen oder Passwort

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Selbstgebrannten eingeschenkt bekommt. Macht das aber ja nicht, wenn ihr euch nicht ganz sicher seid, denn dann könnte das kleinste eurer Probleme eine Handvoll Sand im Tee sein.

SAD STEHT FÜR SAHARA HOTEL

Früher war das Sahara Hotel der schickste Hotspot überhaupt. Mittlerweile treiben sich da nur noch Kakerlaken und Handelsreisende aus anderen Teilen des Sudan rum. Das ist irgendwie auch ein Gesetz Khartoums, alles was schön ist und glänzt bleibt nur zwei drei Jahre so toll, ab dann wird’s immer schlimmer, bis dann irgendwann die Klimaanlage ausfällt und nie repariert wird.
“Wenn das Geschäft gut läuft, warum sollte man dann noch Arbeit reinstecken? Humbug!” - eine uralte khartoumer Weisheit, die an jede Adbachana Wand gekritzelt wird.

ZAD STEHT FÜR ZABICH (SCHÄCHTEN)

Es gibt kaum etwas, dass die Sudanesen mehr lieben, als das Schächten an einem Freitag Mittag. Nach dem Freitagsgebet in der Moschee schnappt sich der Hausherr die Kiddies und fährt mit ihnen zum Soug, in die Gasse mit den Ziegen. Dort suchen sich die Kinder das Abendessen aus, während der Papa, am Eck der Gasse gleichzeitig einen Schächter aussucht. Die Ziege wird im Kofferraum und der Schächter im Beifahrersitz verfrachtet und es geht schon wieder heimwärts. Dort packt der Schächter seine Messer aus und schlitzt der geduldig wartenden Ziege die Kehle auf. Während die Kinder extrem aufgeregt der Ziege beim ausbluten zusehen, bereitet der Schächter einen Strick vor mit dem er die frischausgeblutete Ziege an einem Türbalken aufhängt. Dann schneidet er in eines der Beinchen ein Loch und pustet ganz kräftig, damit sich die Haut vom Fleisch löst. Für ein paar Sekunden sieht die Ziege wie ein haariger Ballon aus. Danach wird die Haut abgezogen und irgendwann kommt noch ein Schnitt, bei dem der ganze Magen mit einem Mal rausfällt und eine zeitlang nur so rumhängt. So werden nach und nach alle brauchbaren Teile der Ziege geerntet und Mama kann damit anfangen das große Mahl vorzubereiten.
Manche Familien machen den Fehler und glauben, es wäre schlauer, eine ganz junge Ziegen billig zu kaufen, sie im Garten groß zuziehen und so jede Menge Geld zu sparen. Aber wenn in der Nachbarschaft auch nur ein Kind wohnt und es geht hier um Afrika, also ist da definitiv mindestens ein Kind, dann ist das Geschrei wenn’s darum geht das Tier zu töten, all das gesparte Geld niemals wert.

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TA STEHT FÜR TURUMBA (PUMPE)

An dieser Stelle hätte auch TA für TAHUR AL BANAT, Frauenbeschneidung stehen können, aber wie unpackbar scheiße das ganze ist, kann euch Wikipedia viel besser erklären.
Also Turumba. So wie der Strom in Khartoum ziemlich unzuverlässig und die Spannung mal stark, mal schwach und oft genug einfach gar nicht in der Steckdose ist, ist auch die Wasserversorgung der Hauptstadt ein ziemlicher Witz. Wenn man nur mal kurz seine Hände waschen will, dann muss man zu einem Schalter rennen, der eine Pumpe anmacht, die den Wasserdruck im ganzen Haus reguliert. Oder man sucht sich einen Wasserhahn, der so niedrig angebracht ist, dass da auch ohne Pumpe, aber nur wenn die Nachbarn gerade kein Wasser verwenden, was rausfließt. Wegen diesem einen Schalter, der die Macht besitzt ein gesamtes Haus mit Wasser zu versorgen oder eben nicht, hört man oft genug in Khartoumer Häusern jemand “Turumba!” schreien, weil irgendwer die Pumpe ausgemacht, dabei aber vergessen hat, dass Onkel Ali noch duscht.

AIN STEHT FÜR ARAGI (DATTELSCHNAPS)

Kennt ihr die Simpsonsfolge bei der Homer der Bierbaron wird. Genauso läuft das in manchen Khartoumer Häusern auch. Die sudanesischen Cletus und Nucky Thompson sind aber in den meisten Fällen Frauen. Fast alle der Insassinnen des Khartoumer Frauengefängnis’ sitzen wegen Brennen ein.
Deshalb sollte man als Tourist nie ein Glaserl Schnaps verschmähen, irgendwer hat seine Freiheit auf’s Spiel gesetzt, nur damit du möglicherweise blind wirst. Wenn man das Stamperl gesund überstanden hat, heißt das nicht, dass man aus dem Schneider ist. Jeder der betrunken oder mit einer Fahne erwischt wird, wird auf offener Straße ausgepeitscht.