NOEMPanzer LPThis Charming ManVielleicht die freundlichste unfreundliche Band, die wir gerade hier im Land haben. Dank einer vorangegangenen EP-Veröffentlichung konnten wir deren miese Gesinnung schon etwas einwirken lassen, nun aber rollt der Panzer. Und zwar genau von der AmRep-Schule ausgehend in Richtung Jesus-Lizard-Terrarium, sämtliche Ampeln, Stoppschilder und hin und wieder auch winkende Passanten unter sich begrabend. Draußen ist alles verloren, drinnen schon lange, so die Quintessenz. Also stehen sie da, grinsend, lärmend, sich warme Wichse aus den Schwänzen drückend. Klar. Wer sollte sie auch daran hindern?THERE’S A LIGHT THAT NEVER GOES ONI HAD PLANSThe Perception of Beauty … LPUnterm DurchschnittIch merke gerade, die Aufnahmebereitschaft gegenüber Bands, die aus mindestens 20 verschiedenen Richtungen gegen klassische Songstrukturen schießen, so als seien sie die Verlängerung der abzulehnenden Ordnung, kommt einem dann doch mit dem Alter etwas albern vor. Die hier (natürlich gefühlsrauschend) agierenden Gitarristen scheinen nie denselben Song zu spielen. Sollte da eine interne Setlist-Verwechslung vorliegen, ist das bedauerlich für alle Beteiligten. Bei vorsätzlichem Konzept hingegen verwischt die Wirkung zwischen Verwirrung und Kopfschmerz.AT THE JIVE-INHERO DISHONESTDangerous LPSabotageZwischen Neo-Dada, Zoophilie und fünf Wodka zu viel schwankendes Coverartwork, leichtfüßige Kritik am Kommunikationszeitalter („Spam Me Up, Scotty“) und sicher versenkte Referenzen („Birth, Sports Illustrated, Death“) fahren hier die halbe Miete ein. Die übrigen drei Punkte verdanken die Urheber dieses finnischen Gebräus aus Thrash, Punk, Schweinerock und Midtempo-Auszeiten der medialen Omnipotenz ihres Labels. Platte, CD und MP-Download bekommt man ja echt nicht alle Tage auf einmal serviert.BILL GATES NOCHDAS FIEBERs/t LPDas FieberWird grauenhafte Musik veröffentlicht, dann beruft sich der Urheber gern entweder auf Krankheit oder Avantgarde. Fieber, die klingen wie eine ADHS-Kindergartengruppe bei der Musiktherapie, sichern sich vorsichtshalber gleich nach beiden Seiten ab. So als wollten sie entwaffnend die Hände heben und sagen: Jetzt schau doch nicht so entsetzt, du wusstest doch, worauf du dich einlässt!RON JEREMYTHE AUSTRASIAN GOAT/HALLOWED BUTCHERYSplit 10"VendettaGründe, sich diese Platte anzuschaffen: Die nachapokalyptische Meditation über den immergleichen weinenden Akkord, den Austrasian Goat auf A2 bis ans Ende des Universums schallen lässt. Der Moment, in dem Hallowed Butchery auf B1 nach ausgiebig tieftönendem Eiergeschaukel sein Riffing plötzlich zärtlich gen Harvest beten lässt, ohne Neil Young diesmal wirklich zu covern. Gründe sind das allemal genug, doch sollten die Worte des Verlegers („Brauchste nich besprechen, die vakoof ik och so.“) ein gewisses Beschaffungstempo anmahnen.BUTCH KENNSTEDIETEHO TEARDO/JG THIRLWELLSantarcangelo 7"Specula RecordsTeardo aus dem Meathead-Umfeld auf der einen, Foetus auf der anderen Seite, die ihre Maschinen hier wie Echolote in eine Höhle bei Santarcangelo (Italien) richten. Bei einer so kontextgebundenen Veranstaltung ist es natürlich schwer, die Tonträgerdokumentation mit einer vergleichbaren Erkenntnistiefe auszustatten. Du wirst jetzt vielleicht sagen: „Höhle, mein Zwölfquadratmeterloch—wo ist da der Unterschied?“ Nun, probier es aus. Am Ende wird es wohl darauf hinauslaufen, dass man dabei gewesen sein muss.TOM SAWYERBUM KHUN CHA YOUTH/QUASI ZOMBIECliquenedition #1 7"self releasedWenn jemand in diesem Land den Indie-Knigge auswendig aufsagen kann, dann Linus Volkmann. Ganz wichtig: Saloppes Desinteresse ausstrahlen. Volkmann schreibt beim Versand dieser Promo-7“„Das mit den Singles“ in die Adresszeile. Nicht minder wesentlich: Brisanz im Beiläufigen entwickeln und musikalischen Anspruch mit Macherschwung ausbremsen. Eine vorbildliche Demonstration auf A1. Auf der B-Seite echot es aus dem Dunstkreis. Natürlich alles DIY. Selten waren Bewahrmentalität und Wertkonservatismus so beweglich in den Hüften.FRED ASTERIXTERRIBLE FEELINGSImpending Doom 7"Sabotage/Lack of SleepKeine Umwege machender, in seinem Temperament bis zum Surfgitarreneinsatz gehender Pop-Punk, wie er derzeit tatsächlich nur aus Schweden kommen kann. Das wirklich besondere hierbei: Die Texte von Sängerin Manuela hallen so poetisch durch die Abgründe der Existenz, dass die Nachbarn in Norwegen blass genug vor Neid sein dürften, um direkt die Corpsepaint wegzulassen. Du siehst also, egal wie gut oder beschissen es dir geht, dieser affektive Allrounder ist immer die passende Begleitung.C.G. JUNGCHEN
Anzeige
Anzeige
Anzeige