Kreuze, Kronen, Leckerschmecker: Eine Tiefenanalyse von Markus Söders Instagram
Fotos: Markus Söders Instagram-Account

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Bayernwahl

Kreuze, Kronen, Leckerschmecker: Eine Tiefenanalyse von Markus Söders Instagram

Was Söder online über sich selbst verrät, verheißt nichts Gutes für Bayern.

Oft bringt ein Fortschritt auch Nachteile mit sich. Instagram zum Beispiel: Auf der einen Seite kannst du damit unkompliziert alle deine Freunde daran erinnern, dass du immer noch die geilsten Städtereisen machst. Auf der anderen kann es passieren, dass da plötzlich der barfüßige bayerische Ministerpräsident in leicht lasziver Pose auf einem Steg vor dir sitzt und dir mit einem diabolischen Grinsen "Schöne Ferien!" wünscht. Was würde Franz Josef Strauß dazu sagen?

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Das kann Markus Söder gerade ziemlich egal sein, denn Strauß ist tot, und wenn Söder sich nicht richtig reinhängt, ist er vielleicht auch bald erledigt. Zwei Monate vor der bayerischen Landtagswahl sind die Umfragewerte der CSU im Keller (zwischen 38 und 40 Prozent, so schlecht hatten sie es schon seit 1954 nicht mehr), Söder selbst wurde gerade zum unbeliebtesten Ministerpräsidenten in ganz Deutschland gekürt, 64 Prozent der Bayern sind unzufrieden mit seiner Arbeit.

Gerade kann Söder also jeden Like brauchen, und deshalb brettert er nicht nur seit Wochen kreuz und quer durch den Freistaat, sondern dokumentiert seine Termine auch auf Instagram. Das macht er aber nicht erst seit gestern: Seit seinem ersten Post im Februar 2015 (Söder auf einer Kutsche, einziger Hashtag: #soeder) hat der Nürnberger 2.010 Bilder in die Welt gefeuert. Beeindruckend ist die Konsistenz, mit der diese Bilder seit über drei Jahren denselben Mustern folgen. Auch wenn wir uns in dieser Analyse vor allem auf die neueren Posts konzentrieren werden, sind diese Trends in seinem Œuvre schon seit dem Anfang dabei:

Markus Söder findet sich selbst sehr schön

Alle Lokal-Politikerinnen und -Politiker, die irgendwie "die Leute erreichen" wollen, machen mittlerweile auch Instagram. Aber den meisten merkt man an, dass es ihnen nicht wirklich großen Spaß macht, ständig die eigene Visage ins Bild zu halten.

Nicht so bei Markus Söder. Klar, auch in seinem Account wimmelt es von professionell erstellten Fotos von irgendwelchen Terminen. Aber Söder macht auch sehr gerne einfach mal Selfies: mit Hut beim Kaffetrinken, auf der Zugspitze, mit einem Stormtrooper, vor der Achterbahn, während er auf seine Kinder wartet. Den Söder, das merkt man schnell, muss kein gequälter PR-Berater lange bequatschen, dass er sich mal ein bisschen mehr zeigen soll. Der lässt sich sogar dabei filmen, wie er im Schwimmanzug in irgendeinem Nürnberger See im Kreis schwimmt.

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Kruzifixe sind ihm immer noch sehr, sehr wichtig

Vielleicht liegt es daran, dass er sich als Protestant im mehrheitlich katholischen Bayern doppelt so heftig beweisen muss – Söder scheint jedenfalls immer noch fest entschlossen, sich als der christlichste Christ von allen zu zeigen. Dass der eigene Lebenswandel nicht so richtig zu diesem Image passt, ist da auch kein Problem: Man kann das ja kompensieren, indem man richtig viele Kreuze auf Instagram ballert. Der Spott und die Kritik, die über ihn hereinbrachen, als er eine Kreuzpflicht in allen Amtsgebäuden des Freistaats einführte, hat Söder offenbar nur entschlossener gemacht: In vier der neun neuesten Bilder auf seinem Account sind Kreuze zu sehen.

Das passt gut zum Ministerpräsidenten einer Partei, deren Politiker auf Kritik aus der Kirche reagieren, indem sie behaupten, die CSU sei eigentlich viel christlicher als die Kirche selbst.

Für Likes beutet Markus Söder gnadenlos die eigene Jugend aus

Vielleicht hat ihm irgendein Social-Media-Fuzzi mal erklärt, dass das einfach total entwaffnend und sympathisch rüberkommt, wenn man Kinderfotos von sich selbst postet. Vielleicht findet Söder sich in den Fotos aus seinen Tagen als Jungjournalist oder Jungpolitiker auch einfach nur selber richtig heiß. Vielleicht liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen, Fakt ist jedenfalls: Söder ballert richtig gerne alte Fotos von sich in den Feed.

Er macht das sogar so oft, dass ihm offensichtlich die alten Fotos ausgegangen sind, denn dieselben Bilder tauchen über die Jahre immer wieder auf – manchmal sogar direkt am nächsten Tag. Vor allem die weiblichen Fans nehmen ihm das aber keineswegs übel: "Fesch war er als junger Mann!", kommentieren die solche Fotos, oder auch mal deutlicher: "viel zu viel Erotik an diesem noch jungen Tag ☺😏🤤".

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Was Markus Söder mit Kollegah gemeinsam hat

Vor allem seit er MP ist, gibt sein Feed immer öfter eine ziemlich unheimliche Seite an Söder preis: Ähnlich wie der Rapper Kollegah scheint Söder einen klaren Hang zu Diktatoren-Ästhetik zu entwickeln.

Bei einem Entertainer kann uns das egal sein, bei einem Politiker sollte uns das Angst machen. Dazu kommt dann noch Söders ganz offensichtlicher Fimmel für den Chiemsee, dem Lieblingssee von König Ludwig II.

Söder lässt sich hier am liebsten im königsblauen Sakko fotografieren. Und plötzlich gewinnt auch sein allererster Post eine ganz neue Bedeutung. Man beachte Inszenierung und Hashtag:

Sind das Zufälle, oder sorgfältig gesetzte Signale? Was will er uns damit sagen? Will Söder König von Bayern werden? Die Demokratie einfach abschaffen, das Land gar aus der Bundesrepublik herauslösen und an der Isar herrschen wie ein Nürnberger Nero? Falls es soweit kommt: Ihr habt es hier zuerst gelesen.

Wie auch immer: Er ist jetzt schon der König des #shittyfoodporn

Ein absolut faszinierendes Merkmal, das sich auch ganz klar von Anfang an durch Söders Instagram zieht: Der Mann kann kein Foto von Essen machen, ohne dass es am Ende widerlich aussieht. Da hilft es auch nicht, die schlecht beleuchteten Fotos mit enthusiastischen Hashtags wie #leckerschmecker zu versehen. Glaubt ihr nicht? Schaut es euch an:

Ew.

Wow.

Warum, Markus?

Hallelujah.

Bonus: Was steckt hinter Markus Söders mysteriöser Verbindung in den Iran?

Ein anderes, scheinbar unbedeutendes Detail, das man sich aber wahrscheinlich sehr genau ansehen sollte: Söder hat einen Superfan aus dem Iran. Der undurchsichtige Account mit dem Namen "hade1793" fällt vor allem dadurch auf, dass er praktisch jeden einzelnen Post Söders mit den immer gleichen Worten kommentiert: "Very Very Good Very Very NICE".

Bis jetzt gibt es nur zwei Ausnahmen: einmal bei Söders widerlichem Eintopf-Foto. Dort fragt der Account auf Farsi ganz direkt: "Iranischer Gänseblümchen-Stein?" Das ist zumindest die Übersetzung, die Google Translate für den Kommentar ausgespuckt hat. Und das Zweite ist ein Bild, wo Söder eine Modell-Rakete hochhält. Darunter kommentiert der mysteriöse Iraner: "Es war einmal, Sie werden auch die Raketenindustrie erreichen."

Auf seinem eigenen Account postet "hade1793" vor allem Bilder von korpulenten Iranern, die sich die Hände schütteln, und mit grellen Farsi-Buchstaben beschriftete Fotos des iranischen Präsidenten Hassan Rohani. Was das genau zu bedeuten hat, wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Die naheliegendste Erklärung ist natürlich, dass Söder in dunkle Machenschaften mit einer fanatischen Fraktion der iranischen Revolutionsgarden verwickelt ist, die den Nahen Osten endgültig ins Chaos stürzen und den Iran-Contra-Skandal wie einen Dummejungenstreich aussehen lassen werden. An unbegründeten Spekulationen werden wir uns trotzdem nicht beteiligen. Pfiatseich!

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